Vögel zwitschern, eine Schaukel schwingt sanft im Wind, ein Kleinkind jauchzt auf einer Rutsche. Nichts erinnert an vergangenen Donnerstag, als 300 bis 400 betrunkene Jugendliche das Freizeitgelände in Mistelbach gekapert hatten. Fast nichts.

Immer wieder bückt sich Daniel Ermer, mal nach einem Taschentuch, mal nach einem Kronkorken – oft nach Scherben, die man im Gras kaum sieht. 25 Mülltonnen haben Ermer und seine zwei Kollegen vom Mistelbacher Bauhof am 2. Mai, dort gefüllt, wo jetzt wieder Vögel zwitschern: kaputte Flaschen, Zigarettenschachteln – das Übliche. Aber auch Grills, „ da lag die Verpackung noch daneben“. Und rohes Fleisch, an dem die Krähen gepickt haben „wie an Aas“.

Mehr Leute, mehr Müll

Von Jahr zu Jahr werde es mehr, seufzt Daniel Ermer. Seit vier Jahren ist er bei der Gemeinde beschäftigt, die Zeit, in der noch der Verein „Maibaamer“ ein Fest auf dem Freizeitgelände organisierte, hat er nicht mehr mitgekriegt. Seitdem nahm die Zahl der Jugendlichen, die mit Bollerwagen und Unmengen Alkohol zum Feiern nach Mistelbach wandern, stetig zu – und damit auch der Müll.

Warum ausgerechnet Mistelbach, das weiß keiner so genau. „Wegen der Tradition“, vermutet Ermer. „Wegen der Stadtnähe und dem gut ausgebauten Radweg“, vermutet Polizeihauptkommissar Jürgen Schenkel von der Polizeiinspektion Bayreuth-Land.

Angst vor Telefonterror

Auf über 1000 Euro schätzt Bürgermeister Bernhard Rümpelein den Schaden, der der Gemeinde in diesem Jahr entstanden ist. Doch der psychologische Schaden scheint um einiges größer: „Meinen Namen sage ich Ihnen nicht, sonst machen die womöglich Telefonterror“, sagt ein Anwohner. „Oder werfen uns die Scheiben ein“, sagt ein anderer. Der Frust ist groß: „Es kann doch nicht sein, dass ich am 1. Mai daheim bleiben muss, um mein Eigentum zu schützen“, sagt wieder der eine. „Die Gewaltbereitschaft nimmt zu“, der andere. Und: „Die wollen gezielt provozieren.“

Hauptkommissar Schenkel hält die Vorwürfe für übertrieben: „Auf der Wies’nwache in München ist so was an der Tagesordnung.“ Und auch Frank Zeißler, Pressesprecher des Bayerischen Roten Kreuzes, bestätigt: „Die Qualität der Einsätze ist in den letzten Jahren weitgehend gleich geblieben.“ Das Problem sei, erklärt Jürgen Schenkel, dass es in Mistelbach keinen Veranstalter mehr gebe, der sich des Problems annehme: „Ich kann ja als Polizist nicht zu jedem einzeln hingehen und sagen: Bitte in diesen Eimer pinkeln!“

Viele aus dem Umland

In einem aber sind sich Anwohner und Polizeihauptkommissar einig: Die Teilnehmer werden immer jünger. Und kommen von immer weiter her. „Wir dachten bisher, das sind alles Bayreuther. Aber viele, die wir aufgenommen haben, kommen aus Umlandgemeinden“, sagt Hauptkommissar Schenkel.

So auch einer der beiden Jugendlichen, die am 1. Mai den Teufelsfelsen besprüht haben. Zwar machten sie Tags darauf den Felsen gleich selbst wieder sauber, helfen wird ihnen das aber nicht: Wegen „gemeinschädlicher Sachbeschädigung“ droht ihnen bis zu ein Jahr Haft.

Für alle anderen aber gibt es Entwarnung: An Christi Himmelfahrt rechnet die Polizei mit wenigen bis gar keinen ähnlichen Vorfällen. Weder in Mistelbach noch sonst irgendwo. Hauptkommissar Schenkel: „Randale gibt es im Kreis eher selten und wenn, dann von kleinen Gruppen. So was wie in Mistelbach gibt es nicht noch mal.“