In der Steinzeit-Forschung sind vier unterschiedliche Schlag-Techniken bekannt, mit denen Oldowan-Werkzeuge in der frühen Steinzeit hergestellt wurden. Obwohl 25 der 28 Versuchspersonen vorher noch nie solche Steinwerkzeuge in der Hand gehalten hatten, erfanden die meisten von ihnen zumindest eine dieser Techniken in den Versuchsräumen der Tübinger Universität neu. Und am Ende der Experimente hatten die Forscher sogar alle vier bekannten Altsteinzeit-Techniken der Oldowan-Kultur beobachtet. „Offensichtlich klappt das Herstellen von diesen einfachen Steinwerkzeugen auch ohne Vorbilder“, fasst Claudio Tennie dieses Ergebnis der experimentellen Archäologie zusammen.
Erfinderische Steinzeitmenschen, dir ihr Wissen nicht weitergaben
„Ich fand es schon immer ein wenig übertrieben, in diesem frühen Stadium der menschlichen Entwicklung bei den Oldowan-Steinwerkzeugen von Kulturen zu sprechen“, erklärt Alexander Binsteiner. „Anscheinend hatte die Gattung Homo schon früh das Bedürfnis und die Fähigkeit Geräte herzustellen, die den Alltag erleichtern“, überlegt der Feuerstein-Spezialist. Und weiter: „Daher sind solche Experimente, auch wenn sie wohl einige Kritik hervorrufen werden, ein wichtiger Mosaikstein beim Erforschen der menschlichen Natur“.
Aber auch wenn heutige Menschen, die in einer von sehr viel Technik geprägten Welt leben, zwar nicht das Rad, aber immerhin einfache Steinwerkzeuge neu erfinden, drängt sich die Frage auf, ob auch die in der Natur lebenden Urmenschen diese Eigenschaft hatten? Claudio Tennie glaubt das durchaus: „Die Oldowan-Technik gibt es bereits seit 2,6 Millionen Jahren, ohne dass wesentliche Änderungen auftraten“, erklärt der Forscher. „Man kann sich kaum vorstellen, dass ein solches Wissen um die Herstellung dieser Werkzeuge von Generation zu Generation weiter gegeben wurde, ohne dass es dadurch zu einer Akkumulation von Wissen gekommen ist.“ Viel naheliegender ist die Erklärung, dass die einfachen Steinwerkzeuge immer wieder neu erfunden wurden.