In der Basilika dei Santi Maria e Donato auf der Insel Murano putzten freiwillige Helfer das byzantinische Mosaik aus dem 12. Jahrhundert. Denn das Gift ist das Meerwasser. Zieht sich das Wasser zurück, bleibt das Salz und zerfrisst langsam Marmor und Mosaike. "Das Risiko der Zersetzung ist groß", sagte Carpani. Hinzu kommen giftige Schmutzpartikel im Wasser, die von Kreuzfahrtschiffen stammen.
"Wenn man sieht, wie Straßen in reißende Flüsse verwandelt werden und Mosaike unter Wasser stehen, dann merkt man, dass das eine viel größere Katastrophe ist, als die Fernsehbilder zeigen", sagte Kulturminister Franceschini. Es sei nun ein "viel breiter gefassterer, kultureller Ansatz" notwendig. Was er damit meint, blieb unklar.
Man kann es aber ahnen. Venedig braucht eine allumfassende Lösung, wie mit den Folgen des Klimawandels und dem steigenenden Meeresspiegel umzugehen ist. Obwohl seit Jahrzehnten um einen Flutschutz gestritten wird, gibt es ihn bisher immer noch nicht. 2021 soll es nun wirklich soweit sein, dass das System namens "Mose" in Betrieb geht. Ausfahrbare Barrieren sollen die Stadt dabei an drei Laguneneingängen schützen.
Viele sind skeptisch. "Es geht nicht um dieses Hochwasser. Es geht nicht nur um den Markusdom", sagte der italienische Kunsthistoriker Salvatore Settis, der das Buch "Wenn Venedig stirbt" geschrieben hat, der Deutschen Presse-Agentur. "Ganz Venedig sackt ab. Es ist eine tragische, dramatische Lage. Weder die Regierung in Rom, noch die lokale Regierung, noch die Kommune tut was dagegen."
Venedig muss auch eine Lösung für den Massentourismus finden, an dem die Stadt wie an einer Droge hängt. Für Settis gibt es nur radikale Maßnahmen. Erstens müssten sofort alle großen Kreuzfahrtschiffe aus der Lagune verbannt werden. "Aber für den Bürgermeister ist die Lösung, einen weiteren Kanal für die großen Schiffe zu graben", kritisierte er. Doch die Geschichte habe gezeigt, was solch ein Eingriff in das Ökosystem bedeute: 1966 überschwemmte die bisher schlimmste Flut Venedig. Kurz davor wurde der "Canale Pretrolio" ausgehoben, damit die Tanker in den Industriehafen von Marghera fahren können.
Zweitens müsse endlich Klarheit geschafft werden, ob das Flutschutzprojekt "Mose" überhaupt noch zeitgemäß und fertigzustellen sei - nach all den Skandalen der vergangenen Jahre, so Settis. Aber: "Wenn sich der Berliner Pannen-Flughafen zehn Jahre verzögert, geht Berlin nicht unter. Wenn sich "Mose" zehn Jahre verzögert, geht Venedig unter."