Votum im Ältestenausschuss Stadträte gegen Mietpreisbremse

Von Frank Schmälzle
Mehr als 26.000 Mietwohnungen gibt es in Bayreuth. Aber wenn es nach den Stadträten geht keine Mietpreisbremse. Denn die würde den Mietern mehr schaden als nützen. Foto: Archiv/Ronald Wittek Foto: red

Widerstand gegen eine Mietpreisbremse in Bayreuth: Im Ältestenausschuss hat sich die Mehrheit der Stadträte gegen eine Begrenzung der Mietsteigerungen ausgesprochen. Weil die Mietern und Vermietern bei genauem Hinsehen mehr Nachteile als Vorteile bringen würde. Folgt der Stadtrat in seiner Sitzung am Mittwoch diesem Votum, wird Bayreuth gegen eine Mietpreisbremse an kämpfen. Denn: Was gut klingt, muss nicht gut sein.

 
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Die Fakten: Seit 1. Juni 2015 ist die Mietpreisbremse Bundesgesetz. Wo die Regelung gelten soll, das hat der Gesetzgeber allerdings den Ländern überlassen. Im vergangenen Jahr hat das Landesamt für Statistik deshalb im Auftrag des Bayerischen Justizministeriums eine Umfrage unter den Kommunen im Freistaat gestartet. Das Ergebnis: Bayreuth ist eine von 144 Städten und Gemeinden, in denen der Wohnungsmarkt angespannt ist. Und Bayreuth ist die einzige Stadt in Oberfranken, für die deshalb eine Mietpreisbremse gelten soll.

Wie das Landesamt zu der Einschätzung kam, dass der Wohnungsmarkt in Bayreuth angespannt sei, ist für die Mehrheit der Stadträte nicht nachvollziehbar. Die Daten, die die Stadt an das Landesamt meldeten, zeigen: 2013 gab es in Bayreuth 26 519 Mietwohnungen. Das rechnerische Defizit lag bei 218 Wohnungen. Doch schon damals war klar: 255 Wohnungen würden neu hinzukommen. Und: Die Erhebung des Landesamtes macht keine Unterschiede zwischen Wohnungsgrößen. 2013 herrschte Ausnahmezustand. Der doppelte Abiturjahrgang und der Wegfall der Wehrpflicht ließ in der Universitätsstadt Bayreuth die Nachfrage nach kleinen Wohnungen in die Höhe schnellen. Inzwischen sind über 1000 Studentenwohnungen neu gebaut worden.

Der Vorsitzende des Bayreuther Haus- und Grundbesitzervereins und Stadtrat der Bayreuther Bürger-Liste Heinz Hofmann warnt vor einer Mietpreisbremse für Bayreuth. Er sagt: Wenn sich Wohnungseigentümer bei einer Wiedervermietung an den Verein wenden, fehlt eine Frage nie. Was kann man für diese Wohnung verlangen? „Bis jetzt informieren wir die Eigentümer anhand von vereinsinternen Daten und Statistiken“, sagt Hofmann. Wenn die Mietpreisbremse für Bayreuth kommen sollte, muss der Verein die Vermieter künftig aber auch darauf hinweisen, dass die Miete nach den Vorgaben der Mietpreisbremse bis zu zehn Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen darf. Hofmann sagt: „Es besteht die Gefahr, dass die Mietpreisbremse das Gegenteil von dem bewirkt, was sie eigentlich will.“

Hofmann versteht nicht, warum ausgerechnet Bayreuth zu den 144 Städten und Gemeinden gehört, die nach Ansicht des Bayerischen Justizministeriums die Voraussetzungen für eine Mietpreisbremse erfüllen. „Wir sind nicht München oder Nürnberg“, sagt Hofmann. Und auch nicht Bamberg oder Forchheim, wo das Mietniveau über dem von Bayreuth liege. „Der Markt für Mietwohnungen in Bayreuth ist nicht angespannt.“

