Verwaltung erarbeitet Verordnung, die Öffnungszeiten der Spielhallen einschränken soll Stadt will gegen Spielsucht vorgehen

Von Frank Schmälzle
Spielsucht wird zu einem immer größeren Problem: Die Zahl der Spielsüchtigen, die sich an Berater der Diakonie in Bayreuth wenden, ist heute 14-mal höher als vor zehn Jahren. Foto: red Foto: red

1350 Prozent. Um 1350 Prozent ist die Zahl der Spielsüchtigen in Bayreuth, die bei der Suchtberatung der Diakonie Hilfe suchen, in den vergangenen zehn Jahren nach oben geschnellt. Jetzt will die Stadt gegen die grassierende Spielsucht vorgehen. Indem sie die Öffnungszeiten der Spielhallen weiter beschränkt.

 
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Das Eis, auf dem sich die Stadt da bewegt, ist nicht gerade dick. Sagt Ulrich Pfeifer, Rechtsreferent der Stadt. Für die Stadt wird eine Sperrzeitverlängerung für Spielhallen zu einem juristischen Balance-Akt. „Wir müssen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon ausgehen, dass die Spielhallenbetreiber gegen eine solche Rechtsverordnung vorgehen werden“, sagt Pfeifer. Ob die Stadt das Risiko eingehen will, ob es genügend gute und gerichtsfeste Gründe gibt, die Spielhallenbetreiber in Bayreuth zu verpflichten, ihre Lokale länger geschlossen zu halten, das wird die Verwaltung noch einmal im Detail prüfen. Und dem Stadtrat anschließend eine möglichst praktikable Lösung vorlegen. Den Auftrag dazu gaben die Mitglieder des Haupt- und Finanzausschusses jetzt an die Verwaltung.

Die Stadt Augsburg hat sich durchgesetzt

Augsburg hatte mit einer solchen Verordnung Erfolg. In Augsburg müssen die Spielhallenbetreiber nicht nur während der gesetzlich vorgeschriebenen Sperrzeit von 3 bis 6 Uhr geschlossen haben. Sondern auch in der Zeit von 6 bis 9 Uhr. Dagegen hatten die Augsburger Spielhallenbetreiber vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof geklagt. Doch die Richter schlossen sich der Argumentation der Stadt an. Die hatte Zahlen und Statistiken vorgelegt: In Augsburg kamen im Jahr 2012 auf 1000 Einwohner 4,31 Spielgeräte in Spielhallen. Das ist deutlich mehr als es der bayerische Durchschnittswert zeigt, der bei 3,11 Spielgräten pro 1000 Einwohner liegt. Aber immer noch weniger als in Bayreuth: In Bayreuth kommen auf 1000 Einwohner 4,88 Spielgeräte. Was das bedeutet, sagt Pfeifer glasklar: „Die höhere Verfügbarkeit an Spielgeräten ist mit einer erheblich größeren Suchtgefährdung der Bayreuther Bevölkerung verbunden.“

Suchtberater für kürzere Öffnungszeiten

Die, die nicht mehr ein noch aus wissen, landen bei der Suchtberatung der Diakonie. Und die Berater sagen: Spielsucht explodiert. Vor zehn Jahren hatten sie sechs Klienten pro Jahr, heute sind es 87. 14-mal mehr also – und die Dunkelziffer ist ihren Angaben nach erheblich. Eine Sperrzeitverlängerung für Spielhallen in Bayreuth? Die befürworten sie uneingeschränkt.

Angestoßen haben diese Debatte die beiden SPD-Stadträte Beate Kuhn und Halil Tasdelen. Und sie haben einen konkreten Vorschlag gemacht: Zusätzlich zur gesetzlichen Sperrzeit soll die Stadt die Spielhallenbetreiber verpflichten, zwischen 0 und 3 Uhr zu schließen. Dann wären die Spielhallen von Mitternacht bis 6 Uhr morgens dicht. Das halten die Suchtberater für einen vernünftigen Vorschlag. Weil sie vermuten, dass viele von denen, die sich nach Mitternacht noch in Spielhallen aufhalten, spielsüchtig sind. Und weil ein solcher Schritt gerade junge Leute davon abhalten könnte, den Abend in einer Spielhalle zu beenden. Und so in die Sucht zu rutschen.

Auftrag an die Stadtverwaltung

Auf eine konkrete Zeitspanne, wann die Stadt den Spielhallenbetreibern die Türen zusperren soll, wollten sich die Stadträte im Hauptausschuss am Ende dann doch nicht festlegen. Die solle die Verwaltung vorschlagen. So, dass sie vor einem Gericht Bestand haben kann. Sie soll auch neuere Zahlen zur Spielsucht vorlegen, die möglicherweise ein anderes Bild ergeben. Weil das Land Bayern in einem 2012 beschlossenen neuen Glücksspielvertrag auch Maßnahmen gegen die Spielsucht ergriffen hatte. Die Verwaltung wird zudem nicht nur Augsburg, sondern auch andere Städte zu einem Vergleich heranziehen. Sie soll das Risiko abschätzen, das auf die Stadt mit einer Normenkontrollklage zukommen könnte. Und sie wird die Betreiber der Spielhallen anhören. Wenn all dies abgearbeitet ist, kommt das Thema erneut auf die Tagesordnung. Ob Bayreuth eine solche Verordnung erlassen wird, ist muss dann der Stadtrat entscheiden.

Zumindest derzeit geben sich die Räte kämpferisch. „Es besteht dringender Handlungsbedarf“, sagt Christa Müller-Feuerstein (SPD). Denn: „Die Verantwortung für die Bürger muss im Vordergrund stehen. Und nicht das wirtschaftliche Wohl der Spielhallenbetreiber.“ Ingo Rausch (BG) sagt: „Wir müssen ein Zeichen zugunsten der Spielsüchtigen setzen.“ Mehr Fakten fordert indes Thomas Hacker (FDP). Er sagt: „Wir können nicht alles verbieten. Wir müssen den Menschen ihre Eigenverantwortung lassen.“

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