Wohnen: In Gemeinschaft oder allein?

Von Norbert Heimbeck
Nicklas Pfeiffer und Yannik Meyer-Siebert leben in einer WG in Bayreuth. Foto: Andreas Harbach Foto: red

Mehr als 13.000 Studenten in Bayreuth stellen sich die Frage: In einer WG wohnen oder lieber in ein Single-Appartement ziehen? Im Landkreis wohnen und täglich zur Uni pendeln oder in der Stadt höhere Preise in Kauf nehmen. Das Internetportal Immowelt AG hat eine Antwort: In 61 von 65 untersuchten Universitätsstädten wohnen Studenten in der WG billiger. Für Bayreuth hat das Unternehmen gar einen Unterschied von 32 Prozent zwischen den beiden Wohnformen ausgemacht. Einheimische Makler sehen allerdings keinen so deutlichen Unterschied.

 
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Im Mietpreis-Check der Immowelt AG kommt das WG-Wohnen deutlich günstiger weg als das Singleleben. Für Bayreuth ermittelt das Unternehmen, das sich selbst als eines "der führenden Internetportale" bezeichnet, eine Kaltmiete von 10,80 Euro pro Quadratmeter für Ein-Zimmer-Appartements beziehungsweise 7,30 Euro in der WG-Wohnung. In Bamberg betragen die Werte 10,60 Euro (Single) und 8 Euro (WG), was eine Ersparnis von 25 Prozent darstellt. In Erlangen errechnen die Internet-Mietfüchse gar eine Ersparnis von 35 Prozent in der WG gegenüber der Singlewohnung. Bundesweit liegen Bayreuths Spar-WGs demzufolge hinter Siegen und Erlangen.

 

 

Neun bis zehn Euro pro Quadratmeter im Neubau

Bayreuther Makler bestätigen diese hohen Unterschiede nicht. Jutta Grabowski von Hofmann-Immobilien, die im Storchennest und in St. Georgen etwa 200 studentische Mietverträge verwaltet, sagt: "WG-Zimmer und Single-Wohnungen kosten in etwa den gleichen Preis. Aber in der WG setzen wir die Nebenkosten höher an, wegen des höheren Verbrauchs. Insgesamt ist der Preisunterschied nicht so gravierend." Sie geht von etwa 320 bis 350 Euro für ein privat vermietetes Appartement aus. Jörg Brendel von Winkler & Brendel Immobilien spricht von einem Quadratmeterpreis "von neun bis zehn Euro im Neubau." Grundsätzlich, sagt er, könne ein Vermieter höhere Preise erzielen, wenn er große Wohnungen an Wohngemeinschaften vermietet statt an eine Familie.

Die Datenbasis

Wie kommt nun die Immowelt zu ihren großen Differenzen bei den Mietpreisen? Das Unternehmen hat die Mieten in Universitätsstädten mit jeweils mehr als 10000 Studenten untersucht, teilt Pressesprecherin Barbara Schmid mit: "Verglichen wurden die Mieten von 213000 Singlewohnungen mit bis zu 40 Quadratmetern Wohnfläche und 36900 WG-tauglichen Wohnungen mit einer Fläche von 80 bis 120 Quadratmetern. Die Preise geben den Mittelwert der Kaltmieten bei neu zu vermietenden Wohnungen wieder, die zwischen März und August auf Immowelt.de angeboten wurden."

Die Daten der Stadtverwaltung

Die Stadt Bayreuth gibt jährlich einen Immobilienmarktbericht heraus, der folgende Preise nennt: Für Wohnungen mit durchschnittlich 38 Quadratmetern wurden im vergangenen Jahr 8,41 Euro (ohne Nebenkosten) bezahlt, im Neubau waren es 9,74 Euro. In WG-tauglichen Wohnungen mit etwa 130 Quadratmetern betrug die Kaltmiete 7,07 Euro, in Neubauten lag sie 2015 mit 9,94 Euro deutlich höher. Das zeigt: In Neubauten sind WG-Zimmer nicht günstiger als Einzelwohnungen.

Größere Wohnungen fehlen

Heute, knapp zwei Wochen vor Beginn des neuen Semesters, ist das Geschäft mit den Neuvermietungen praktisch gelaufen, sagt Jutta Grabowski: "Jetzt kommen nur noch Nachzügler, die sich erst spät für ein Studium in Bayreuth entschlossen haben." Auf dem studentischen Wohnungsmarkt gebe es keine Not, was auch daran liegt, dass in jüngster Vergangenheit mehrere Wohnheime neu errichtet wurden. Allerdings sei das Angebot an größeren Wohnungen mit drei oder mehr Zimmern, die auch für Familien geeignet sind, unzureichend. Im Wohnheim beginnen die günstigsten Mieten bei etwa 270 Euro, "dann haben Sie aber eine Gemeinschaftsküche". Nach den Erfahrungen der Maklerin investieren viele private Vermieter in ihre Wohnungen. Aber es gebe auch schwarze Schafe, die "Zimmer mit Möbeln der Oma als Top-Ausstattung anbieten." Andererseits entsprächen auch nicht alle verlockenden Angebote im Internet der Realität.

Das sagt der Mieterverein

Irina Buchta ist Vorsitzende des Mietervereins. Die Fachanwältin für Mietrecht sagt: "Wir führen keine Übersicht über die Mietpreise in Bayreuth. Aber wir können sagen, dass wir total unterschiedliche Mietstrukturen und Anbieter haben. Es gibt viele teure neue Apartments, aber auch in WGs wohnt man nicht automatisch billig." Bei Wohngemeinschaften stelle sie immer wieder fest, dass versucht werde, beim Wechsel von einzelnen Mietern Vertragsänderungen extra bezahlen zu lassen: "Da wird oft versucht, Studenten auszunutzen."

Der Immobilienmarktbericht der Stadt

Für Bayreuth gibt es keinen Mietspiegel, der einen verlässlichen Vergleich der ortsüblichen Vergleichsmieten bietet. Stattdessen erstellt der sogenannte Gutachterausschuss für Grundstückswerte jährlich einen Immobilienmarktbericht mit einer Mietenübersicht. Diese Übersicht diene lediglich "als Information beziehungsweise Richtwert für Mieten", heißt es in dem Bericht. Im Ausschuss unter Vorsitz von Baureferent Hans-Dieter Striedl sind Bauingenieure, Architekten, Juristen und Vertreter der Finanzverwaltung zu finden. Für den Marktbericht werden Anzeigen in der Tageszeitung und Internetangebote ausgewertet. "In der Regel werden jährlich über 1000 Anzeigen und zusätzlich die in Fragebögen angegebenen tatsächlich bezahlten Mieten ausgewertet," heißt es in dem Bericht. Diese Übersicht berücksichtigt wie der Immowelt-Vergleich nur Neuvermietungen. Der Bericht enthält außer den Daten zur Mietsituation auch Informationen über die Entwicklung der Kaufpreise. Er kann für 25 Euro im Rathaus erworben werden.

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