«Dass Ihr Gedicht geschmacklos, primitiv und beleidigend war, war ja - wenn ich es richtig verstanden habe - der Sinn der Sache», schrieb Döpfner, der nachdrücklich Partei für Böhmermann ergriff und dessen Gedicht als «ein Kunstwerk» bezeichnete. «Ich möchte mich, Herr Böhmermann, vorsichtshalber allen ihren Formulierungen und Schmähungen inhaltlich voll und ganz anschließen und sie mir in jeder juristischen Form zu eigen machen. Vielleicht lernen wir uns auf diese Weise vor Gericht kennen.»
Justizminister Heiko Maas (SPD) sagte in einem «Tagesspiegel»-Interview auf die Frage, was er von Böhmermann halte: «Er hat selbst gesagt, er habe ganz gezielt die Grenzen der Meinungsfreiheit ausloten wollen.» Maas wollte sich nicht dazu äußern, ob Böhmermann die Grenzen überschritten habe. Das stehe ihm als Justizminister nicht zu, sagte Maas auch mit Blick auf die laufenden Ermittlungen.
Von Böhmermann selbst war am Wochenende nichts zu hören. Eine Einladung zur ARD-Talkshow von Anne Will schlug er aus, wie eine Sprecherin der Moderatorin einen entsprechenden «Bild»-Bericht bestätigte. Demnach sagte auch «extra 3»-Moderator Christian Ehring seine Teilnahme an dem Polit-Talk zum Thema «Streit um Erdogan-Kritik - Kuscht die Bundesregierung vor der Türkei?» ab.
Auf Radio Eins vom Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) ließ Böhmermann außerdem seine Satire-Sendung «Sanft & Sorgfältig» ausfallen. Die Show, die er gemeinsam mit Musiker und Moderator Olli Schulz präsentiert, ist normalerweise immer sonntags zu hören. «Sie wissen ja sicher, was gerade rund um Jan Böhmermann los ist. Er hat es deshalb in dieser Woche nicht geschafft, diese schöne Unterhaltungssendung aufzunehmen», war am Sonntag im Internetauftritt von Radio Eins zu lesen.
Böhmermann war bereits am Freitagabend der Grimme-Preisverleihung im westfälischen Marl ferngeblieben. Dort wurde er für seine Satire um den Stinkefinger des ehemaligen griechischen Finanzministers Yanis Varoufakis ausgezeichnet («Varoufake»). Vom Deutschen Volkshochschul-Verband als Preisstifter erhielt der 35-Jährige zusätzlich die «Besondere Ehrung» für seine Verdienste um die Entwicklung des Fernsehens in der digitalen Welt. Dass die Grimme-Preisverleihung zeitlich mit der Debatte um das Erdogan-Gedicht zusammenfiel, war Zufall.
dpa