Weißenbrunn/Reykjavík Kronacher liefern Islands WM-Fanhymne

Von
Isländische Fans bei der EM 2016: Ihre berühmten "Huh!" Rufe werden bei der WM zu der Musik einer oberfränkischen Band erklingen. Archivfoto: Peter Kneffel/dpa Foto: Verwendung weltweit

Alles begann vor gut zwei Jahren. Klaus Pfreundner sitzt vor dem Fernseher - und bekommt Gänsehaut. Der Sänger der Partyband „Radspitz“ sieht wie isländische Fußball-Fans ihre Mannschaft nach der Europameisterschaft in Frankreich zu Hause frenetisch empfangen. „Das war so beeindruckend“, sagt er und ist mit dieser Meinung nicht allein.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

Weißenbrunn/Reykjavík

Von Pascal Grosch

Das Team des damaligen Trainers Lars Lagerbäck begeistert mit herzerfrischendem Fußball und enormem Zusammenhalt. Fans feiern ihre Schützlinge, die zum ersten Mal überhaupt an einer EM teilnehmen, mit ihren „Huh“-Rufen. Der krasse Außenseiter wird zum Europameister der Herzen. Es entwickelt sich ein Hype, der schnell weit über die Grenzen des nordeuropäischen Inselstaates hinausgeht.

Auch auf dem Rasen macht das Team von sich reden. Die Nordlichter überstehen die Gruppenphase und schalten im Achtelfinale sensationell England aus. Erst danach ist gegen Fußball-Schwergewicht Frankreich nach einem 2:5 Endstation. Doch die Euphorie kennt keine Grenzen mehr. Für Pfreundner und seine Bandkollegen steht fest: „Wir machen ein Lied, das auf den ’Huh’-Rufen der Fans basiert“, erklärt der 51-Jährige.

Die WM-Fanhymne

Es entsteht „Der Isländer“. Im Songtext schwärmt die Band vom außergewöhnlichen Teamspirit und von einem Volk, das zu jeder Zeit zusammenhält. „Mit diesem Lied wollten wir unsere Anerkennung und Wertschätzung zum Ausdruck bringen“, fügt Klaus Pfreundner an. Nach der Veröffentlichung sendet der Musiker den Song per Mail an den isländischen Fußball-Verband in der Hoffnung, dass er dort gut ankommt. „20 Minuten später kam schon eine Antwort.

Sie haben geschrieben, dass sie zwar kein Wort verstehen, die Idee und das Lied dennoch klasse finden. Deswegen haben sie das Stück gleich auf ihre Facebook-Seite gestellt“, kann der Frontmann von „Radspitz“ sein Glück kaum fassen. Damit hatte der Fußball-Fan wahrlich nicht gerechnet, der diesen Moment als Initialzündung beschreibt.

Die Band spielt danach Auftritte in Island und lässt sich wieder etwas neues einfallen. „Wir wollten dort verstanden werden, daher haben wir eine englische Version des Liedes entwickelt“, sagt der Sänger. Im Land des Fußball-Zwerges geht der Song durch die Decke, der Hype ist riesig. Und auch auf dem Rasen legt die Mannschaft in den WM-Quali-Spielen richtig los und eilt von Sieg zu Sieg. „Noch während der Quali haben wir einen neuen Song entwickelt, den wir als ’Road to Glory’ herausgebracht haben“, erläutert Pfreundner.

Die deutsche Version des Liedes von Radspitz

Die Nordeuropäer unter Coach Heimir Hallgrímsson fahren 22 Punkte in zehn WM-Qualifikationsspielen ein. Island schließt Gruppe I - vor Favorit Kroatien - als Erster ab und qualifiziert sich direkt für die Endrunde. Kurzerhand überarbeitet Pfreundner den Song und ändert ihn in „Road to Russia“. Zusammen mit dem isländischen Sänger Magni entsteht eine eigene Version des Titels.

Doch damit nicht genug: Der Radspitz-Chef nimmt in Kooperation mit Magni auch noch einmal den ersten Song unter die Lupe und so wird aus „Der Isländer“ plötzlich „Við erum Tólfan“ - was übersetzt so viel heißt wie „Wir sind der zwölfte Mann“ heißt. Auch dieser Song kommt im fernen Island so gut an, dass er zur offiziellen Hymne der dortigen Fußball-Fans wird. „Das ist unglaublich. Damit hätte ich nie gerechnet“, gibt Klaus Pfreundner zu.

Radspitz reisen für Auftritte nach Island

Für den Frontmann von „Radspitz“ und seine Musikerkollegen kommt es aber noch besser. „Der Verband hat uns für einen Auftritt nach Reykjavík eingeladen, denn da sind die Fan-Feste während der WM. Wir dürfen dort in der Halbzeit-Show auftreten und unsere Lieder spielen“, freut sich der Kronacher. Einziges Problem für die gefragte Partyband ist es, einen Termin zu finden, der mit den Auftritten hierzulande nicht kollidiert. „Wenn man so ein Angebot bekommt, nehmen wir das auch wahr. Ich bin mir sicher, dass wir eine Lösung finden, um dort auftreten zu können.“

Die isländische Nationalmannschaft nimmt in diesem Jahr zum ersten Mal an einer Weltmeisterschaft teil und trifft in Vorrundengruppe D neben Kroatien und Nigeria auch auf Argentinien mit Weltstar Lionel Messi. Nicht nur am Rande dieser Partien werden vermutlich einige „Huh“-Rufe in Russland nicht zu überhören sein.

Autor