Hof - Nach der tödlichen Messerattacke auf einen 63-jährigen polnischen Busfahrer in Hof ist die Bestürzung in dessen Heimat groß. Den gesamten Morgen schon berichten polnische Medien über die schreckliche Tat in der Nacht zum Dienstag. Der getötete Fahrer arbeitete nach Recherchen von „Morgenpost“ und unserer Zeitung für das Reiseunternehmen Sindbad Eurobus aus Opole (Oppeln) in Schlesien. Geschäftsführer Bogdan Kurys: „Wir fahren seit 30 Jahren diese Route, nie ist etwas passiert.“ Die beiden Reisebusse, in denen 38 und 40 Passagiere saßen, kamen aus Ulm und wollten zurück nach Polen. Vier Reisende und der zweite Busfahrer befänden sich noch in Hof. Sie seien wichtige Zeugen.

Ein Kriseninterventionsteam betreute noch in der Nacht die Lebensgefährtin des Busfahrers.

Der Tatverdächtige wurde am Dienstag dem Haftrichter vorgeführt. Der 43-Jährige stammt aus dem Vogtland, nach Informationen unserer Zeitung aus Reichenbach. Sein Anwalt wollte sich gegenüber unserer Zeitung nicht äußern. Er sitzt jetzt in einer Justizvollzugsanstalt. Da er laut Mitteilung von Polizei und Staatsanwaltschaft "psychische Auffälligkeiten" zeigt, soll ein Gutachten erfolgen. Die Messerattacke hat keinen fremdenfeindlichen oder politisch motivierten Hintergrund.

"Sind erschüttert"

Am Vormittag äußerte sich auch die Hofer Oberbürgermeisterin Eva Döhla zu der Tat: „Wir sind erschüttert. Dass Gäste in unserer Stadt, die auf der Durchreise waren, angegangen und verletzt wurden und ein Mensch getötet wurde, macht uns fassungslos.“

O-Ton Oberbürgermeisterin Eva Döhla

Die Tat geschah gegen 0.30 Uhr an einer Haltestelle auf dem Bahnhofsvorplatz. Am Morgen nach der Attacke zeugt noch die Umrandung einer Blutlache von dem brutalen Angriff. Der 43-jährige Tatverdächtige wurde kurz darauf von Polizeibeamten festgenommen. Ob der Mann polizeibekannt ist, wollte Alexander Czech, Sprecher des Polizeipräsidiums Oberfranken, aus Datenschutzgründen nicht sagen. Kriminalpolizei und Staatsanwaltschaft Hof haben die Ermittlungen zum Tötungsdelikt aufgenommen.

Nach bisherigen Erkenntnissen wartete eine Gruppe Reisender am Hofer Bahnhofsvorplatz. Einige der Fahrgäste legten am Gehsteig, neben den Reisebussen, eine Raucherpause ein. Aus bislang nicht geklärten Gründen kam es dabei zu einem Streit mit dem 43 Jahre alten Mann aus Sachsen, der sich in unmittelbarer Nähe aufhielt. Nachdem dieser zunächst einen Fahrgast attackiert und ihn leicht verletzt hatte, ging der 63-jährige Busfahrer dazwischen. Dabei fügte der Tatverdächtige dem Fahrer aus Polen mit einem Taschenmesser tödliche Verletzungen zu. Czech wollte nicht bestätigen, ob es sich dabei um einen Stich in den Nacken handelte, wie die „Bild“ meldet. Zur genauen Bauweise des Messers konnte Polizeisprecher Czech noch keine Angaben machen. Die Tatwaffe habe aber keine außergewöhnlich lange Klinge gehabt, wie das bei anderen Messerattacken häufig der Fall ist.

Flucht zu Fuß

Der mutmaßliche Täter ergriff nach dem Angriff zu Fuß die Flucht und konnte noch in der Nähe des Tatortes von einer unmittelbar eintreffenden Streifenbesatzung der Hofer Polizei festgenommen werden. Zwischen Attacke und Aufgriff hätten „ein, zwei Minuten“ gelegen, sagt Czech. Der Täter sei nicht weggerannt und habe keinen Widerstand geleistet.

Die Reisenden setzten währenddessen den Notruf ab und leisteten dem Busfahrer Erste Hilfe. Ein alarmiertes Notarztteam konnte dem 63-Jährigen allerdings nicht mehr helfen, er erlag noch am Tatort seinen schweren Verletzungen.

Polizeibeamte sperrten den Bahnhofsvorplatz daraufhin weiträumig ab und Kriminalbeamte sicherten Spuren. Das Fachkommissariat für Tötungsdelikte bei der Kripo Hof nahm in enger Zusammenarbeit mit einem Hofer Staatsanwalt die Ermittlungen auf.  Ein Ersatzfahrer steuerte den Reisebus nach dem Vorfall weiter.

Am Vormittagv vernahmen die Kriminalbeamten einen Teil der polnischen Reisegruppe mit Hilfe von Dolmetschern. Demnach waren die Reisenden mit zwei vollbesetzten Bussen unabhängig voneinander unterwegs und trafen sich am Bahnhofsvorplatz in Hof zum Passagierwechsel. Die Ermittler gehen davon aus, dass der 43-jährige Mann aus dem Vogtlandkreis zunächst unvermittelt auf einen 52-jährigen Fahrgast zuging und ihm einen Faustschlag verpasste. Der 52-Jährige stand mit weiteren Fahrgästen auf dem Gehweg in unmittelbarer Nähe des Reisebusses. Durch den Schlag stürzte der Mann zu Boden und erlitt leichte Verletzungen. Unmittelbar darauf attackierte der 43-Jährige mit einem Messer den 63 Jahre alten Busfahrer, der in nächster Nähe stand und dazwischengehen wollte.  Die Tatwaffe, ein klappbares Taschenmesser mit einer etwa acht Zentimeter langen Klinge, stellten die Beamten noch am Tatort sicher.