In Istanbul belagerten am Dienstag Anhänger der islamisch-konservativen Regierungspartei AKP erneut die Redaktion der "Hürriyet". Zunächst hätten sich etwa hundert Menschen vor dem Gebäude versammelt und den Namen von Staatschef Recep Tayyip Erdogan sowie "Gott ist groß" gesungen, berichtete die Zeitung auf ihrer Website. Dann hätten sie das Redaktionsgebäude mit Steinen beworfen und dabei Scheiben eingeschlagen. Die Demonstranten verschafften sich laut "Hürriyet" gewaltsam Zutritt zu dem Gebäude. Die Polizei habe die Demonstranten zurückgedrängt.
Bereits am Sonntagabend hatten etwa hundert AKP-Anhänger das Redaktionsgebäude gestürmt. Auslöser war offenbar eine Twitter-Meldung der "Hürriyet" über eine Äußerung Erdogans über eine fehlende absolute Mehrheit. Die Zeitung stellte in ihrem Tweet diese Äußerung in Zusammenhang mit einem PKK-Angriff auf türkische Soldaten.
Am Sonntag hatte die PKK ihren schwersten Angriff seit Mai 1993 verübt: Im südtürkischen Daglica in der Nähe der irakischen Grenze töteten die Rebellen bei einem Bombenanschlag auf einen Militärkonvoi 16 Soldaten und verletzten sechs weitere. Bei einem weiteren PKK-Anschlag in der östlichen Region Igdir wurden am Dienstag 13 Polizisten getötet.
Erdogan hatte in der Vergangenheit wiederholt die Mediengruppe Dogan kritisiert, zu der "Hürriyet" gehört. Die Angriffe auf die Zeitung erfolgten inmitten wachsender Sorge über Einschränkungen der Meinungsfreiheit in der Türkei. Internetnutzer berichteten in der Nacht zum Mittwoch, sie hätten keinen Zugriff auf Twitter. Die türkische Regierung hatte den Kurznachrichtendienst in der Vergangenheit wiederholt blockiert.
Der türkische Regierungschef Ahmet Davutoglu verurteilte die Angriffe auf die HDP und die "Hürriyet" als "inakzeptabel". Niemand dürfe sich über das Gesetz stellen. "Wir werden nicht zulassen, dass Brüder sich gegenseitig bekämpfen", erklärte der Ministerpräsident und kündigte zugleich an, der Kampf gegen die PKK werde "mit Entschlossenheit" fortgesetzt.
afp