Warum Unternehmen aus der Region mit Riesen-Lastern wenig am Hut haben Gigaliner: Nachteile überwiegen

Von Hans-Jochen Schauer
Überlange Lastwagen dürfen seit Jahresbeginn auf manchen Straßen in Deutschland fahren. Foto: dpa Foto: red

Die Testphase dauert fünf Jahre: Seit Jahresbeginn dürfen überlange Lastwagen regulär auf deutschen Straßen fahren. Jedoch nicht auf allen: Die Bundesländer bestimmen, welche Strecken sie für die Gigalinern freigeben. Firmen und Speditionen aus dem Raum Auerbach lassen die Gigaliner dennoch links liegen.

 
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„Nein, mit Gigalinern haben wir nichts am Hut. Wir arbeiten mit Wechselbrücken“, sagt Produktionsleiter Hermann Beßenreither von der Heim & Haus Kunststofffenster Produktions GmbH in Auerbach. Das Unternehmen verzichtet auf die bis zu 25,25 Meter langen und bis zu 40 Tonnen schweren Lastwagen bewusst. Sie sind 6,6 Meter länger, als bisher erlaubt war. Mit Wechselbrücken sei man flexibler, so Beßenreither. Mit Gabelstaplern werden die Wechselbrücken jeden Tag etwa 25- bis 30-mal mit Fenstern, Haustüren, Rollos und Markisen beladen und zu einem der 130 auf ganz Deutschland verteilten Montagelager transportiert. Das Prinzip ist einfach, aber effektiv: Ankommende Lkw stellen leere Wechselbrücken ab, nehmen eine bereits vollgeladene auf und starten zur nächsten Tour. Dies geschieht wöchentlich oder in einem vierzehntägigen Rhythmus. Ein weiterer Nachteil, der laut Beßenreither gegen die Gigaliner spreche, seien die zu engen Zufahrtsstraßen zu den Montagelagern.

Minimum 25 Tonnen

Das Auerbacher Logistik-Unternehmen Böhm hat 43 Zugmaschinen und 60 Auflieger im gesamten europäischen Raum bis auf Russland im Einsatz. Ein Gigaliner ist nicht darunter. Aus gutem Grund, wie Firmenchef Alfred Böhm erklärt. Die „Dinosaurier“ auf den Straßen hätten ein Eigengewicht von Minimum 25 Tonnen, sodass die zulässige Zuladung begrenzt ist.

„Man kann mit Gigalinern eigentlich nur leichte Güter transportieren“, sagt er. Doch die Spedition Böhm transportiert vom Nordkap bis nach Marrakesch (Marokko) alle erdenklichen Güter. Darunter sind auch schwergewichtige wie Flugzeug-Triebwerke. Zudem seien Gigaliner nur in bestimmten Ländern Europas erlaubt. Schweden etwa oder Italien, wo pro Achse zehn Tonnen zulässig seien.

Gravierende Einschränkungen

Für Böhm sind auch die übrigen Einschränkungen so gravierend, dass er derzeit auf Gigaliner verzichtet. Zum Beispiel die vorgegebenen Fahrtstrecken. „Wir dürfen mit diesen Fahrzeugen nicht direkt zu unseren Kunden.“ Firmen würden ein zweite Sattelzugmaschine benötigen, die dann die Waren auf dem letzten Abschnitt ausliefern. Schwierigkeiten gibt es nach Meinung des Auerbacher Unternehmers auch beim Kreisverkehr: „Den kann ein Gigaliner normalerweise nicht befahren.“

Der Michelfelder Transportunternehmer Leonhard Deiml nimmt ebenfalls Abstand von Gigalinern: „Das kommt für uns nicht in Frage, denn wir transportieren schwere Güter.“ 50 Sattelzüge sind im Einsatz, darunter zwölf große Silozüge, mit denen Zement, Kalk oder Kunststoffgranulat transportiert wird. Wenn eine Firma ihren Standort direkt an einer Autobahn hat und dort be- und entladen könne, spricht aus Sicht von Deiml nichts gegen Gigaleiner. „Wenn die Lastwagen geradeaus rein- und rausfahren können, ist das o.k.“ Aber auf dem Betriebsgelände in Michelfeld gehe jetzt schon eng zu. Deiml befürchtet Massenchrashs auf Deutschlands Straßen, wenn jeder solche große Sattelzüge hätte.

Ladehöfe sind nicht ausgelegt

Beim Automobilzulieferer ZF sind Gigaliner ebenfalls kein Thema. „Es ist nichts geplant. Bei unserem Volumen machen Gigaliner keinen Sinn“, sagt Pressesprecher Michael Lautenschlager. Der Warenausgang der Werke Auerbach und Bayreuth beträgt rund 60 Tonnen. Je nach Tag fahren 25 bis 35 Laster die beiden Werke an. Sie bringen Produkte auf den Hauptrouten ins ZF-Werk Kláŝterec in Tschechien oder nach Stuttgart. Von Hamburg oder Bremen werden Waren angeliefert. Zudem seien die Ladehöfe nicht für Gigaliner ausgelegt, so Lautenschlager.