Wie Frauen mehr Geld verdienen können

Von Christina Holzinger
Auffordern, einen Korb kriegen oder auf die Füße treten - Claudia Kimich ist Meisterin des Verhandlungstangos. Foto: privat Foto: red

Claudia Kimich ist Profi in Sachen Gehaltsverhandlung. Am Mittwoch, 21. März, ist sie mit ihrem Vortrag „Verhandlungstango – Schritt für Schritt zu mehr Geld und Anerkennung“ zu Gast im Martin-Luther-Haus in Kulmbach. Im Interview verrät sie, worauf vor allem Frauen in puncto Geld achten müssen.

 
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Warum verdienen Männer mehr?

Claudia Kimich: Dass Männer mehr verdienen hängt damit zusammen, dass Frauen Kinder gebären und in Mutterschaftsurlaub gehen. Leider verhandeln wir Frauen verhandeln oft auch schlechter. Männer sehen die Gehaltsverhandlung als  sportliche Herausforderung. Frauen neigen hingegen eher dazu, ihre eigenen Fähigkeiten und Talente gering zu schätzen. Und verdienen deshalb auch weniger.

 

Geht Ihnen das auch so?

Kimich: Nein, ich habe noch nie weniger verdient als männliche Kollegen. Schon als Kind habe ich gerne verhandelt. Meine Mutter hat mich auf Basaren vorgeschickt, damit ich den besten Preis für sie herausschlage. Sie hat mir einen gewissen Geldbetrag mitgegeben, das Restgeld durfte ich behalten. Zwar ist nicht immer viel Geld übrig geblieben, ich habe oft aber zwei Kleidungsstücke zum Preis von einem bekommen. Und meine Mutter und ich konnten so im Partner-Look herumlaufen.

 

Dann ist Verhandlungsgeschick auch Erziehungssache?  

Kimich: Viele Frauen lernen in ihrer Kindheit nicht zu verhandeln. Als Jägertochter hat mir mein Vater aber vieles mit auf den Weg gegeben, was mir heute nutzt. So weiß ich: Wer vorne steht, der führt. Wer bei der Treibjagd in die falsche Richtung läuft, wird fälschlicherweise für eine Wildsau gehalten und erschossen. Deshalb braucht es immer jemanden, der den Ton angibt. Der härteste Satz, den ich von meinem Vater gelernt hab, war: "Wen du verletzt, musst du auch töten können." Wir Frauen lernen in unserer Kindheit, nett zu sein und bloß nicht aus der Masse herauszustechen, um keine Freunde zu verlieren. Jungs lernen, sich zu wehren und sich zu behaupten. Auch heute ist es ja noch so: Mädchen, die zu dominant auftreten, gelten schnell als verhaltensauffällig, während dieses Verhalten bei Jungs toleriert wird. Mädchen sollen ja lieber hübsch aussehen, sittsam und bescheiden sein. Und bloß nicht mit ihren Talenten angeben.

 

Wann sollte man als Arbeitnehmer denn verhandeln?

Kimich: Mit dem Verhandeln verhält es sich wie mit dem Kinderkriegen – es gibt nie den richtigen Zeitpunkt. Deshalb sollte man bei jeder sich bietenden Möglichkeit verhandeln. Grundsätzlich lässt sich aber sagen, dass sich Tage mit gutem Wetter besser für Verhandlungen eignen, weil die Menschen dann meist besser gelaunt sind. In großen Konzernen macht es mehr Sinn, alle zwei Jahre zu verhandeln, weil der direkte Vorgesetzte das ja wieder bei seinen Chefs durchdrücken muss. In kleineren Unternehmen sollte man immer dann verhandeln, wenn man einen direkten Nutzen für das Unternehmen gebracht hat. Sei es, weil man einen Kunden gewonnen oder eine Reklamation abgewendet hat.

 

Sollte man das davor üben oder einfach direkt zum Chef gehen und spontan mehr Geld verlangen?

