Unerlaubte Tour im offenen Cabrio?

Von Sonny Adam
Auch Oberbürgermeister Henry Schramm und Innenminister Joachim Herrmann (beide CSU) müssten sich an die Gurtpflicht halten. Das sagen Vertreter von Faschingsgesellschaften, die sich wundern, dass bei ihren Umzügen offenbar strengere Maßstäbe gelten als bei der Motorradsternfahrt. Foto: Andreas Harbach Foto: red

Den Ordnungsbehörden ist das schon lange ein Dorn Auge: wenn Prinzenpaare bei Faschingsumzügen hinten auf dem Cabrioheck sitzend dem Volke winken. Am vergangenen Sonntag setzten sich Oberbürgermeister Henry Schramm und sogar Innenminister Joachim Herrmann über das Verbot hinweg.

 
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Die Motorradsternfahrt ist jedes Jahr ein großes Spektakel. Auch Innenminister Joachim Herrmann (CSU) reist persönlich an. Aus Termingründen kam er diesmal nicht wie in den Vorjahren mit dem Motorrad, sondern fuhr beim Korso mit. Seite an Seite saß der Innenminister mit Oberbürgermeister Henry Schramm im offenen Cabrio. Allerdings nicht auf dem Rücksitz: Minister und Oberbürgermeister hatten sich hinter den Kopfstützen auf dem hergeklappten Verdeck des Autos niedergelassen.

Landrat Klaus Peter Söllner und die Regierungspräsidentin Heidrun Piwernetz fuhren ebenso in einem offenen Cabrio mit. Aber verboten ist das trotzdem. Denn die Straßenverkehrsordnung schreibt vor, dass bei Umzügen und Korsos, auch bei niedrigen Geschwindigkeiten, die allgemeine Gurtpflicht gilt und dass nur auf den vorhandenen Sitzen gesessen werden darf. Seit Jahren sind Manfred Amschler und Uwe Limmer vom Sachbereich Verkehrswesen beim Landratsamt unterwegs und versuchen den Vereinen und Faschingsgesellschaften diese Sicherheitsvorschriften nahezubringen.

Vor den großen Faschingsumzügen haben beide unmissverständlich darauf hingewiesen, dass Faschingsprinzessinnen und Majestäten nicht vom Cabrioheck ihren Untertanen zuwinken dürfen. Amschler und Limmer pochen darauf, dass das Recht eingehalten wird. Wer er es nicht beachtet, begeht eine Ordnungswidrigkeit und muss mit einem Bußgeld rechnen. Denn die Gefahr, dass jemand bei einer plötzlichen Bremsung oder bei abruptem Anfahren vom Auto kippt, sei einfach zu groß, erklären die beiden immer wieder. Tatsächlich hat es solche Unfälle in der Region schon gegeben.

Faschingspräsident: Das sind keine Vorbilder

Doch offenbar gilt das, was für die Vereine gilt, nicht für Politiker. „Als kleiner Vereinspräsident kommt man sich schon komisch vor, wenn man das sieht. Wir müssen uns – aus Angst vor der Haftung – an die Vorschriften halten, und die Promis machen’s nicht“, sagt Andy Sesselmann, der Präsident der Faschingsgesellschaft Stadtsteinach. „Mich haben viele Leute darauf angesprochen, man sieht ja die Bilder in der Zeitung. Ich kann nur sagen, solche Vorbilder sind für mich keine Vorbilder“, kommentiert Sesselmann das Verhalten von Schramm und Herrmann während des Korsos.

Und auch Kathrin Limmer, zuständig beim Landratsamt für öffentliche Sicherheit, sagt deutlich, dass das Sitzen auf dem Cabrioheck nicht zulässig sei. „Es gibt schon die Möglichkeit, sich von der Gurtpflicht befreien zu lassen, aus gesundheitlichen Gründen. Aber nicht für so etwas“, sagt Limmer.  „Wenn wir als Landratsamt einen Genehmigungsbescheid für eine solche Veranstaltung erlassen, dann erwähnen wir das Sitzen auf Cabrios immer explizit: Es ist verboten.“

Landratsamt: Nicht obendrauf setzen

Doch zwingen könne man natürlich niemanden, sich an die Vorschriften zu halten. Dann sei aber nicht das Amt, sondern der Veranstalter oder die betreffende Person haftbar. „Eigentlich müsste man denen, die sich jetzt nicht daran gehalten haben, in einem persönlichen Gespräch die Gefahren klarmachen und erklären, dass es einfach vernünftiger ist, sich nicht obendrauf zu setzen“, sagt Limmer aus rein juristischer Sicht.  

Die Stadt Kulmbach gibt auf Nachfrage dieser Zeitung keinen Kommentar dazu ab, sondern betont, dass das Polizeipräsidium den Motorrad-Korso mitveranstaltet und somit auch mit verantwortlich sei, teilt Pressesprecher Tobias Günther schriftlich mit.

Kein Kommentar

Doch dies ist mitnichten der Fall, sagt der Polizeisprecher Alexander Czech. Der Polizeipräsident Reinhard Kunkel habe wie in jedem Jahr auch beim jüngsten Motorrad-Korso angeschnallt auf dem Beifahrersitz des Cabrios gesessen. Zudem sei die Stadt Kulmbach die Genehmigungsbehörde. Die Stadt müsse also darauf achten, dass die Genehmigung eingehalten werde. Seitens der Politiker wurde kein Kommentar abgegeben.

Innenministerium: "Nicht-öffentlicher Verkehrsgrund"

Das Innenministerium beruft sich darauf, dass die Sicherheit in jedem Fall gewährleistet gewesen sei. „Ein angemessenes Ordner- und Polizeiaufgebot sicherte die Veranstaltung ab. Es gab eine weitläufige Absperrung durch Absperrgitter. Zusätzlich wurde der Korso von einer Vielzahl von Polizeimotorrädern begleitet, vor allem an der Spitze und als Schlussfahrzeuge. Dadurch konnten wir sicherstellen, dass im Durchschnitt nur mit Schrittgeschwindigkeit gefahren wurde. Auch konnten wir verhindern, dass Fußgänger oder sonstige Hindernisse auf der Fahrbahn zu plötzlichen Bremsmanövern führten“, so die Stellungnahme aus dem Ministerium. Rechtlich sei die Fahrstrecke also als nicht-öffentlicher Verkehrsgrund zu würdigen, sagt das Ministerium und folgert: damit wäre das Sitzen auf dem Heck erlaubt.

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