Türksoy: Der herrliche Klang der Welt

Von Frank Piontek
Der Kammerchor Turksoy in der Schlosskirche. Foto: Ronald Wittek Foto: red

Stellen Sie sich eine Art Vereinter Nationen der türkischen Welt vor. Und dann noch dazu, dass diese Auswahl richtig gut singt - dann haben Sie einen Begriff von "Türksoy". Konzerte des Kammerchors gehören zu den Glanzlichtern des Festivals Junger Künstler. 

 
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Glückliches Bayreuth! Wer Zeit hatte, konnte erst am Wochenende drei ausgezeichnete Konzerte in der Schlosskirche hören: mit einem hervorragenden Männerchor und dem vermutlich besten ungarischen Klavierduo der Gegenwart, die zwei kostbare Raritäten in die Stadt brachten. Nun steht ein Kammerchor an der selben Stelle, der das Allgemeine sommerliche Musikfest auf seine Weise fortsetzt. Es ist dies ein guter Brauch des Festivals Junger Künstler: immer wieder Formationen des Ostens einzuladen, die zwischen Orient und Okzident verbinden. Wichtiger als die politische Korrektheit aber bleibt die Qualität, ohne die das humanistischste Festival verloren wäre. „Türksoy“ zeichnet sich nicht allein dadurch aus, das in dieser 1993 gegründeten Organisation Menschen aus Aserbaidschan, Kasachstan, Kirgistan, Usbekistan, Turkmenistan und nicht zuletzt der Türkei zusammenkommen, um eine Art Vereinter Nationen der türkischen Welt zu bilden. Der Kammerchor wäre kaum der Rede wert, wäre er nicht so – nun ja: hervorragend.

Eine Brücke zwischen Abend- und Morgenland

Die 30 jungen Leute „können“ nämlich anscheind alles. Unter der Leitung der Maestra Gulmira Kuttybadamova springen sie von Okzident zu Orient, ohne je in Stilbrüche zu verfallen: von Mozarts mystisch, also sehr katholisch gebrachtem „Ave verum corpus“ und Tschaikowskys bassschwerer, erzählerisch geführter Chorlegende über die Volkslieder und traditionalistischen wie expressiven Originalkompositionen der Türksoy-Heimaten zu den Standards der Gegenwart. Was für Tschaikowsky gilt, gilt für alle Stücke: eine genaue Artikulation verbindet sich mit klanglicher Feinmalerei und einer Feinabstimmung, die das Publikum schlichtweg entzückt. Manchmal ist der Klang weder männlich noch weiblich, er ist irgendwo dazwischen, wo der herrliche Klang der Welt sich in den Rhythmen der fernen Länder fängt. Jedes Stück klingt tatsächlich anders - und zwischendurch wird auch getanzt, ohne dass es peinlich wirkte; die Altarstufen halten das sehr gut aus.

Ja, die unbefangenen und doch konzentrierten jungen Leute können das alles, Thomas Morleys fröhliches Mailied, Liebeslieder in fremden Sprachen und „Sweet low, sweet chariot“, das für ihre feinen und kräftigen Kehlen komponiert scheint. Sie können es – und sie singen all das doch mit unverstellter Stimme.

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