Urteil des Landgerichts in Indizienprozess Freispruch von Brandstiftung beim BRK

Von Manfred Scherer
In einem Indizienprozess um Brandstiftungen in Kulmbach wurden einem Angeklagten Wachsreste zum Verhängnis. Foto: Britta Pedersen dpa-Archiv Foto: red

Dreieinhalb Jahre Haft hat das Landgericht Bayreuth gegen einen 35-jährigen Mann verhängt und ihn schuldig gesprochen, in der Nacht zum 2. Februar in der Johann-Eck-Straße in Kulmbach ein Auto angezündet zu haben. Von der ebenfalls angeklagten Brandstiftung an einem Fahrzeug der Wasserwacht am 12. November 2016 sprach das Gericht den Mann mangels Beweisen frei.

 
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Das Urteil in dem Indizienprozess verkündet das Landgericht erst am Montagabend. Staatsanwalt Bernhard Böxler hatte zuvor zwei Schuldsprüche beantragt. Verteidiger Thomas Jauch dagegen zwei Freisprüche.

Ehe Böxler und Jauch plädieren konnten, musste sich die Strafkammer um den Vorsitzenden Michael Eckstein eingehend mit Alibizeugen befassen, die den Angeklagten aus Sachsen-Anhalt, der im Herbst 2016 an die Lebensmitteltechnikerschule nach Kulmbach gekommen war, entlasteten. Zwei Mitschüler hatten bezeugt, an jenem Abend im November 2016, als das Fahrzeug der Wasserwacht in der Flessastraße brannte, mit dem Angeklagten in der Oberen Stadt auf Kneipentour gewesen zu sein. Demnach knapp zwei Kilometer entfernt. Und die Mitschüler hatten eine junge Frau, die ebenfalls zur selben Schule ging, als weitere Alibizeugin genannt.

Zeugin liest aus ihrem Handy vor

Deswegen wurde diese Frau am Montag als Zeugin aufgerufen. Sie bestätigte nicht, dass sie an jenem 12. November mit auf Kneipentour war. Sie berichtete auch, dass einer der beiden Mitschüler, die am vergangenen Freitag ausgesagt hatten, ihr per Whatsapp nahegelegt hatte, sich im Prozess an nichts zu erinnern. Die Folge: Die Zeugin musste den gesamten Chat mit dem Alibizeugen vorlesen, worin es in einer Nachricht des Alibizeugen unter anderem heißt, er habe wohl seine Aussage vor Gericht zugunsten des angeklagten Mitschülers „verkackt“.

Während Staatsanwalt Böxler einen Anfangsverdacht der Anstiftung zur Falschaussage bejahte, blieb der Angeklagte selbst gelassen – und legte sein Smartphone als Beweis vor. Falls es einen Versuch der Aussagemanipulation gebe, wäre es logisch, dass sich auf seinem Handy Spuren finden. Die Sichtung ergab: Nichts verdächtiges.

Durch die Vorstrafen ins Visier geraten

Dem Angeklagten wurden zwei Dinge zum Verhängnis: Erstens ist er in Sachsen-Anhalt wegen zweier Brandstiftungen vorbestraft. Im krassesten Fall zündete er das Auto eines Mannes an, mit dem seine Ex-Freundin ein Verhältnis angefangen hatte. Nur deshalb geriet der 35-Jährige, der seiner Aussage zufolge „diesmal unschuldig“ ist und in Kulmbach „ein neues Leben anfangen“ wollte, ins Visier der Polizei. Sein Verteidiger beschrieb das so: „Man suchte nach den üblichen Verdächtigen und fand meinen vorbestraften Mandanten.“ Der Angeklagte selbst bestritt bis zuletzt, etwas mit den Kulmbacher Brandstiftungen zu tun zu haben: „Egal, wo ich hinziehe, ich brauche immer ein Alibi, wenn es wo brennt.“

Staatsanwalt Böxler verwies in seinem Plädoyer auf eine geschlossene Indizienkette in beiden Fällen. Zehn Jahre habe in Kulmbach kein Auto gebrannt, kaum sei der 35-Jährige neu zugezogen, habe es zwei Fälle gegeben. Nach seiner Festnahme – erst das Landgericht hatte den Haftbefehl des Amtsgerichts wieder aufgehoben – habe die Polizei keinen derartigen Fall mehr verzeichnet. Als weiteres Indiz führte Böxler an, dass beide Tatorte direkt vor den Wohnungen des Angeklagten gelegen seien. Der Mann war nach dem ersten Feuer am BRK-Standort aus dem Wohnheim seiner Schule weggezogen – in die Johann-Eck-Straße. Als gewichtigstes Indiz für den zweiten Fall nannte der Staatsanwalt Kerzenreste, die an dem rechten Hinterreifen des ausgebrannten Autos gefunden wurden. In der Wohnung des Angeklagten fand die Kripo einen roten Kerzenstummel. Der Angeklagte gab zu, üblicherweise vom Rand der Kerze Wachsstücke abzubrechen, damit er sie besser anzünden könne.

Die Wachsreste bezeichnete das Gericht in der Urteilsbegründung als wichtigstes Indiz für den einen Schuldspruch. Dass im Fall des angezündeten Wasserwachtfahrzeugs Freispruch erfolgte, begründete Richter Eckstein so: „Die Beweislage ist zu dünn.“

In seinem letzten Wort beschwerte sich der Angeklagte, dass man ihn gerüchteweise auch einer angeblichen Anschlagserie gegen BRK-Fahrzeuge verdächtigt habe, auch in den Medien. Dabei habe der BRK-Chef als Zeuge ausgesagt, dass sich mittlerweile herausgestellt habe, dass an den BRK-Fahrzeugen entgegen früherer Annahmen Radmuttern eben nicht gelockert worden seien.

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