Wenn Gülle zum Himmel stinkt

Von Peter Engelbrecht
 Foto: red

Jetzt fahren sie wieder: Traktoren mit großen Güllefässern. Dass Flüssigmist aus der Tierhaltung ausgebracht wird, können viele Landbewohner riechen. Doch warum wird im Frühjahr und Herbst Gülle ausgefahren – und wie groß ist die Belastung für das Trinkwasser?

 
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Flüssigmist sei ein wertvoller Wirtschaftsdünger, sagt Friedrich Asen vom Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten in Bayreuth. „Gülle reduziert deutlich den Mineraldüngeraufwand“, betont der Pflanzenbauberater.

Aber: Nach wissenschaftlichen Erkenntnissen ist die Wirkung der Gülle im Ackerbau meist trotzdem nicht ausreichend, so dass die Landwirte normalerweise zusätzlich stickstoffhaltigen Handelsdünger streuen. In Einzelfällen kann es bei großen Viehhaltern vorkommen, dass sie unnötig Handelsdünger zukaufen. Auch dadurch kann es zu Überschüssen an Stickstoff kommen, der das Grundwasser mit Nitrat belastet.

Durch die Kuh geleitet

Um den Entzug von Nährstoffen durch Futterpflanzen während der Wachstumsperiode auszugleichen, sind für intensives Grünland (drei bis vier Schnitte pro Jahr) rund 40 bis 50 Kubikmeter und für Silomais bis zu 60 Kubikmeter Gülle pro Hektar und Jahr notwendig. „Das nehmen Futterpflanzen problemlos auf“, betont Asen. Er spricht von „Kreislaufdenken“: Mais und Gras entziehen dem Boden beim Wachsen Nährstoffe, beides wird durch die Kuh „durchgeleitet“ und dann in Form von Gülle wieder ausgebracht.

Im Landkreis Bayreuth besteht 40 Prozent der landwirtschaftlichen Fläche aus Grünland. Umgerechnet auf die Zahl der Milchkühe und die landwirtschaftlichen Flächen, komme auf eine Kuh etwa ein Hektar Land. Der Fachbegriff heißt Großvieheinheit, und die liegt in dem Fall bei 0,9. Kritisch werde es erst bei durchschnittlich zwei Kühen pro Hektar, sagt Asen. In Norddeutschland sollen teilweise rechnerisch bis zu sechs Kühe auf einen Hektar kommen. „Von solchen Zuständen sind wir weit entfernt“, betont der Experte.

Überhöhte Nitratwerte

Trinkwasser sollte rein und unbelastet sein. Doch auch in der Region gibt es vereinzelt überhöhte Werte von Pflanzenschutzmitteln und Nitrat im Grundwasser. Auf eine Anfrage des Landtagsabgeordneten Ludwig Hartmann (Grüne) hatte das bayerische Umweltministerium mitgeteilt, 2015 habe es im Landkreis Bayreuth neun Wasserversorgungsunternehmen gegeben, bei denen die Nitratbelastung größer als 25 Milligramm pro Liter ist. Damit gilt das Trinkwasser als „belastet“.

Nitrat gelangt vor allem über den Dünger der Landwirte in den Boden. Der Grenzwert liegt bei 50 Milligramm pro Liter. An etwa 500 Messstellen werden bayernweit regelmäßig Proben entnommen. 2015 wurde an 41 davon eine Nitratbelastung über dem Grenzwert festgestellt. Hartmann forderte strengere Regeln für die „Industrielandwirtschaft“ und Massentierhaltung, damit weniger Gülle auf den Feldern landet.

Es regnet zu wenig

Das Grundwasser im Landkreis sei „in Ordnung“, versichert die Wasserberaterin des Amtes für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten in Bayreuth, Bernadette Ackermann. Durch die zunehmende Trockenheit entfalle allerdings der „Verdünnungseffekt“, deshalb könne es vereinzelt zu höheren Nitratwerten im Trinkwasser kommen. Die Zusammenarbeit der Landwirte mit den Wasserversorgern sei gut. Als größtes Problem bezeichnet Ackermann die kommunalen Kläranlagen. Sie seien häufig unterdimensioniert, liefern nicht den entsprechende Reinigungsgrad des Abwassers. „Man kann nicht sagen, nur die Landwirte sind schuld“, betont die Expertin. Asen und Ackermann sprechen von einzelnen „schwarzen Schafen“, die sich nicht an die Vorschriften halten.

Grünland ist laut Düngeverordnung von November bis Ende Januar für die Gülleausbringung gesperrt, bei Ackerland gilt die Frist von Oktober bis Ende Januar. Begründung: In dieser Zeit gibt es keinen Bedarf an Nährstoffen. Um eine Überdüngung zu verhindern, muss jeder Landwirt jedes Jahr für jede Fläche eine Düngerberechnung für Gülle beziehungsweise Mineraldünger durchführen.

Bodennahe Technik

Problem Gestank: Der Einsatz „emissionsarmer Ausbringtechniken“ für Gülle wird in Deutschland ab 2020 für Ackerland und ab 2025 für Grünland Pflicht. Konkret bedeutet das, der Flüssigmist muss bodennah ausgebracht werden, was die Nährstoffverluste verringern soll. Die Ausbringung in kurzer Zeit im Frühjahr könne zu einer starken Geruchsbelastung führen, räumt Asen ein. Durch die bodennahe Technik vermindert man auch die Geruchsbelastung.

Aus den Niederlanden wurden 2016 rund 2,2 Millionen Tonnen Gülle nach Deutschland „exportiert“ – Tendenz steigend. Solche Gülleexporte gibt es laut Asen im Landkreis Bayreuth nicht.

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