Wenn der Bus die Ampel regelt

Von Thorsten Gütling

Das Gerücht hält sich hartnäckig in der Stadt: Die Busfahrer können, wenn sie keine Lust zu warten haben, einen Knopf im Bus drücken und schwupps, schaltet die nächste Ampel auf Grün. Ganz so einfach ist es nicht, sagen die Stadtwerke Bayreuth. Die Busfahrer haben auf die Ampelschaltung gar keinen Einfluss. Im Gegenteil: Ob der Verkehr rollt oder steht machen Bus und Ampel unter sich aus.

 
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Das System, das in Bayreuth vor sechs Jahren eingeführt wurde, nennt sich Busbeschleunigung. Und das System nimmt seine Aufgabe genau. Es greift in den Verkehr ein, sobald ein Bus zwei Minuten zu spät dran ist. Aber keine Sekunde eher. Monika Gut, zuständig für die Verkehrsplanung bei den Stadtwerken Bayreuth, sagt: „Es macht keinen Sinn, jeden Bus zu beschleunigen, sondern nur, in den Spitzen einzugreifen.“ Dann also, wenn es in der Königsallee wegen der heruntergelassenen Bahnschranke mal wieder zu einem hundert Meter langen Rückstau kommt. Teilweise wartet der Bus dann an der nächsten Ampel bis zu vier Minuten. Zu viel für die Passagiere, um an der Zentralen Omnibushaltestelle (ZOH) den nächsten Bus zu erwischen. Denn zum Umsteigen sind nur drei Minuten eingeplant. Bleibt wenigstens eine Minute, können auch alte Menschen den Umstieg noch schaffen, wenn sie sich beeilen, sagt Gut.

Jede Linie ist metergenau vermessen

Aber wie erkennt die Ampel, welcher Bus zwei Minuten zu spät ist und welcher nur eine Minute und 59 Sekunden? Dazu ist im Bus ein Computer eingebaut, der für niemanden sichtbar ist, auch nicht für den Busfahrer. Auf diesem Computer ist die Route gespeichert. Dazu haben die Stadtwerke jede Linie abgefahren und aufgezeichnet. Und zwar so, wie die Busse sie auch tatsächlich fahren. Auf den Meter genau. Mit den idealen Ein- und Ausfahrtswinkeln an den Haltebuchten. Auf diese Weise haben die Stadtwerke errechnet, welcher Bus zu welcher Zeit an welchem Punkt in der Stadt sein müsste – wenn er denn im Zeitplan wäre.

Ab zwei Minuten Verspätung greift die Ampel ein

Jede einzelne Haltestelle ist mit sogenannten Meldepunkten versehen. Wenn der Bus daran vorbei fährt, gleicht der Computer die zuvor berechnete Fahrtzeit mit der tatsächlichen ab und meldet sie der nächsten Ampel. Er übermittelt, wie weit er noch entfernt ist, ob er zu spät dran ist, und wenn ja, wieviel. Ist der Bus zwei Minuten oder mehr zu spät, nutzt die Ampel die Zeit bis zum Eintreffen des Busses für eine Berechnung: Schafft es der Bus noch über die aktuelle Grünphase, wenn sie nur ein wenig länger anhält? Oder sollte die Ampel lieber früher Rot zeigen um auf Grün zu schalten, wenn der Bus ankommt? Ihre Entscheidung übermittelt die Ampel auch an die folgenden Ampeln.

Länger als 99 Sekunden darf es nicht dauern

Aber: Eine Ampel kann nicht beliebig lange eine Farbe zeigen. Die Umlaufzeit, also die Zeit, die es braucht, bis alle Verkehrsteilnehmer an einer Kreuzung einmal grün und einmal rot hatten, ist geregelt. Sie darf vor- und nachmittags nicht mehr als 99 Sekunden betragen, abends und an den Wochenenden nur 75 Sekunden. Wo eine Ampel also für einen Bus die Grünphase verlängert, muss sie die anschließenden Phasen verkürzen. Und: Die meisten intelligenten Ampeln stehen in der Innenstadt, dort also, wo auch am meisten Busse davon profitieren. Was zu einem anderen Problem führt: Denn dort, wo ein Bus wegen seiner Verspätung beschleunigt werden soll, kann es sein, dass ein anderer, der gut in der Zeit liegt, ausgebremst wird.

Passagiere können es sehen und manchmal auch hören

Bekommen die Passagiere von all dem etwas mit? Höchstens mit geübtem Ohr, sagt Werner Schreiner, der Geschäftsbereichsleiter Verkehr bei den Stadtwerken. Denn zur Übermittlung seiner Daten an die Ampel nutzt der Bus das Mikrofon des Busfahrers. Das ist für Sprech- und Datenfunk gleichermaßen ausgelegt und wenn Daten gefunkt werden, muss der Sprechfunk kurz unterbrochen werden. Sollte der Fahrer also in dem Moment sprechen, in dem der Bus der Ampel seine Daten übermittelt, wird die Verbindung kurz unterbrochen und man hört ein kurzes Knacken. Der Datenfunk hat also Vorfahrt.

Antennen und ein weißes A

Und man kann auch etwas sehen. Die 29 der insgesamt 81 Ampeln im Stadtgebiet, die die Stadtwerke seit 2010 umgerüstet haben, haben eine Antenne. Und sie sind mit einem weiteren Signallicht ausgestattet – einem weißen A auf schwarzem Grund. Der Buchstabe steht für das Wort „angemeldet“ und leuchtet, wenn ein Bus seine Daten an die Ampel funkt. Für den Busfahrer ein Zeichen, dass das System funktioniert. Das Leuchten des Buchstabens heißt aber noch nicht, dass die Ampel in den Verkehr eingreift.

2,5 Millionen Euro teuer

2,5 Millionen Euro hat das System zur Busbeschleunigung samt neuem Verkehrsrechner gekostet. Gut zwei Millionen davon hat die Regierung von Oberfranken bezahlt. Apropos Verkehrsrechner: Auf die Ampelschaltung haben nicht nur die Busfahrer keinen Einfluss, sondern auch die Stadtwerke Bayreuth. Denn der Rechner steht auf dem Gelände der Polizei in der in der Werner-Siemens-Straße. Die Stadtwerke verfügen nur über ein Programm, mit dem sie die Daten auslesen können.

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