Weniger Niveau, mehr Applaus

Von Andrea Pauly
Ingo Appelt im Zentrum. Foto: Andreas Harbach Foto: red

Ingo Appelt hat es früher schon erlebt: Die Franken sind ein schwieriges Publikum. Im Zentrum sind noch Plätze frei, die ersten zwanzig Minuten seines Programms verlaufen bemüht. Seine Witze auf Fränkisch über Franken ziehen nicht, die über Katholiken erzeugen so wenig Reaktion, dass er frustriert kommentiert: "Das muss besser werden".

 
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Zum Aufwärmen geht es einmal quer durch die aktuellen Themen: Terrorismus, Angela Merkel, Donald Trump, Brexit, Vegetarier, Flughafenbau in Berlin, Neonazis - "Sind Nazis da? Hebt mal die Hand. Haaaalloooo! Wagner-Stadt?" Da müssen die Bayreuther dann doch lachen; aber eben nur ein bisschen. Später zeigt sich: Die Hitler-Witze funktionieren in Bayreuth deutlich besser als die über Katholiken.

Die Leute wollen einen anderen Appelt

Es gibt Momente, in denen Ingo Appelt Volltreffer landet, weil er die Grenzen der Komik testet: "Ein Land, das sechs Millionen Juden vernichtet hat, kann ja wohl mal eine Million Flüchtlinge aufnehmen." Zahlreiche Zuhörer schnappen nach Luft. Auf diese Art von Comedy sind die Leute nicht vorbereitet. Sie wollen einen anderen Appelt. Sie wollen den von früher. Den, der vor laufender Kamera vulgäre Wörter sagt, die sonst niemand laut ausspricht. Das Bayreuther Publikum will keine Gesellschaftskritik, keine Kirchen- und Politikwitze.

Tipp für eine glückliche Ehe

Sie warten auf die Appelt-typischen Analysen zwischenmenschlicher Beziehungen. Und nach einer knappen Stunde bekommen sie die auch: Frauen lieben Einkaufszentren, Männer zünden aus dem Körper austretenden Gase an. Für eine glückliche Ehe empfiehlt er Männern, einfach öfter "Mhm, ja", "das sehe ich genauso" und "du hast Recht" zu sagen, wenn die Frau beim Fernsehen wieder alles kommentiert. Nichts von dem, was er thematisiert, ist neu. Trotzdem steigt die Stimmung spürbar.

Lindenberg, Grönemeyer und sehr viel Sex

Dass sein Talent weit über die Platitüden zum typischen Verhalten von Paaren hinausgeht, zeigt er mit seinen Interpretationen von Udo Lindenberg, Herbert Grönemeyer und Til Schweiger - und die sorgen allesamt für Begeisterung. Doch am Schluss kehrt Appelt zurück zu seinen Comedy-Wurzeln und erläutert in aller Ausführlichkeit, wie sich Sex für Männer anfühlt - die schließlich Dienstleister seien. Er spricht Dinge aus, die wohl jeder sexuell aktive Mensch kennt, aber die allerwenigsten je in Worte fassen würde, erst recht nicht vor Publikum. Das amüsiert sich mittlerweile königlich. Und es zeigt sich: Die Franken sind gar nicht so schwierig - vorausgesetzt, sie bekommen, was sie erwartet haben.

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