Wenn Reh und Fuchs über die Straße rennen, kracht es oft - Vorausschau hilft Jäger streiten: Wie das Wild von den Straßen halten?

Von Martina Bay
85 Wildunfälle gab es im Januar im Landkreis Bayreuth. Foto: Archiv Foto: red

85 Mal hat es im Januar auf den Straßen der Region Unfälle mit Wildtieren gegeben. Vermeidbar, sagen die Jäger. Aber wie sie zu vermeiden sind, darüber streiten die Jäger. Die einen setzen auf die Vernunft der Autofahrer, die anderen wollen mehr Wild schießen.

 
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85 Unfälle, das ist die Normalität. „Der Schnitt liegt im Monat bei rund 80 Wildunfällen“, sagt Jürgen Schenkel von der Polizeiinspektion Bayreuth-Land, insgesamt gab es im vergangenen Jahr 991 Wildunfälle im Landkreis. „Im Januar passieren weniger Wildunfälle als in anderen Monaten“, sagt Torsten Rademacher, Vorsitzender der Hegegemeinschaft Bayreuth. Denn im Winter fahren die Tiere ihren Stoffwechsel herunter und bewegen sich weniger. Deswegen sind Reh und Wildschwein auch weniger nachts auf Touren.

Aber im Frühling steigen die Wildunfälle. So gab es im April des vergangenen Jahres 100 Unfälle zwischen Wild und Autofahrer. „Im Frühjahr geht die Paarungszeit los“, sagt Karl-Heinz Inzelsberger, Vorsitzender der Jägervereinigung Pegnitz. Dann seien Böcke und Geißen in ständiger Bewegung. In der Jägersprache heißt das „Wildwechsel“. Und der führt die Tiere über die Straßen der Region.

Nach dem Ökologischen Jagdverband gibt es zu viel Wild

„Die Wildunfälle steigen“, sagt Wolfgang Kornder. Er ist Vorsitzender des Ökologischen Jagdverbandes Bayern, der sich der nach eigenen Angaben der ökologischen Jagd verpflichtet fühlt. Die einfachste Lösung sei es, das „Schalenwild zu reduzieren“. Damit meint er, mehr Hirsche und Rehe zu schießen. Also mehr Tiere töten, damit es keine Unfälle gibt? Dadurch gebe es auch weniger Pflanzenschäden. Dass viele Jäger das nicht wollen, liege daran, dass sie mehr ihre Trophäen als den Naturschutz im Kopf hätten. „Je mehr Wild da ist, desto mehr Trophäenjäger gibt es.“

Die Trophäenjäger sind also die Mitglieder vom Bayerischen Jagdverband? „Das ist doch Quatsch“, sagt Andreas Ruepp, Leiter des Arbeitskreises Revier und Waldschutz vom Bayerischen Jagdverband in München. Die Zahl der Wildunfälle habe nichts mit der Wilddichte zu tun. Die Mobilität bei den Bürgern habe zugenommen. „Wir haben in unserem Haushalt mittlerweile drei Autos“, sagt Ruepp. Seine Formel: Mehr Autos, mehr Fahrer, mehr Wildunfälle.

Auch die Autofahrer tragen Verantwortung

Auch hält Ruepp wenig davon, Bäume und Sträucher direkt an der Straße zu pflanzen. „Man schafft zwar attraktive Flächen für die Tiere. Aber die Sträucher können doch auch 150 Meter entfernt von der Straße stehen“, sagt er. Ruepp nimmt die Verkehrsteilnehmer in die Pflicht und erinnert sie an ihre Verantwortung. „Die Autofahrer müssen aufmerksam fahren. Besonders in der Brunftzeit. Da schaltet sich beim Bock alles aus“, sagt Ruepp.

Auch Klaus Schmidt, Jagdsachbearbeiter bei den Bayerischen Staatsforsten Fichtelberg, wünscht sich mehr Mitdenken von den Verkehrsteilnehmern. Ihn regen besonders die Leute auf, denen ein Tier ins Auto läuft, es aber verletzt noch in den Wald schafft. Sie melden sich nicht bei der Polizei, sondern erst nach drei Tagen bei den Jägern, weil sie die Bescheinigung für die Versicherung brauchen. "Die Tiere sind ihnen völlig egal, sie müssen lange leiden."

Von Hinweisschildern am Straßenrand hält Schmidt wenig. "Hinweisschilder helfen überhaupt nicht, das interessiert die Autofahrer nicht", sagt er. Reflektoren oder Duftzäune würden mehr helfen. Ein Duftzaun ist ein Schaumstoff, der am Baum befestigt ist. Er riecht nach Menschenschweiß und nach den Ausdünstungen von Bär, Luchs und Wolf. Das Wild soll durch den Geruch abgeschreckt werden.

Was tun nach einem Wildunfall?
Nach einem Wildunfall müssen Autofahrer die Warnblinkanlage einschalten, eine Warnweste anlegen und die Unfallstelle mit einem Warndreieck absichern. Verletzte Tiere dürfen nicht angefasst werden. Insbesondere Wildschweine können sich aggressiv verhalten. Stirbt das Tier nach dem Zusammenstoß, sollte man es von der Fahrbahn an den Straßenrand ziehen und dabei Schutzhandschuhe anziehen. Wer das getötete Tier mitnimmt, macht sich wegen Jagdwilderei strafbar. Der Unfall muss bei der Polizei und dem Jagdpächter gemeldet werden. Besonders im Herbst und im Frühjahr zwischen 5 und 8 Uhr morgens und 17 Uhr und 22 Uhr abends ist das Wild unterwegs. Nähert sich ein Tier der Fahrbahn, sollte der Autofahrer die Geschwindigkeit reduzieren, das Fernlicht ausschalten und hupen. Von der Polizei oder dem Jagdpächter muss man sich eine Bescheinigung über den Unfallhergang holen. Diese Bescheinigung muss der Versicherung vorgelegt werden.

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