War er zu schön, zu laut - oder war alles nur ein Zufall? Creußen: Das Rätsel um den verschwundenen Hahn

Von Sarah Bernhard

Am Wochenende stahlen Unbekannte den Hahn von Sebastian Ascherl. Den 24-Jährigen und seinen Sohn Jack macht das traurig: Nicht nur, dass sie jetzt nicht mehr züchten können. Sie haben auch eines der wenigen Andenken an den verstorbenen Patenonkel verloren. Warum der Hahn verschwand, ist indes unklar: Viel teurere Gegenstände ließen die Diebe liegen.

 
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Als der Angriff ausblieb, wusste Sebastian Ascherl, dass etwas nicht stimmt. „Normalerweise, wenn ich die Stalltür aufmache, steht er schon da und will mich picken“, sagt der 24-Jährige. Um die vier Bantam-Hennen, mit denen Ascherls Zwerghahn bisher zusammenlebte, vor Angreifern zu schützen. Doch die Hennen streifen jetzt alleine durch das Gehege, das erst seit kurzem in einem Garten in der Nähe des Roten Mains steht. Denn seit Samstagnacht ist der Hahn verschwunden.

Dabei ist er eines der wenigen Andenken an Ascherls Patenonkel, der Anfang des Jahres an Krebs starb. „Außer den Hennen habe ich nichts mehr von ihm“, sagt Ascherl.

Das Erbe des Patenonkels

Eigentlich wollten er und sein Sohn Jack Höhl (4) das Erbe des Patenonkels weiterführen: Er war ein leidenschaftlicher Züchter, „mit dem Hahn hat er auch immer überall gewonnen“. Doch schon der erste Versuch ging schief: Ein Marder holte im Frühjahr alle 18 Küken. „Und jetzt das. Langsam habe ich keine Lust mehr, mir die ganze Arbeit zu machen“, sagt Ascherl.

Zwischen 40 und 70 Euro sei ein solcher Zwerghahn wert, immer wieder würden in Deutschland Ställe leer geräumt, sagt Alfred Bauer, Vorsitzender des Kleintierzuchtvereins Creußen, in dem Ascherl und sein Sohn Mitglied sind. In der Region komme das aber kaum vor, sagt Jürgen Stadter von der Polizei. „Wir führen darüber keine Statistik, aber dass mal ein Tier wegkommt, ist ganz, ganz selten.“

Warum nur der Hahn?

Und das ist nicht das einzige, was diesen Diebstahl mysteriös macht: Die Einbrecher, die das Schloss an der Gartentüre aufbrachen, nahmen außer dem Hahn nur noch einen Akkuschrauber, ein paar Schrauben und eine Schraubzwinge mit. Kleinkram, sagt Ascherl. „Wenn einer einen Stall aufbricht, nimmt er doch alles mit und nicht nur den Hahn“, sagt Bauer.

Ob es doch an der „sehr durchdringenden Stimme“ des Hahns lag, wie Ascherl selbst zugibt? „Der hat schon manchmal genervt“, sagen die Nachbarn von gegenüber. „Aber wir waren es nicht.“ Und schon zwei Häuser weiter heißt es: „Gehört haben wir ihn schon, aber gestört hat er überhaupt nicht.“

Nachbarn beteuern ihre Unschuld

Kleintierzüchter Bauer bestätigt: „Mir ist nicht bekannt, dass es in Creußen jemals Probleme dieser Art gegeben hätte.“ Und auch Ascherl betont: „Eigentlich verstehe ich mich mit den Nachbarn gut, und ich habe auch immer gefragt, ob es ok ist, dass ich die Tiere halte.“

Einige Tage könnte der Hahn wohl in freier Wildbahn überleben, falls er nicht von einem Fuchs oder einem Marder gerissen wird. Und obwohl der Diebstahl schon mehr als 36 Stunden her ist, hat Ascherl noch immer Hoffnung, seinen Hahn lebend wiederzusehen. Und hat sogar einen Finderlohn von 40 Euro ausgesetzt. „Ich hoffe, dass ich dadurch den Gockel wiederbekomme. Wenn nicht, muss ich halt einen neuen kaufen. Aber das wäre einfach nicht das gleiche.“