Vergewaltigungsprozess: Enkelin und beste Freundin belasten Angeklagten – Zeugin soll zum Psychiater Gericht: Man zieht sich hier seelisch aus

Von Manfred Scherer
 Foto: red

Im Vergewaltigungsprozess gegen einen 71-jährigen Unternehmer aus Westdeutschland haben zwei weitere Opferzeuginnen den Angeklagten belastet. Eine der Zeuginnen ist die heute 25-jährige Enkelin des Angeklagten, die andere ist ihre fast gleichaltrige beste Freundin.

 
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Dem Angeklagten liegt, wie berichtet, eine Serie von Sexualverbrechen zur Last. Hauptopfer soll seine heute 47-jährige Tochter sein. Diese hatte an vier Verhandlungstagen bezeugt, ihr Vater habe sei missbraucht, seit sie ein Kind war. Insgesamt listet die Anklage der Bayreuther Staatsanwaltschaft 23 Vergewaltigungen zu Lasten dieser Zeugin auf. Ein weiteres mutmaßliches Opfer: die 69-jährige Mutter der Hauptzeugin. Auch sie hat ihre Aussage vor Gericht bereits gemacht und ihren Ex-Mann einer sexuellen Nötigung bezichtigt.

Zeuginnen schildern Missbrauch im Kinderzimmer

Nun, am vierten Verhandlungstag am Dienstag die mutmaßlichen Opfer Nummer drei und vier. Die zwei jungen Frauen berichteten von Missbrauchstaten, die der Angeklagte begangen haben soll, als die Mädchen zwischen zehn und zwölf Jahren alt gewesen sein sollen. Bei beiden Taten soll die beste Freundin jeweils bei der Enkelin des Angeklagten übernachtet haben.

Dabei soll der Angeklagte jeweils im Kinderzimmer seiner Enkelin aufgetaucht sein und sich zu den Kindern ins Bett gelegt haben. Im ersten Fall, so berichtete die Enkelin vor Gericht, soll der Angeklagte sie erst begrapscht und sie dann mit Gewalt gezwungen haben, ihn zu befriedigen. Im zweiten Fall soll der Mann beide Mädchen gegrapscht haben.

Der Verteidiger sucht weiter nach Hinweisen für ein Komplott

Der Angeklagte äußert sich, wie berichtet, nicht zu den Vorwürfen. Sein Verteidiger, der für Vergewaltigungsfälle als Spezialist geltende Rechtsanwalt Johann Schwenn, arbeitet auch bei den Opferzeuginnen Nummer drei und vier daran, Anhaltspunkte für ein mögliches Komplott herauszufinden oder den Beweiswert der Zeugenaussagen zu erschüttern.

Enkelin ritzte sich, um sich "wieder zu spüren"

Im Fall der Enkelin seines Mandanten machte Schwenn das über Verletzungen, die sie sich als Kind zugefügt haben will. Die Zeugin hatte auf Fragen des Gerichts, was die angeblichen Taten ihres Großvaters für Folgen gehabt hätten, berichtet, sie habe sich „geritzt“: „Nicht, um mich umzubringen. Ich wollte einfach wieder mich spüren.“ Nachdem sie auf Aufforderung von Staatsanwalt Daniel Götz entsprechende Narben an ihrem Arm vorgezeigt hatte, legte der Verteidiger quasi den Finger in die Wunde. Was die Zeugin schildere, entspreche einer Persönlichkeitsstörung, dem sogenannten Borderline-Syndrom. Weil laut Schwenn Menschen mit einer solchen Erkrankung angeblich besonders gerne lügen, will der Anwalt, dass diese Belastungszeugin von einem Psychiater untersucht wird.

Zeugin muss Narben zeigen und Handy-Chat vorlesen

Der Verteidiger glaubt auch, dass er diese Zeugin beim Lügen erwischt habe. Auf seine Frage hatte sie angegeben, sie habe mit ihrer besten Freundin vor ihrer Zeugenaussage keinen Kontakt gehabt. Tatsächlich hatten die zwei Zeuginnen am Abend und am Morgen vor ihren Aussagen via Handy kommuniziert. Die Enkelin des Angeklagten musste sogar den Handy-Chat mit ihrer Freundin vorlesen. Darin steht unter anderem: „Dieser Schwenn ist ganz schön krass, die werden uns ganz schön auseinandernehmen. Aber wir schaffen das, wir müssen bloß zusammenhalten.“

"Man zieht sich doch hier seelisch aus"

Ist das ein Indiz für ein Komplott? Oder nur ein gegenseitiger Zuspruch. Die beste Freundin erklärte: „Man zieht sich hier doch seelisch aus. Mich belastet am meisten, hier sitzen zu müssen und Angst zu haben, dass einem keiner glaubt.“

Beweisen Widersprüche wircklich eine Absprache von Aussagen?

Sind Widersprüche in den Zeugenaussagen tatsächlich Beweise für ein Absprache-Komplott? Oder vielleicht eher das Gegenteil: Nämlich, dass vorbereitete, erfundene Aussagen eben nicht auswendig gelernt wurden. Beispiel: Die Tochter des Angeklagten beschrieb das Sexualverhalten ihres Vaters mit einem besonderen Detail: der sogenannten „Schnellficker-Hose“. Eine lose, kurze Sporthose, die dem Angeklagten erlaubt habe, ohne Umschweife zur Tat zu schreiten. In der Aussage der besten Freundin war aber von einer ganz anderen Hose die Rede: einem engen, weißen Slip. Hätte eine manipulierte Zeugin nicht die besondere „Schnellficker-Hose“ im Gedächtnis? Der Prozess wird fortgesetzt.

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