Von Pottenstein nach Finnland Ein Buch muss immer dabei sein

Rosi Thiem
Lesen konnte Rebecca Spörl schon vor der Einschulung. Am liebsten liest sie Fantasy-Bücher, insbesondere die „Skulduggery Pleasant“-Reihe des irischen Autors Derek Landy. Foto: Rosi Thiem

Sie ist die Sängerin der finnischen Metal-Band Averlanche. Aber sie mag es auch leise, verrät Rebecca Spörl in ihrem Heimaturlaub in Pottenstein. Seit ihren Kindheitstagen verschlingt sie Fantasy-Bücher.

 
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Pottenstein - „Ich bin mit Harry Potter groß geworden“, beschreibt sie ihre Leidenschaft. Die Freude am Lesen begann bereits im Kindergartenalter mit der Neugierde auf die unbekannten Zeichen, die die Erwachsenen „Buchstaben“ nannten. „Ich fragte immer wieder, was ist das für ein Buchstabe oder wie heißt dieses Wort?“ Das flüssige Lesen habe sie dann bereits vor der Schule gekonnt, „weil ich nicht locker ließ“. Hochbegabt? „Ach was“, wiegelt sie lachend ab: „Ich wollte halt einfach nicht warten, bis ich in die Schule komme.“

Im Alter von sieben Jahren durfte Rebecca Spörl aus einer Buchhandlung kostenlos Neuerscheinungen mitnehmen, um sie zu lesen. Als Gegenleistung gab sie jedes Mal eine Stellungnahme ab, wie ihr das Buch gefallen hatte. „Da waren für mich klasse Lektüren dabei, aber es gab schon mal auch Bücher, die mir nicht so gut gefallen haben“, erzählt die heute 26-Jährige.

Nach dem Abitur am Bayreuther Markgräfin-Wilhelmine-Gymnasium zog sie mit 19 Jahren nach Finnland. Die Leseleidenschaft blieb, die Bücher zogen mit. Zwar war die Zeit knapper, denn sie besuchte zunächst zwei Jahre lang eine finnische Musikhochschule und schloss ein dreieinhalbjähriges Studium der Sozialen Arbeit an. Doch in der Freizeit steckt stets auch ein Buch im Rucksack.

Holpriger Start

„In Finnland fing ich damals 2014 mit einem einjährigen Einsteigerkurs an. Der Start war holprig. Die Sprache war neu.“ Doch nach rund einem Jahr ersetzte die Pottensteinerin das Englische mehr und mehr durch Finnisch, und die Kommunikation funktionierte immer besser. Heute hat sie die finnische Staatsbürgerschaft, eine verantwortungsvolle Arbeit, einen finnischen Freund und spricht fließend Finnisch.

Doch die meisten Bücher liest sie immer noch auf Deutsch. Ihre Lieblingslektüre ist die „Skulduggery Pleasant“-Reihe des irischen Autors Derek Landy. Den allerersten Band „Der Gentleman mit der Feuerhand“ hat sie in ihrem schwarzen Rucksack beim Gespräch dabei. „Ich habe alle Bände gelesen. Ich war zwölf, als ich damit anfing. Hauptfigur Stephanie war im Buch genauso alt wie ich. Und von Band zu Band wuchs unser Alter mit – ich bin mit der Hauptfigur groß geworden“, sagt Rebecca Spörl lachend.

Große Abenteuer

Und um was geht es? „Stephanie sieht bei der Beerdigung ihres Onkels einen komisch aussehenden Mann und ahnt noch nicht, dass sie mit ihm große Abenteuer erleben wird. Sie taucht mit dem Skelett-Detektiv in die volle Welt der Magie ein, in der Legenden zum Leben erwachen. Es ist mal lustig, mal sarkastisch und mit Wortwitz geschrieben und immer fantasievoll“, verrät Rebecca Spörl. „Alle Bände aus der Reihe gehören zusammen. Jede Folge hat allerdings eine abgeschlossene Handlung und jede Geschichte endet. Aber es bleibt immer etwas offen“, sagt die 26-Jährige.

Gelesen hat sie alle Bände auf Deutsch. Doch wenn es ihre Zeit erlaubt, möchte sie die Bände auch in Englisch noch lesen, um die Muttersprache und originale Ausdrucksweise des Autors zu erleben. „Ich lese nur Fantasy-Bücher“, sagt Rebecca Spörl, und: „Ich liebe hierbei den Kontrast zum wahren Leben, die Magie und die Zeitreisen. Da kann ich abschalten.“

Bücher fühlen und riechen

Ein Buch hat Metal-Sängerin Rebecca immer im Rucksack dabei. Dabei sagt sie: „Ich kaufe mir ein Buch, das mir gefällt, lieber selbst und leihe es nicht aus. Dann kann ich es benutzen. Ich mag keine E-Books oder Taschenbücher, sondern feste Hardcover-Bücher“, sagt sie und ergänzt mit Blick auf den ersten Band von „Skulduggery Pleasant“: „Für mich gibt es ein besonderes Lesegefühl, wenn ich meine Lektüre fühlen und riechen kann. Ich brauche etwas in der Hand zum Blättern.“ Wenn sie mit öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs ist oder in Helsinki Mittagspause macht, kommt die Lektüre aus der Tasche. „Ich setze dazu meine Kopfhörer auf, dann habe ich die Hintergrundgeräusche weg. Zum Lesen höre ich Metal oder Rock – da vergesse ich alles und kann so richtig abschalten“, verrät sie.

Nach all den Feiertagen über Weihnachten und den Jahreswechsel kehrt Rebecca Spörl nach Finnland zurück. Vorher erzählt sie noch, wie in Finnland Weihnachten gefeiert wird. „Da kommt nicht das Christkind, sondern Joulupukki – ein Weihnachtsmann. Es wird im kleinsten Kreis gefeiert“, beschreibt sie. Zum Essen gibt es einen großen Schinken, der stundenlang in der Röhre gart und als Beilage verschiedene leckere Gemüsesorten in Breiform. Vormittags steht eine Schüssel mit Reisbrei mit nur einer Mandel auf dem Tisch. „Wer diese schließlich auf den Teller bekommt, der hat im nächsten Jahr besonders viel Glück“, erzählt sie von den Bräuchen in ihrer neuen Heimat.

Zurückhaltende Finnen

Und noch etwas findet sie bemerkenswert in ihrer nordischen Heimat: Die Finnen seien eher etwas zurückhaltender, dabei aber sehr hilfsbereit und freundlich. In Aufzügen oder an der Bushaltestelle werde auch stets ein gewisser Abstand eingehalten – auch schon vor Corona. „Wenn jemand bereits im Aufzug ist, dann warten die anderen Leute, bis dieser wieder frei ist, ehe sie hineingehen. Oder im Bus wird der Nachbarplatz nicht besetzt, sondern man geht weiter und sucht einen komplett freien Platz“, sagt die Pottensteinerin: „Man möchte niemanden bedrängen und dem anderen großzügig Raum geben.“

Auf zwei Dinge freut sich Rebecca Spörl derweil ganz besonders: Wenn nach Corona eine Deutschlandtour ihrer Metal-Band möglich ist, will sie unbedingt in Pottenstein auftreten. Und sie fiebert dem 14. Band der „Skulduggery Pleasant“-Reihe entgegen.

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