Teils antwortet Winterkorn: "Daran kann ich mich nicht erinnern." An anderer Stelle sagt er: "Das ist mir sehr präsent, weil es ja eine Grundsatzentscheidung betrifft." In seinen Ausführungen kommt aber in jedem Fall der detailversessene Technik-Freak durch, als der "Mr. Volkswagen" so häufig beschrieben wurde. Auch sein Führungsstil schimmert durch: "Wenn ein Entwicklungsprojekt über zwei, drei Jahre keine Probleme hat, sind die Ziele zu lasch formuliert", sagt Winterkorn und löst einige Lacher im Saal aus.
Winterkorn: Vorwürfe sind unzutreffend
Verantwortung für den Dieselskandal beim Autobauer weist Winterkorn in seinem ersten Auftritt vor Gericht entschieden zurück. "Ich halte diese Vorwürfe für unzutreffend", sagt der 76-Jährige mit Blick auf die beiden Strafverfahren, die ebenfalls in Braunschweig gegen ihn anhängig sind. Am Landgericht ist er unter anderem wegen gewerbsmäßigen Betrugs und uneidlicher Falschaussage im Untersuchungsausschuss des Bundestags angeklagt. In einem zweiten Verfahren geht es um Verstöße gegen das Wertpapierhandelsgesetz, bei denen ihm vorgeworfen wird, trotz Kenntnis den Kapitalmarkt nicht rechtzeitig informiert zu haben.
Ab wann diese Verfahren mit Winterkorn als Angeklagtem verhandelt werden, ist noch unklar. Nach Angaben des Landgerichts Braunschweig gibt es zumindest ein neues medizinisches Gutachten, nach dem auch die Verhandlungsfähigkeit des 76-Jährigen ab September 2024 wieder gegeben sein dürfte. Mit Blick auf diese Verfahren will sich Winterkorn im Zivilprozess nicht zu Ereignissen zwischen dem 27. Juli 2015 und seinem Rücktritt am 23. September äußern. "Hier mache ich insoweit von meinem Recht auf Auskunftsverweigerung Gebrauch", sagt er zum Abschluss seines Statements.
Klägerseite enttäuscht
Die Befürchtung, dass die Erinnerungen von Professor Winterkorn doch sehr erblasst sind, habe sich leider bewahrheitet, sagt Axel Wegner in einer Pause als Anwalt für die Klägerseite. "Wir hätten dennoch erwartet, dass er sich in der Vorbereitung intensiver mit den Unterlagen befasst und etwas genauer Auskunft geben kann", lautet seine erste nüchterne Bilanz zum Winterkorn-Auftritt vor Gericht.