Für einige Landwirte ist der Kükentourismus jedoch keine Lösung. Sie schließen sich Projekten wie „Mein Buderhahn“ oder „Huhn und Hahn“, einer Initiative von Familienbetrieben aus Baden-Württemberg und Bayern, an. Durch einen Aufpreis von meist drei Cent pro Ei wird die Aufzucht der Hähne in Deutschland finanziert. Die Hähne werden in speziellen Aufzuchtbetrieben großgezogen und ihr Fleisch als Frikassee, Wurst oder Suppe in einer gekennzeichneten Produktlinie vermarktet.
Auch Landwirt Daniel Ehmann, der auf dem Hagenauer Hof in Neuhausen auf den Fildern 25.000 Legehennen hält, hat sich der Initiative „Huhn und Hahn“ angeschlossen. Seine Hähne leben auf einem Betrieb im Nordosten des Landes, geschlachtet werden sie im Oberschwäbischen. Sein größter Fleischabnehmer ist der Maultaschenhersteller Bürger, der eine Maultasche mit Fleisch von Bruderhähnen anbietet.
Wer kauft teure Eier in der Krise?
Die Aufzucht der Bruderhähne in Deutschland und die Vermarktung des Hahnenfleisches klingt zunächst nach einer guten Lösung. Umsetzbar für die gesamte Eierindustrie ist das jedoch nicht, sagt der Bundesverband Ei, der die Interessen der Legehennenhalter vertritt. Denn 50 Millionen Legehennen, die derzeit in Deutschland gehalten werden, würden etwa 50 Millionen Hähne bedeuten. Erstens gebe es derzeit hierfür weder Aufzucht- noch Schlachtkapazitäten. Zweitens müsste jedes der 13 Millionen Eier um einige Cent teurer werden, um das Leben der Hähne zu finanzieren. Doch teure Eier sind gerade in Inflationszeiten bei Konsumenten weniger beliebt. Auch der Absatz des Hahnenfleisches floriert nicht. Landwirt Ehmann muss derzeit seinen Hof mit einem Umsatzverlust von 30 Prozent durch die Krise steuern.
Ist der Kauf von Eiern aus Bruderhahn-Initiativen also sinnvoll? Wer weiter Eier essen möchte, trifft mit solchen vom Hagenauer Hof sicher eine gute Wahl und schließt den Export von Küken und Junghähnen nach Polen aus. Achten sollte man dabei auf ein Siegel, das auf Eierkartons gedruckt ist. Zahlreiche Bioverbände haben mittlerweile ihre eigenen Initiativen gegründet. Mit dem Kauf von Produkten aus Bruderhahnfleisch, die es teilweise in Supermärkten und Hofläden gibt, kann man zudem die Aufzucht von Hähnen mitfinanzieren.
Vorerst kein Ende des Kükentötens in Sicht
Fakt ist jedoch, dass solche Initiativen nur Zeugnis eines politischen Versuchs sind, der derzeit nicht den flächendeckenden Wandel in der Eierindustrie erbringt, der nötig wäre. Solange Verbraucher möglichst günstige Eier fordern, die Industrie weiter auf Eier mit Kükentöten setzt und solange Deutschland von Ländern umzingelt ist, die männliche Küken für uns vergasen, wird das Kükentöten kein Ende haben.
Die gute Nachricht: Ebenso wie Österreich will Frankreich Ende des Jahres mit einem Verbot nachziehen und sich gemeinsam mit Deutschland für ein EU-weites Verbot einsetzen.