Was tut eigentlich ein Biersommelier?

Von Norbert Heimbeck
Hell oder dunkel, malzig oder hopfenbetont - Michael König kennt die Biervielfalt wie kaum ein anderer. Foto: Ronald Wittek Foto: red

„Der Duft nach Quitte und Mirabelle ist so prägnant. Zudem zeigt sich eine dezente Mango und Citrus. Ein feiner Hauch von Orangenschale ist zu erkennen und ganz klar Honig und Karamell.“ Mit solch blumigen Worten beschreibt Biersommelier Michael König (39) „Stefans Indian Ale“ von Maisel & Friends. Wie er den Bayreuthern modernen Biergenuss nahebringen will.

 
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Biersommelier? Indian Ale? Biertrinker müssen ihren Wortschatz erweitern. Die „Craft Beer“-Bewegung gewinnt immer mehr Anhänger; die Brauer suchen zugleich nach Marketingideen, um den Bierabsatz zu fördern. Ab 5. Februar haben die Bayreuther eine bislang einzigartige Möglichkeit, Bier zu genießen: An diesem Tag wird die Maisel & Friends-Brauwerkstatt mit der Gastronomie „Liebesbier“ eröffnet. Michael König wird ab diesem Zeitpunkt Gäste mit Infos zu außergewöhnlichen Bieren versorgen, er wird ihnen Kombinationen von Speisen und Bier empfehlen und Verkostungen organisieren.

Herr König, wie wird man Biersommelier?

Michael König: Ich habe meine Ausbildung im Jahr 2013 in Bamberg gemacht. Leider ist der Begriff nicht geschützt. Diplom-Biersommelier darf man sich aber nach einem Kurs bei der Doemens-Brauakademie nennen. Auch die Bamberger arbeiten mit diesem Institut zusammen.

Was lernt man dabei?

König: Das Programm ist weit gesteckt. Zum Beispiel lernt man die unterschiedlichen Bierstile kennen. Die meisten kennen Pils, Weizen und Kellerbier. In Deutschland gibt es etwa 40 Bierstile, weltweit haben wir rund 150.

Welche Bierstile sind das?

König: Bekannt sind etwa das Pale Ale und das Indian Pale Ale, die Berliner Weiße oder Stout und Porter als englische Stilarten.

Was heißt eigentlich Craft Beer?

König: Übersetzt steht es einfach für handwerklich gebrautes Bier ...

... so wie alle oberfränkischen Biere gebraut sind?

König: Ja.

Jeder Craft-Beer-Brauer, der auf sich hält, hat ein Pale Ale im Angebot. Warum ist diese Sorte so beliebt?

König: Pale Ale ist in den USA, woher die Craft-Beer-Idee kommt, besonders beliebt. Solche Biere lassen sich oft besser trinken als dunkles Bier. Weil die Brauer hierbei besonders gerne Aromahopfen verwenden, bieten diese Biere eine schöne Überraschung beim ersten Mal.

Pale Ale ist deutlich bitterer als unsere fränkischen Kellerbiere. Wie kommt das bei Frauen an?

König: Frauen trinken erstaunlicherweise auch hopfige Biere gerne. Die modernen Sorten haben nicht nur Bitternoten, sondern überzeugen mit Fruchtaromen, mit grasigen Noten und erinnern an Zitrusfrüchte.

Brauer sagen, Hopfen sei die Seele des Bieres. Was ist der Körper?

König: Das Malz bestimmt, ob man ein Bier als körperreich bezeichnet. Wir verwenden für unser Bier besondere Malzarten, die zum Beispiel Kaffeenoten im Mund entfalten. Gerade die fränkischen Biere weisen Anklänge von Karamell auf.

Und die weiteren Zutaten?

König: Den Charakter des Biers bestimmt die Hefe. Hier sind spannende Möglichkeiten offen. Man kann sogar Wein- oder Champagnerhefe zum Brauen verwenden. Dabei entstehen außergewöhnliche Biere. Das Wasser bestimmt den Bierstil. In Böhmen etwa gibt es besonders weiches Wasser, hier entstand das Pils. Brauwasser aus Oberbayern ist deutlich härter, was sich eher für Lagerbiere eignet.

Damit hätten wir die vier wichtigsten Bierzutaten. Wie stehen Sie zum Reinheitsgebot?

König: Das deutsche Bier ist deshalb so gut, weil wir das Reinheitsgebot haben. Aber ich denke auch, dass wir eine Regelung finden müssen, auch andere natürliche Zutaten wie zum Beispiel Orangenschalen oder Gewürze verwenden zu können. Das macht man ja zum Beispiel in Belgien – und das Bier von dort ist ebenfalls wunderbar. Ein zusätzliches Gütesiegel für solche Biere wäre sinnvoll.

Welche Aufgaben hat ein Biersommelier?

König: Ich will dem Gast etwas Überraschendes bieten. Ein Pale Ale etwa ist erklärungsbedürftig. Der Gast soll sich auf etwas Neues einlassen und kann so Entdeckungen im Glas machen. Ich finde heraus, ob ein Kunde experimentierfreudig ist oder eher traditionsbewusst. Danach suche ich das passende Bier aus.

Und dafür braucht’s dann auch besondere Biergläser?

König: Ich trinke auch gerne aus dem Maßkrug. Bei der Kulmbacher Bierwoche gehört der einfach dazu. Zum Durstlöschen eignet sich der sogenannte Willy-Becher ganz gut, der erlaubt große Schlucke. Aber wenn ich einen Genießer-Abend haben will, trinke ich aus dem speziellen Sommelierglas.

Das welche Eigenschaften hat?

König: Es sieht ähnlich wie ein Weinkelch aus. Am Stiel kann man es anfassen, damit die Hand nicht den Inhalt erwärmt. Die klare, dünne Wand ermöglicht eine gute Beurteilung des Inhalts, also ob das Bier klar ist oder Trübstoffe enthält. Durch die schmale Öffnung bleiben die Duftstoffe zusammen und wegen der größeren Oberfläche des Bieres können sich die Aromen besser entfalten. Übrigens sollte man darauf achten, dass Bier nicht zu kalt getrunken wird.

 

 

Letzte Frage: Bier als Essensbegleiter – was passt wozu?

König: Ich biete künftig auch ein Bierkulinarium an, bei dem wir solche Fragen erörtern. Zur Fichtelgebirgsforelle etwa empfehle ich ein Pale Ale, ein Saison oder ein Pils. Das Schäufele würde ich ganz traditionell mit einem Kellerbier kombinieren; auch ein Hefeweizen passt gut oder ein Stout. Zum Leberkäse-Brötchen wähle ich ein Kellerbier. Auch zum Nachtisch passt Bier hervorragend. Wenn Sie ein Schoko-Dessert haben, sollten Sie mal ein Imperial Stout probieren oder ein faßgereiftes Bier. Zum Klassiker heiße Himbeeren mit Vanillesoße können Sie einen Weizenbock wählen oder ein Imperial Stout.

 

Zur Person: Michael König ist 39 Jahre alt, gelernter Informatiker, war dann (Bier-)Blogger, zuletzt Einkäufer bei einem  Onlineshop.

Info: Das „Liebesbier“ auf dem Gelände der Brauerei Maisel öffnet am 5. Februar. Am 5. März gibt’s unter dem Motto „Bockbier meets Craft Beer“ ein Eröffnungsfest mit Fernsehkoch Tim Mälzer, der Bayerischen Bierkönigin, dem Sommelier-Weltmeister Oliver Wesseloh und natürlich allerlei Bier-Proben.

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