Die Rede ist von der Taufglocke der St. Johanniskirche in Wirbenz. Im Laufe der vielen Jahre bekam sie einen Riss im Glockenmantel. In einer halbstündigen Aktion ist sie gestern abmontiert worden, um zur Reparatur nach Nördlingen gebracht zu werden.

Die Taufglocke aus dem Jahr 1904 hat es geschafft, zweimal der Einschmelzung für Kriegsgerät zu entgehen. Sie ist so alt wie die jetzige Kirche. Auf der einen Seite steht der Name des Gießers „Joh. Gg. Pfeifer, Kaiserslautern“; auf der anderen Seite die Aufschrift „Taufglocke Lasset die Kindlein herkommen und verwehret es ihnen nicht, Nr. 1899“.

Die erste Glockenenteignung war im Ersten Weltkrieg. Das landeskirchliche Archiv der evangelisch-lutherischen Kirche in Bayern verweist in einem Schreiben darauf, dass mit der Beschlagnahme der Glocken in Wirbenz 1917/18 verfahren werde wie in anderen Gemeinden auch. Nur hatte die Kirchengemeinde Wirbenz Glück: „der Beharrlichkeit ihres Pfarrers, der deswegen ausgiebig mit dem Bezirksamt Kemnath korrespondierte, hatte sie es zu verdanken, dass das gesamte Dreiergeläut für den Abtransport einstweilen zurückgestellt wurde.

Tonkünstlerisches Gutachten

Gefruchtet hatte aber ein Gutachten der bayerischen Akademie der Tonkunst von Professor Kellermann vom 22. Oktober 1917, das dem Geläut einen „besonderen, unersetzlichen Klangwert, so zwar, dass er bei einem Neugusse nicht mit Sicherheit wieder erzieht werden kann“, bescheinigte. Darauf hin erklärte das Bezirksamt Kemnath mit Bescheid vom 8. November 1917 die drei Glocken für „von der Enteignung und Ablieferung vorläufig befreit“.

Unterm 10. September 1918 ordnete das Bezirksamt die Ablieferung der kleinen Glocke (die nun abgenommen wurde) bis zum 21 Oktober 1918 an. Wie Pfarrer Rochholz in einem Schreiben vom 5. November 1918 an das Bezirksamt reichlich spät ausführte, habe man die Abnahme der Glocke „mangels geeigneter Vorrichtungen und des nötigen Arbeitspersonals“ unterlassen.

Verzögerungstaktik

Ihm erschien es zweifelhaft, ob es von Vorteil wäre, wenn das Glockenmetall Kriegsmaterial werden würde, „das durch den bevorstehenden Waffenstillstand nur eine billige Beute unserer Feinde werden wird“. Seine Verzögerungstaktik so kurz vor dem Waffenstillstand am 11. November 1918 hatte den gewünschten Erfolg: Wirbenz behielt seine Glocken. Gegen das Regime im Zweiten Weltkrieg hatte die Gemeinde hingegen keine Chance und musste die beiden großen Glocken widerstandslos hergeben.

Mit einem großen Autokran ist die Glocke aus mehr als 30 Metern Höhe abgeseilt worden. Ebenso erhält die Glocke ein neues Joch aus Eichenholz. Voraussichtlich Anfang 2009 kommt sie renoviert zurück.