Unterschiedliche Rechtsauffassungen bei Plädoyers im Raps-Prozess Millionen-Untreue: Staatsanwalt beantragt Haftstrafe

Von Manfred Scherer
Im Prozess um die Millionenuntreue beim Kulmbacher Würzmittelhersteller Raps haben Anklage und Verteidigung am Montag die Plädyers gehalten und völlig unterschiedliche Anträge gestellt. Foto: dpa Foto: red

Hopp oder Topp heißt es in Hof nach den Plädoyers von Anklage und Verteidigung im Prozess um die Millionen-Untreue beim Kulmbacher Würzmittelhersteller Raps. Staatsanwalt Matthias Goers und Verteidiger Volker Beermann kamen zu völlig gegenteiligen Auffassungen.

 
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Während Staatsanwalt Goers auf Schuldspruch und eine Haftstrafe von drei Jahren und neun Monaten plädierte, meint Verteidiger Volker Beermann, sein Mandant müsse freigesprochen werden. Das Urteil will die 4. Strafkammer am Donnerstag verkünden.

Wie mehrfach berichtet, hatte der 46-jährige Angeklagte, ein Mann aus Kulmbach, als Geschäftsführer der Raps-Auslandsniederlassung in Belgien mit Geldern vom Festgeldkonto der Firma in extrem riskante, und höchstwahrscheinlich betrügerische, Öl-/Gasgeschäfte investiert.

Die Hoffnung auf versprochene Renditen von bis zu 15 Prozent erfüllte sich nicht. Im Frühjahr 2012 stellte das Unternehmen fest, dass von dem Festgeldkonto insgesamt 1,744 Millionen Euro verschwunden waren – versickert in dunkle internationale Kanäle, auf dem Umweg über Banken in Zypern, Singapur oder Taiwan.

Der Angeklagte, der sich vom Lehrling zu einem der angesehensten Manager bei Raps hochgearbeitet hatte, behauptete im Prozess zunächst, er habe mit den Investments den Gewinn seiner Firma mehren wollen. Im Lauf des Verfahrens modifizierte er seine Aussage und räumte ein, dass er die Firmengelder erst dann verwendete, nachdem er 330 000 Euro seines Privatvermögens in die Risikoinvestments gesteckt und nicht zurückerhalten hatte.

Für Staatsanwalt Goers liegt hierin das Motiv: „Verwendung der Firmengelder zur Rettung des Privatvermögens.“ Nach Ansicht des Anklägers ist die Untreue erwiesen: Dem Unternehmen Raps sei ein erheblicher Schaden entstanden, der von dem Angeklagten auch bewusst in Kauf genommen worden sei: „Er hat als fähiger Kaufmann die riskanten Geschäfte durchschaut.“ Entgegen der Anklage, die dem 46-Jährigen schwere gewerbsmäßige schwere Untreue zur Last gelegt hatte, plädierte der Staatsanwalt lediglich auf einfache Untreue. Hintergrund: Damit die in Belgien begangenen Taten auch in Deutschland abgeurteilt werden können, muss die deutsche Justiz analog dem belgischen Strafrecht vorgehen – das belgische Strafrecht sieht keinen besonders schweren Fall vor.

Das belgische Strafrecht nimmt Verteidiger Beermann dagegen als gewähr für den von ihm geforderten Freispruch. Beermann sagte: „Für rechtlich interessante Verfahren wie diese haben wir alle doch Jura studiert.“ Nach Ansicht Beermanns müsse sein Mandant aus zwei unterschiedlichen Erwägungen freigesprochen werden: Nach dem deutschen Strafrecht sei seinem Mandanten kein Vorsatz nachzuweisen. „Er hat bis zuletzt geglaubt, dass er das investierte Geld zurück bekommt.“ Beermann berichtete von der ersten Beschuldigtenvernehmung seines Mandanten bei der Kripo. Zu der Befragung brachte der 46-Jährige einen Überweisungsbeleg über 6000 Euro mit. Mit dieser Summe, so behauptete der ehemalige Raps-Manager, werde er endgültig seine privaten 330 000 Euro und die 1,744 Millionen Firmengelder auslösen. Beermann: „Er hatte schlichtweg null Ahnung von den riskanten Anlagen. Er glaubte fest daran. Er überfuhr zwar eine rote Ampel, war sich aber sicher, dass kein Unfall passiert.“

Die Diskussion des Vorsatzes ist für den Verteidiger jedoch nur eine theoretische, denn der Freispruch müsse schon deshalb erfolgen, weil deutsches Strafrecht auf den Fall nicht angewendet werden könne. Im belgischen Strafrecht gebe es für die Untreue abweichende Vorgaben, unter anderem, dass dort mit direktem Vorsatz gehandelt werden müsse.

Auf die Vorsatz-Diskussion erwiderte Staatsanwalt Goers, dass es sehr wohl konkrete Hinweise auf einen Vorsatz des Angeklagten gebe – etwa den Umstand, dass der Angeklagte die Reste seines Privatvermögens mit Hilfe einer Gütertrennung auf seine Ehefrau überschrieben habe.

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