Thema Waffen für die Kurden: Furcht vor der Verantwortung

Von Rudi Wais

Viel zu besprechen gibt es nicht mehr. Wenn Angela Merkel sich am Sonntag mit einer kleinen Ministerrunde trifft, um die umstrittenen Waffenlieferungen an die Kurden freizugeben, sind die wichtigsten Fragen schon beantwortet.

 
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Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen hat die Bestände der Bundeswehr durchforsten lassen, Außenminister Frank-Walter Steinmeier hält den Kontakt zu Kurdenführer Masout Bazani, Entwicklungsminister Gerd Müller schaufelt Million um Million für die humanitäre Hilfe frei.

Unter dem Druck, im Kampf gegen die Islamisten schnell helfen zu müssen, hat die Kanzlerin eine Frage ausgeklammert: Wie belastbar ist diese neue deutsche Außenpolitik eigentlich? Sollten sich die Terrormilizen des Islamischen Staates nicht stoppen lassen, wird die internationale Gemeinschaft über eine Eingreiftruppe mit einem Mandat der Uno nachdenken müssen. Gleichzeitig droht die Lage in Libyen weiter zu eskalieren. Deutschland wird nicht noch einmal zusehen können, wie Libyen in Chaos und Gewalt versinkt – ein Staat, der zum Transitland für Tausende von Flüchtlingen geworden ist, die nur eines wollen: nach Europa, am besten nach Deutschland.

Mit einer Armee, der es an Personal, Ausbildung und Ausrüstung fehlt, wird Deutschland den neuen Anspruch auf eine Politik der neuen Verantwortung nicht einlösen können – zumal mit einem Europa an der Seite, in dem jeder nur an sich denkt. Quälend lange wurde dort die Frage der Waffenlieferungen für den Nordirak geprüft, provozierend halbherzig wurstelt sich die EU durch die Ukraine-Krise. Dabei muss die Europäische Union, und mit ihr Deutschland, schon aus Eigeninteresse eine stärkere Rolle im internationalen Krisenmanagement übernehmen: Die meisten Krisen spielen sich direkt vor Europas Haustür ab, während zugleich die Bereitschaft der USA schwindet, wie selbstverständlich als Schutz- oder Ordnungsmacht aufzutreten.

Das bedeutet nicht, dass Deutschland nun an jedem Brandherd der Weltpolitik die Löscharbeiten übernehmen muss. Die verschämte Art jedoch, mit der die Koalition die Waffenlieferungen an die Kurden als etwas Einmaliges kleinredet, ist kein Ausdruck von Verantwortungsbewusstsein, sondern ein Zeichen von Verantwortungsfurcht. Wer A sagt, muss auch B sagen – und genau deshalb gibt es eben doch noch einiges zu besprechen in Berlin.


politik@kurier.rnt.de