Kimich: Das Verhandeln sollte man definitiv vorher üben. Man muss sich mindestens 50 Mal laut sagen, was man möchte, um es dem Chef souverän ins Gesicht sagen zu können. In einer Gehaltsverhandlung haben keine Worte wie "würde", "könnte" oder "sollte" zu suchen. Deshalb muss man sich vorher seine Wortwahl genau überlegen. Doch die Gehaltsverhandlung fängt eigentlich schon viel früher an – beim Selbstmarketing.

 

Selbstmarketing?

Kimich: Viele Frauen scheuen sich davor, von ihren Leistungen und Erfolgen zu reden - Männer erzählen in den Konferenzen von jedem Handgriff, den sie täglich tun. Dadurch ist ihre Leistung sichtbar. Wenn ich mich durch geschicktes Selbstmarketing sichtbar gemacht habe, sammele ich die Argumente für eine Gehaltserhöhung in einer Liste. Und bereite mich auf Killerphrasen vor.

 

Inwiefern Killerphrasen?

Kimich: Oft kommen Chefs mit Totschlagargumenten wie "Wir können Ihnen nicht noch mehr zahlen" oder "Sie wollen doch nicht aus dem Gehaltsgefüge ragen". Doch da muss man ganz klar sagen: Doch, weil meine Leistung ragt auch hervor und es mir egal ist, was die anderen verdienen. Frauen werden da oft defensiv, doch eine solche Phrase soll das Gespräch im Keim ersticken. Es geht dabei um eine Machtdemonstration. Der Chef will zeigen: Wir sprechen jetzt nicht über das Gehalt. Deshalb muss man auch so auftreten. Und notfalls mit ebensolchen Killerphrasen. Dabei geht es nicht nur um die Wortwahl, sondern auch die eigene Ausstrahlung und Körperhaltung. Männer nehmen meist den halben Tisch ein bei solchen Gesprächen, Frauen sitzen krampfhaft über ihr Blöckchen gebeugt da. Frauen sollten sichtbar auftreten, um ernst genommen zu werden.

 

Wir gehen mal davon aus, dass ich mich mit Selbstmarketing gut positioniert habe und vorbereitet bin. Wie beginne ich die Verhandlung?

Kimich: In vielen Firmen macht man davor mit dem Chef einen Termin aus. Ich würde nicht gleich sagen, dass es um eine Gehaltserhöhung geht, sondern um meine Leistung und Zukunft im Unternehmen. Ich sammle Argumente für und gegen die Gehaltserhöhung und setze mir ein konkretes Ziel. 48 Stunden vor der Verhandlung konzentriere ich mich auf die positiven Aspekte, denn wenn ich denke, dass ich mehr Geld bekomme, kann ich meinen Gegenüber auch eher überzeugen. Zu Beginn des Gespräches solle man dann nochmal wiederholen, welchen Nutzen das Unternehmen durch mich als Arbeitnehmer hat. Erst jetzt, wenn der Chef versteht, was er an seinem Mitarbeiter hat, geht es um das Thema Geld.

 

Und was ist, wenn mein Chef sich weigert, meine Leistung zu honorieren?

Kimich: Wenn der Chef dreimal Nein zu einer Gehaltserhöhung sagt, wird er nie zustimmen. Er sollte mir zumindest sagen können, was ich tun muss, um im nächsten Jahr mehr Geld zu bekommen. Wenn er das nicht kann, sollte man sich nicht überlegen, ob man den Arbeitgeber wechselt, sondern wohin. Da hilft es, sich als Vorbereitung auch in anderen Städten zu bewerben. Auch um zu wissen, wie viel man auf dem Markt wert ist. Den Tipp gebe ich übrigens auch immer meinen Klienten. Und jeder Dritte nimmt einen dieser Jobs an.


Info: Claudia Kimich ist mit ihrem Vortrag „Verhandlungstango – Schritt für Schritt zu mehr Geld und Anerkennung“ am Mittwoch, 21. März, ab 19 Uhr zu Gast im Martin-Luther Haus in Kulmbach. Das Kulmbacher Aktionsbündnis Equal Pay Day lädt alle interessierten Frauen ein.

 

 

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