Traditionsveranstaltung vor ungewisser Zukunft - Karls verzweifelt gesucht Der traditionsreiche Koarlstag fällt heute aus

Von Andreas Gewinner
Karlstag vor zwei Jahren: vorne Karl Zeidler und Hermann Potzel, hinten Karl Beyer. In diesem Jahr fällt die Gefreeser Traditionsveranstaltung aus. Foto: Archiv/Judas Foto: red

Eine Gefreeser Institution wankt: Erstmals seit Jahrzehnten fällt der Gefreeser Koarlstag aus. Ein Aus für immer?

 
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Ein Maß Bier, gestiftet von der Kulmbacher Brauerei, gab es jeweils zum Koarlstag. Einer, der bis vor wenigen Jahren immer dabei war, ist Günter Seibel. Sein Vater Karl war Präsident der Karls. Zum Koarlstag schlüpfte Seibel junior in die Rolle des „Feuerwehrmanns“, der in Mundart und gereimt das örtliche Geschehen des vergangenen Jahres aufspießte. „Schade, dass so eine Tradition wegbricht, es gibt eigentlich genug Karls.“

Offenbar nicht genug, die sich der Sache annehmen wollen. Die Organisatoren des bisherigen Koarlstages sind entweder hoch betagt oder gesundheitlich angeschlagen. Wie Karl Beyer, der seit zehn Jahren das Protokollbuch führt, jedes Jahr auf einer Doppelseite: links die teilnehmer, rechts ein kurzer handschriftlicher Abriss des Abends, daneben der Zeitungsbericht. Der erste Eintrag ist von 1971, das vorige Protokollbuch ist verschollen. Festgehalten sind hier die Zeiten, als noch der jüngste und der älteste Karl am Koarlstag eine Rede halten mussten. Oder, dass das Lied "Man müsste nochmal 20 sein" der "absolute Höhepunkt" des Abends war. Nun kann Beyer wegen einer Krankheit nicht mehr Protokoll führen.

Der Gefreeser Koarlstag ist die einzige derartige Veranstaltung weit und breit. Schon seit vielen Jahren waren die Karls aus Gefrees selbst ohnehin in der Minderzahl jeweils am 28. Januar in der Gaststätte Zapp-Lochmüller, viele kamen bis aus Münchberg und Helmbrechts, aber auch aus Bindlach. „Wenn ich wenigsten Karl heißen würde“, meint Rudolf Ruckdeschel, Altbürgermeister von Gefrees und „Ehren-Karl“, „dann hätte ich mich der Sache vielleicht angenommen.“ Ruckdeschels Vater, der Karl hieß, lebt seit über 60 Jahren nicht mehr. Und auch er ging schon immer auf den Karlstag. Rudolf Ruckdeschel vermutet, dass die Tradition des Karlstages in Gefrees bis in die Zeit vor dem Ersten Weltkrieg zurückreicht. Ruckdeschel fürchtet, dass es nicht bei der einmaligen Absage bleibt. Sondern dass der Koarlstag in Gefrees für immer gestorben ist: „Die moderne Zeit spült das alles weg.“

Seit „mindestens 20 Jahren“ ist Karl Zeidler zum Koarlstag nach Gefrees gekommen. Der Goldkronacher hat stets mit Gstanzeln und kleinen Liedern zum Programm beigetragen. „Wir sind nicht wegen dem Bier, sondern wegen der Unterhaltung hingegangen. Und die, die mal da waren, sind immer wiedergekommen. Die Weitestgereisten kamen bis aus Münchberg.“ Zum Ende der Traditionsveranstaltung meint er: „Ist schade drum, aber so ist es halt.“

Seit zehn Jahren ist Hermann Potzel aus Nemmersdorf, auch ein „Karl ehrenhalber“ beim Koarlstag dabeigewesen. Der Nemmersdorfer hat mit seinem Akkordeon und Einlagen zur Unterhaltung beigetragen: „Der Name Karl ist sowieso nicht in Mode, und die, die Karl heißen, werden immer älter und sind irgendwann mal nicht mehr da. Das war wohl abzusehen. Was will man machen.“

Doch wenn es nach Karl und Ingrid Beyer geht, muss es mit der heutigen Absage nicht das Ende gewesen sein. "Mir fallen jede Menge Karls ein, aber keiner will, die denken alle, das ist mit Arbeit verbunden", so Ingrid Beyer, "vielleicht findet sich ja jemand, der es macht, wir heben das Protokollbuch mal auf.

Der Karlstag wird begangen am Todestag von Kaiser Karl dem Großen (28. Januar 814), dem ersten westeuropäischen Kaiser nach der Antike. Sein Reich umfasste weite Teile des heutigen Deutschlands und Frankreichs, später auch Italiens. Er unterwarf Bayern und führte in Sachsen gewaltsam das Christum ein. Karl dem Großen werden aber auch Verdienste um die Kultur und Bildung nachgesagt. Der Karlstag stand nicht nur Karls, sondern allen Namenvarianten offen: Charles, Karel, Carola, Karla, Carolin ...

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