Auch am Sonntag rückte die Staatsanwaltschaft nur spärliche Informationen heraus. Der Verdächtige habe sich geäußert, aber wozu genau und in welchem Umfang, sagte ein Sprecher nicht. Laut „Bild am Sonntag“ soll der mutmaßliche Täter Vater von drei Kindern zwischen sechs und zehn Jahren sein. Der bulgarische Fernsehsender Nowa Telewisija hatte berichtet, der Verdächtige sei bereits wegen Diebstahls, Raub und Hooliganismus bestraft worden sein.
"Perfide Form der Gewalt"
Der neue Berliner Innensenator Andreas Geisel (SPD) zeigte sich erfreut über den Fahndungserfolg. Zugleich appellierte er: „Eine solch perfide Form der Gewalt (...) muss von allen geächtet und entsprechend verfolgt werden.“
Doch die Strafverfolgung ist nur das eine. Das Gefühl von Sicherheit im öffentlichen Raum ist bei vielen erschüttert, obwohl die Zahl der Gewalttaten eher abnimmt. Immer wieder kommt es zu Attacken gegen Unbeteiligte. Erschreckend empfinden viele auch das Fehlen jeglicher Empathie bei Tätern.
Im Januar dieses Jahres stößt ein 20-Jähriger eine ihm völlig unbekannte Frau in Berlin vor eine U-Bahn. Die Frau stirbt, der Mann kommt in eine psychiatrische Klinik. Am Münchner S-Bahnhof Solln wird im September 2009 der Geschäftsmann Dominik Brunner von zwei Jugendlichen zusammengeschlagen. Brunner stirbt an Herzversagen, er hatte sich schützend vor vier Kinder gestellt.
Wissenschaftler: Das Video ist "attraktiv"
Dass so viele Menschen Anteil nahmen an dem Berliner Fall, erklärte der Kommunikationswissenschaftler Martin Emmer von der Freien Universität Berlin so: „Dieses Gefühl „Das hätte ja ich sein können“ macht betroffen und fasziniert zugleich.“ Das Video sei für Nutzer attraktiv - obwohl es eine schlimme Szene zeigt. In diese Situation könne im Alltag jeder geraten.
Auch Prominente hatten sich zu Wort gemeldet. Der Schauspieler Jan Josef Liefers, bekannt als „Tatort“-Rechtsmediziner Professor Boerne, postete auf Facebook: „Berlinerinnen, Berliner! Erkennt jemand diese feigen Idioten?“. Auch seine Frau, die Sängerin und Schauspielerin Anna Loos, rief zur Mithilfe auf.
Der Inhaber einer Berliner Wachfirma, Michael Mike Kuhr, hatte sich ebenfalls auf Facebook gemeldet und 2000 Euro für Namen und Adresse des Täters ausgesetzt. Nun hat er eine Stiftung gegründet. Er wolle damit zur Aufklärung von Gewaltverbrechen mit beitragen und die staatliche Strafverfolgung unterstützen.
dpa