Die Vorsitzende des Mietervereins Bayreuth, die Rechtsanwältin Irina Buchta, will die Mietpreisbremse für Bayreuth. Weil sie einen psychologischen Effekt haben werde. Ob eine solche Regelung in der Praxis spürbare Auswirkungen haben wird, daran hat sie Zweifel. „Die Mieten in Bayreuth sind hoch.“ Zehn Prozent mehr, wie es die Mietpreisbremse möglich macht, lasse sich in vielen Fällen gar nicht mehr erzielen. Und: Buchta ist gegen einen Mietspiegel, der die Mieten in Bayreuth vergleichbar machen soll und der die Datenbasis für die Mietpreisbremse bringen könnte. Weil ein Mietspiegel eher ein Vorteil für Vermieter als ein Schutz für Mieter ist. Vermieter könnten dann ihre Wohnung in eine der Kategorien des Mietspiegels einordnen und sich bei der Preisforderung auf den Mietspiegel berufen. Anders ausgedrückt: Ein Mietspiegel macht Mieterhöhungen einfacher.

Grundsätzlich könnten Mietinteressenten Zweifel am Wohnungspreis äußern oder Mieter nach Abschluss des Vertrags und Einzug rechtlich dagegen vorgehen. Sie könnten sich also auf die Mietpreisbremse berufen. Aber entspricht das der Realität? Kaum, sagt Buchta. „Wer eine Wohnung haben will, schaut sie sich an. Fragt sich, ob er sie sich leisten kann.“ Und legt sich nicht mit dem Vermieter wegen dessen Preisvorstellungen an. Mieter würden wohl nur nachträglich gegen Mietpreise vorgehen, wenn sie sich über andere Vorkommnisse ärgern. Buchta sagt: „Gesetz und Realität sind oft zwei Paar Schuhe.“

Der Beschluss: Wenn der Stadtrat am Mittwoch dem Gutachten des Ältestenausschusses folgt, muss die Verwaltung handeln. Muss beim Bayerischen Justizministerium gegen eine Mietpreisbremse für Bayreuth kämpfen. Das geht, denn das Ministerium lässt den betroffenen Kommunen mit der sogenannten Wohngebietsverordnung ein Hintertürchen zum Protest offen. Sozialreferent Carsten Hillgruber will lieber nicht kämpfen. Er sagt: Die Stadt hat korrekte Zahlen geliefert. Und er sieht keine neuen Argumente, die das Ministerium dazu bewegen könnte, von seiner Entscheidung für eine Bayreuther Mietpreisbremse abzurücken.

Argumente gibt es, sagten Stadträte. Zum Beispiel Karsten Schieseck (BG): „Wir sind eine Universitätsstadt, ohne ein Ballungszentrum zu sein.“ Der Engpass bei den Studentenwohnungen habe sich erledigt. Der Bayreuther Wohnungsmarkt sei mit dem in Ballungsräumen, in denen die Mietpreisbremse ihre Berechtigung habe, nicht zu vergleichen. Oder Thomas Hacker (FDP): „Das Landesamt hatte festgestellt, dass Bayreuth 218 Wohnungen fehlten. Ich wette, dass seither ein Mehrfaches an Wohnungen neu gebaut wurden.“ Und Michael Hohl (CSU): „Eine Mietpreisbremse würden allenfalls die Bayreuther Baukonjunktur bremsen.“

Eines wollen die Stadträte trotzdem: In Zukunft soll es einen Mietspiegel geben, der die Preise für Wohnungen in Bayreuth nach Größe und Lage vergleichbar macht. Den Mietspiegel soll ein externes Unternehmen erarbeiten. Kosten: etwa 45.000 Euro. Bis jetzt gibt es (für das Jahr 2014) eine Mietenübersicht. Dafür wertet der Gutachterausschuss der Stadt jährlich etwa 1000 Anzeigen von Vermietern und zusätzlich Fragebögen aus. Die Statistik berücksichtigt weder die Lage noch die Zahl der Zimmer, sondern nur den Preis pro Quadratmeter. Eine 25-Quadratmeter-Wohnung kostete demnach 2014 im Schnitt 263 Euro kalt, 50 Quadratmeter gab es für 400 Euro, 75 Quadratmeter für 531 Euro, 100 Quadratmeter für 673 Euro. Eine Wohnung nach den Wünschen von Jasmin Lange zu finden, ist demnach schwierig. Alexander Glaser vom Gutachterausschuss geht davon aus, dass die ortsübliche Miete sogar unter der ermittelten liegt, weil die Übersicht Bestandsmieten nicht erfasst. In München zahlt man übrigens etwa 18 Euro pro Quadratmeter.

 

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