Weihnachten im Heim Pädagogen schenken ein Stück Kindheit

Niemand kann Kindern die eigene Familie ersetzen. Pädagogen tun dennoch alles, um ihren Schützlingen an den Festtagen ein Stück Geborgenheit zu schenken. Foto: S&B Vonlanthen

Nicht jedes Kind hat das Glück, zur Bescherung mit Papa und Mama unterm Weihnachtsbaum zu sitzen. Was Mitarbeiter einer Kulmbacher Wohngruppe tun, um ihnen dennoch ein schönes Fest zu ermöglichen.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

Dürfen wir auch einen Tannenbaum ins Wohnzimmer stellen? Kommt das Christkind auch zu uns? Was machen wir am Heiligen Abend? Schon die Adventszeit war für die Kinder der Wohngruppen der Geschwister-Gummi-Stiftung voller Fragen.

Die pädagogischen Fachkräfte gehen dabei kindgerecht auf den Wissensdurst und die Bedürfnisse der Kinder ein. Einige Fragen sind sicher leicht zu beantworten, bei anderen hingegen brauche es etwas Fingerspitzengefühl. Aber so viel stehe fest: Alle haben das Ziel, den Kindern ein tolles, besinnliches und freudiges Fest zu „schenken“. Viele von ihnen waren in der Vergangenheit von Vernachlässigung und Gewalt betroffen und hätten traumatische Erfahrungen gemacht, heißt es von der Einrichtung. Manche der Kinder kennen einen Christbaum oder die Weihnachtsgeschichte nur aus Büchern oder von Erzählungen. Gerade für diese Kinder seien auch die Wochen vor dem Fest wertvoll, um „ein Stück Kindheit“ zu erleben.

Basteln und Singen

Gemeinsam haben die Kinder mit den Mitarbeitern auf den Wohngruppen viel Winter- und Weihnachtsdekoration gebastelt, Plätzchen gebacken und bekannte Kinderlieder angehört und gesungen. Ein Adventskalender habe die Vorfreude auf das große Fest noch steigert. Während die jüngsten Kinder die Frage umtreibt: „Wohin legt das Christkind denn genau die Geschenke und wie kommt es zu uns ins Haus?“, genießen es andere, ihr eigenes Zimmer individuell zu dekorieren.

Den Weihnachtsbaum dagegen werden alle Kinder gemeinsam schmücken. Dazu haben sie bereits Salzteigfiguren wie Engel, Sterne oder Herzen gestaltet und anschließend mit vielen bunten Farben angemalt. Doch nicht nur Vorfreude herrscht in dieser Zeit vor Weihnachten. Vielen Kindern und Jugendlichen werde auch bewusst, dass Weihnachten ein Fest der Liebe und der Familie sein sollte, ihr Leben aber ganz anders aussieht. Sie leben in einer Wohngruppe mit anderen Kindern und Pädagogen - und nicht bei ihren Familien und Verwandten.

Traurige Realität

Einige können Heilig Abend in ihrer Herkunftsfamilie verbringen, die meisten jedoch nicht. Heimweh, Sehnsucht nach einer heilen Familie und Geborgenheit sind ein großes Thema der Kinder und Jugendlichen, welches von den Mitarbeitern der immer wieder aufgegriffen, thematisiert und behandelt wird. „Dieser traurige Teil gehört in der stationären Kinder- und Jugendhilfe zur Weihnachtszeit und zum aktuellen Leben der Kinder dazu“, weiß Mitarbeiterin Lisa Reichel.

Das pädagogische Fachpersonal hört den Kindern zu und nimmt sie ihn ihren Gefühlen ernst. Durch das Mitgestalten und Vorbereiten des Weihnachtsfests, sofern sie dies möchten, erleben sie Selbstwirksamkeit: Ich kann viele Dinge gut. Ich kann mitentscheiden. Ich kann mitgestalten.

Die Freude ist groß

Natürlich gehören auch Geschenke für Kinder zum Weihnachtsfest dazu: Jedes Kind hat persönliche Wünsche an das Christkind. Die Mädchen und Jungen haben in Spielzeugkatalogen geblättert und individuelle Wunschzettel gestaltet. Durch die Wunschzettel- und Wunschbaumaktion, an der viele Menschen teilgenommen haben, werden auch an diesem Weihnachtsabend wieder Kinderaugen leuchten. Ist er dann da, der große Tag, ziehen sich viele Kinder ein festliches Kleid oder ein Hemd an. Im Schein der Kerzen des Adventskranzes lauschen sie der Weihnachtsgeschichte, die die Mitarbeitenden vorlesen. In den vergangenen Jahren hat währenddessen oft das Christkind heimlich die Geschenke unter den Baum gelegt.

Vielleicht wird es ja diesmal genauso sein. Bei der lang ersehnten Bescherung liegt dann ein großes Staunen in der Luft: „Das Christkind hat an mich gedacht! Es hat meinen Wunsch erfüllt.“ Auch für das Team ist das immer ein bewegender Moment. Die Kinder packen ihre Geschenke aus, zeigen sie den anderen und probieren sie gleich aus, bis es Abendessen gibt. Anschließend singen sie gemeinsam Lieder und sitzen um den Christbaum herum: Der Klassiker „Oh Tannenbaum“ darf natürlich nicht fehlen.

Autor

Bilder