VBW sieht allgemeinen Arbeitskräftemangel

Von Roland Töpfer
Bertram Brossardt, Hauptgeschäftsführer derVereinigung der Bayerischen Wirtschaft, warnt vor einem allgemeinen Arbeitskräftemangel. Foto: red Foto: red

Die Wirtschaft steht in der Region glänzend da, und es gibt kaum Arbeitslose. Aber es fehlt an Fachkräften. Einen allgemeinen Arbeitskräftemangel diagnostiziert die Vereinigung der bayerischen Wirttschaft (VBW) Experten fordern mehr Mut.

 
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Glatt halbiert hat sich die Arbeitslosenquote in Oberfranken zwischen 2007 (7,1 Prozent) und 2017 (3,5 Prozent). Aus der Problem- ist eine Boom-Region geworden. Die Kehrseite der Medaille: Personalchefs suchen verzweifelt Mitarbeiter, der Kampf um die Köpfe hat richtig begonnen. In Schloss Thurnau informierte die VBW über die Perspektiven des oberfränkischen Arbeitsmarktes.

Hof mit höchster Arbeitslosenquote

Für Hauptgeschäftsführer Bertram Brossardt geht es mittlerweile nicht mehr allein um einen Fachkräfte-, sondern um einen generellen Arbeitskräftemangel. Man müsse zunächst versuchen, aus dem eigenen Arbeitsmarkt herauszuholen, was möglich sei. Flexible Beschäftigungsformen spielten dabei eine wichtige Rolle. „Wir müssen auch über eine längere Lebensarbeitszeit nachdenken.“ Über 67 Jahre will Brossardt nicht hinausgehen. Aber Anreize zu schaffen, mit 63 zu gehen, „halte ich für falsch“. Die Arbeitszeit von maximal 48 Stunden die Woche müsse flexibler verteilt werden können.

Die höchste Arbeitslosenquote in Oberfranken hatte 2017 die Stadt Hof mit 7,1 Prozent, die niedrigste der Landkreis Bamberg mit 2,3 Prozent. Dazwischen lagen Bayreuth (Stadt 5,0/Landkreis 3,1), Wunsiedel (4,5), Kulmbach (3,8), Kronach (3,1) und Coburg (Stadt 5,0/Kreis 3,1). 3,1 Prozent waren es auch im Landkreis Hof.

Arbeitsagentur rechnet mit weiterem Rückgang

Ralf Holtzwart, Bayern-Chef der Agentur für Arbeit, glaubt, dass Oberfranken gute Chancen hat, den positiven Trend fortzusetzen. Allerdings gebe es durch den hohen Beschäftigungsstand wenig zusätzliche Fachkräfte. Eine Möglichkeit sei, die vielen Teilzeitbeschäftigten zu motivieren, länger zu arbeiten.

Im laufenden Jahr werde die Zahl der Arbeitslosen in Oberfranken erneut stark zurückgehen. Für den Agenturbezirk Bayreuth/Hof rechnet Holzwart mit einem Rückgang von 9,7 Prozent, für Bamberg/Coburg mit 8,3 Prozent. In beiden Bezirken liege man damit besser als der Bayernschnitt (7,9 Prozent).

100.000 ausländische Studenten im Fokus

Die Zahl der ausländischen Beschäftigten ist in Oberfranken in den letzten Jahren stark gestiegen. Rund 27.000 sind es aktuell, 16.000 waren es 2013. Die meisten von ihnen kommen aus EU-Ländern. Vor allem aus Bulgarien und Rumänien habe es zuletzt eine starke Zuwanderung in den Arbeitsmarkt gegeben, sagte Holtzwart, der eine „gesteuerte Zuwanderung“ in die Wirtschaft für sehr wichtig hält. Entscheidend sei: „Was bringt jemand mit.“

Auch die 100.000 ausländischen Studenten in Bayern sind für Holtzwart ein großes Potenzial für die Wirtschaft, an das man besser herankommen müsse. „Da ist noch eine Reserve.“ Das oberfränkische Problem der leicht schrumpfenden Bevölkerung ist Holtzwart bekannt. Die Prognosen der Statistiker sind für ihn aber nicht in Beton gegossen: „Das kann sich noch deutlich ändern.“

Schöffel für mehr Förderung von Schulabgängern ohne Abschluss

Entscheidend für die Zukunft sei, dass neue revolutionäre Entwicklungen wie die Digitalisierung vor Ort umgesetzt werden. „Dass es hier stattfindet.“ Und Holtzwart fragt: „Warum ist aus Quelle nicht Amazon geworden?“

Der CSU-Landtagsabgeordnete für den Wahlkreis Wunsiedel/Kulmbach, Martin Schöffel, wies in der anschließenden Diskussion darauf hin, dass sieben Prozent der Hauptschüler ohne Abschluss von der Schule gehen. „Da müssen wir individuell fördern.“ Zeitarbeit und befristete Verträge seien für den Einstieg in die Berufswelt wichtig, meint Schöffel.

Sein Landtagskollege Thorsten Glauber (Freie Wähler/Forchheim) fordert, dass sich die Berufsschulen viel breiter aufstellen. Wenn man Fachkräfte vor Ort brauche, müsse man sie vor Ort ausbilden und nicht 200 Kilometer in die nächste Berufsschule schicken. Das schrecke potenzielle Auszubildende nämlich ab.

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