Weltrekord: Uni Bayreuth macht Druck

Prof. Dr. Leonid Dubrovinsky und Prof. Dr. Natalia Dubrovinskaia im Argonne National Laboratory in Chicago, nachdem sie die Überschreitung von 1 Terapascal experimentell nachweisen konnten. Der Bildschirm im Hintergrund zeigt das entsprechende Beugungsmuster. Foto: privat Foto: red

Was hält die Erde im Innersten zusammen? Diamanten helfen Bayreuther Wissenschaftlern bei der Antwort auf diese Frage. Einem Forscherteam um Natalia Dubrovinskaia und Leonid Dubrovinksy ist es erstmals gelungen, im Labor einen Druck von einem Terapascal zu erzeugen. Das entspricht etwa dem Druck von 100 Eiffeltürmen auf eine Fingerspitze.

 
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Extremer Druck und Temperaturen, die im Labor unter kontrollierten Bedingungen erzeugt werden, ermöglichen es, Eigenschaften von Materialien aufzuklären, neue Materialien für industrielle Anwendungen zu synthetisieren, neue Materiezustände zu entdecken, zu einem vertieften Verständnis von Materie vorzudringen und damit beispielsweise Einblicke in den Aufbau der Erde zu gewinnen. Daher besteht weltweit ein starkes Interesse daran, die im Labor erzeugten und für Materialanalysen genutzten Drücke immer weiter zu steigern.

Magische Grenze

Als magische Grenze galt bisher die Marke von 1 Terapascal (= 1.000.000.000.000 Pascal). Das sind 1 Billion Pascal. Dieser Druck ist dreimal höher als der Druck, der im Zentrum der Erde herrscht. Zum Vergleich: Dieser Druck würde auf einer Fingerspitze lasten, wenn man darauf 100 Exemplare des Eiffelturms übereinander stapeln könnte.

Eben diese Grenze hat ein internationales Forschungsteam um Prof. Natalia Dubrovinskaia und Prof. Leonid Dubrovinsky von der Universität Bayreuth jetzt erstmals überschritten. Wie ihnen dieser Rekord gelungen ist, darüber berichten sie im Forschungsmagazin Science Advances.

Superharte Diamant-Kugeln

Es sind kugelförmige nanokristalline Diamanten, mit denen die Tür in eine neue Dimension der Materialforschung aufgestoßen wurde. Wissenschaftler an der Uni Bayreuth hatten die durchsichtigen Kugeln, die einen Durchmesser zwischen 10 und 20 Mikrometern aufweisen, im Labor hergestellt. Wie sich herausstellte, besitzen sie eine ungewöhnliche Druckfestigkeit.

Diese Eigenschaft haben die Mitglieder der Forschungsgruppe genutzt, um einen Druck von mehr als 1 Terapascal zu erzeugen. Mit einer Ionenfeinstrahlanlage haben sie die superharten Diamant-Kugeln zunächst in zwei Halbkugeln getrennt. Diese Hälften wurden anschließend in einer doppelseitigen Diamantstempelzelle installiert. Während die darin eingezwängten Materialproben steigenden Drücken ausgesetzt waren, wurden sie an der Elektronensynchrotron-Anlage in Chicago mit Röntgenstrahlen durchleuchtet.

Materialproben unter Höchstdruck

Diamantstempelzellen kommen in der Hochdruck- und Hochtemperaturforschung schon seit langem zum Einsatz: Dabei wird die Probe des zu untersuchenden Materials zwischen zwei Diamanten platziert. Diese Diamanten pressen die Materialprobe zusammen, wobei Drücke bis zu etwa 250 Gigapascal entstehen können.

Am Bayerischen Geoinstitut (BGI) und am Labor für Kristallographie in Bayreuth wurde diese Technik schon vor Jahren weiterentwickelt. Die hier konstruierten Diamantstempelzellen ermöglichen die Erzeugung von viel höheren Drücken.

Internationale Forschungskooperation

An der Studie waren zusammen mit dem Bayerischen Geoinstitut (BGI) und dem Labor für Kristallographie der Universität Bayreuth zahlreiche weitere Forschungspartner beteiligt: das Center for Advanced Radiation Sources an der Universität Chicago, die European Synchrotron Radiation Facility in Grenoble, die Universität Antwerpen, das Karlsruher Institut für Technologie (KIT) sowie die Baltische Föderale Immanuel-Kant-Universität in Kaliningrad. Entscheidende Experimente wurden von den Bayreuther Wissenschaftlern am Argonne National Laboratory, einem Forschungsinstitut des US-Energieministeriums in Chicago, durchgeführt.

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