Überstunden Kulmbacher verschenken 5,2 Millionen Euro

Die NGG fordert 3000 Euro Einstiegsgehalt für Koch-Azubis. Foto: dpa/Gollnow

Angestellte in der Gastronomie leisten besonders häufig unbezahlte Überstunden. Das könnte sich für die Branche noch rächen, warnt die Gewerkschaft NGG.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

Rund 567.000 Überstunden haben die Menschen im Landkreis Kulmbach im vergangenen Jahr am Arbeitsplatz zusätzlich geleistet. Davon 360.000 Arbeitsstunden ohne Bezahlung. Das geht aus dem „Überstunden-Monitor“ vom Pestel-Institut hervor. Die Wissenschaftler haben dabei die Überstunden im Auftrag der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) untersucht.

Ein pikantes Ergebnis: „Alle Beschäftigten zusammengenommen haben den Unternehmen im Landkreis Kulmbach durch unbezahlte Mehrarbeit rund 5,18 Millionen Euro quasi ‚geschenkt‘. Und das ist schon äußerst sparsam – nämlich nur auf Mindestlohn-Basis – gerechnet“, sagt Michael Grundl von der NGG Oberfranken. Außerdem sei der Überstunden-Berg auch ein Gradmesser für den „massiven Fachkräftemangel“. „Allein in Hotels, Restaurants und Gaststätten leisteten die Beschäftigten im vergangenen Jahr im Landkreis Kulmbach rund 10.000 Überstunden. 4000 davon ohne Bezahlung – quasi für umsonst“, heißt es vom Pestel-Institut.

Die Wissenschaftler haben bei ihrer Untersuchung aktuelle Mikrozensusdaten ausgewertet. Basis der Überstunden-Berechnung ist die Übertragung von Durchschnittswerten auf den Landkreis Kulmbach.

Mit Blick auf die Überstunden warnt die Gewerkschaft: Hotellerie und Gastronomie könnten nicht dauerhaft auf die „Goodwill-Überstunden“ ihrer Beschäftigten bauen. „Es wird höchste Zeit, das Fachkräfte-Loch zu stopfen, das die Corona-Pandemie noch vergrößert hat.

Das klappt allerdings nur, wenn Hotels und Restaurants bereit sind, attraktive Löhne zu bezahlen. Perspektivisch muss der Einstiegslohn für eine Köchin oder einen Restaurantfachmann nach der Ausbildung bei 3000 Euro pro Monat für einen Vollzeitjob liegen“, sagt Grundl. Dieses „Lohn-Ziel“ müsse die Gastro-Branche Schritt für Schritt erreichen. Nur dann werde es gelingen, junge Menschen für eine Ausbildung im Hotel oder Restaurant zu gewinnen.

Das Gastgewerbe erlebe gerade einen regelrechten „Fachkräfte-Schwund und Mini-Job-Schub“. Ob in der Küche, im Service, an der Hotelrezeption oder an der Bar: „Die Branche versucht, fehlende Fachkräfte immer häufiger durch angelernte Beschäftigte zu ersetzen“, sagt Grundl. Mittlerweile seien 55 Prozent der Gastro-Beschäftigten im Kreis Kulmbach Mini-Jobber.

Der Fachkräfte-Mangel und eine faire Bezahlung in der Gastronomie, im Lebensmittelhandwerk und in der Ernährungsindustrie werden auch ein Schwerpunktthema auf dem Gewerkschaftstag der NGG Mitte November in Bremen sein, zu dem auch Bundeskanzler Olaf Scholz erwartet wird.

Autor

Bilder