Wie eine Studentin an den Falschen geriet und warum ihr anzügliche Nachrichten besonders weh taten Der Stalker aus dem Mobilfunkladen

Von Manfred Scherer
Ein Auszug aus den Nachrichten, die eine Bayreutherin von einem Mitarbeiter eines Mobilfunkladens bekam. Foto: Scherer Foto: red

Sie wollte einen Internetanschluss und bekam einen Stalker. Ein Vodafone-Mitarbeiter missbrauchte ihre Handynummer und drängt sich mit anzüglichen Nachrichten in ihr Leben. Warum die sexuelle Belästigung für eine junge Bayreuther Studentin besonders schlimm war.

 
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Der Fall der jungen Studentin, die in die Falle eines Stalkers tappte, begann im November 2017. Die junge Frau wollte sich in ihre Mietwohnung einen Internetanschluss legen lassen und schloss mit der Firma Vodafone einen Vertrag. Mitsamt Kontoabbuchungsberechtigung für die Kosten und mitsamt Angabe ihrer Handynummer.

Der Einbau des Internetanschlusses funktionierte aus technischen Gründen nicht. Die junge Frau reklamierte und bat um Stornierung. "An sich eine Allerweltssache", sagt Philipp Egger. Doch die "Allerweltssache" wurde für die Studentin zu einem wochenlangen Alptraum. Denn bei dem Mobilfunkanbieter geriet sie an den Falschen.

Statt ihr zu helfen, fragte er, ob sie "Bock" hat

Er nannte sich "Max Vodafoneladen". Philipp Egger nennt das, was der Mitarbeiter eines Mobilfunkladens in Bayreuth getan hat "eine Sauerei". Egger, der beruflich mit Computerprogrammen und Computersicherheit zu tun hat, wollte zunächst nur einer Bekannten mit einem scheinbar alltäglichen Problem helfen. Doch das Problem ging tiefer, so dass Egger sich an den Kurier wandte: "Als ich die Chats las, dachte ich, das gibt's doch nicht."

Unter der Kennung "Max Vodafoneladen" bekam die junge Studentin Nachrichten, die immer persönlicher wurden und letztlich in sexuellen Anspielungen gipfelten. "Ob sie "Bock" habe. Dass sie "schöne Fotos" von sich auf Instagram gepostet habe. Warum sie keinen Freund habe. Und am 13. Februar bekam die junge Frau einen Fragebogen, in dem sie auf 56 Fragen "ehrlich" antworten sollte.

Darunter Fragen, ob sie gerade "verliebt" oder "rasiert" sei, wie ihre "Körbchengröße" ist und ob sie "freizügige Bilder" habe, wann sie "das letzte Mal Sex" hatte, wie sie es mit "küssen" und "umarmen" hält, ob sie "Unterhose oder Tanga" trägt, ob sie sich selbst befriedigt und "Analsex" praktiziert. Frage 55 heißt "Chancen bei dir?" und die letzte Frage "Lieblingssexstellung?"

Erst nach längerem Zögern sagte die junge Frau einem Gespräch mit dem Kurier zu: "Am Anfang habe ich mich gewundert, dass er mir über Whatsapp schreibt. Er hat mir das Gefühl gegeben, dass er sich um meinen Fall kümmert. Ich war hin- und hergerissen, denn einerseits glaubte ich, er würde mir wie versprochen helfen, andererseits war mir diese persönliche Ansprache unangenehm."

Staatsanwalt: Das könnte strafbar sein

Doch das, was die junge Frau als "unangenehm" bezeichnet, ging tiefer. Ihr Bekannter Philipp Egger sagt: "Sie ist äußerst zurückhaltend." Im Gespräch mit dem Kurier sagte die junge Frau, dass sie Nachrichten des Stalkers mittlerweile blockiert habe. Trotz der sexuellen Belästigungen sei sie nicht zur Polizei gegangen und werde dies auch nicht tun.

Den Grund dafür nannte sie erst nach längerem Nachdenken und mit Tränen in den Augen: "Ich habe die ganze Prozedur mit den Behörden schon einmal mitgemacht. Das will ich nicht mehr." Vor mehreren Jahren war sie in ihrer Heimatstadt Opfer einer Sexualstraftat geworden.

Der Leitende Oberstaatsanwalt Herbert Potzel meint, dass die Chatinhalte von "Max Vodafone" strafbar sein könnten. Philipp Egger und die junge Studentin hatten in dem Onlineshop erfahren, dass "Max Vodafone" angeblich auch gegenüber anderen Kundinnen mit belästigenden Nachrichten aufgefallen sei. Keine hat sich bislang bei der Polizei gemeldet, laut Oberstaatsanwalt Potzel liegen zurzeit keine Anzeigen unter dem richtigen Namen von "Max Vodafone" vor.

Allerdings: Er wurde vor vier Wochen bei Vodafone rausgeschmissen, weil er eine andere Kundin in ähnlicher Weise belästigt habe, bestätigte Vodafone-Sprecherin Tanja Vogt auf Anfrage. Es gehe "gar nicht", dass ein Mitarbeiter Kundendaten in dieser Weise missbrauche. Vogt sagt auch, dass der jungen Studentin die entstandenen Kosten für den nicht gelegten Internetanschluss zurückgezahlt werden.


Info: Der Leitende Oberstaatsanwalt Herbert Potzel empfiehlt Opfern derartiger Fälle, solche Belästigungen in jedem Fall bei der Polizei anzuzeigen. Sowohl Polizei als auch Staatsanwaltschaft hätten speziell geschultes Personal, das Betroffene mit Fingerspitzengefühl befragen könne. Die allgemeine Telefonnummer der Polizei ist 0921/5060. Carmen Benker, die Beauftragte der Bayreuther Polizei für Kriminalitätsopfer, hat die Telefonnummer 0921/5061311.

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