Trabitz: 290 Jobs bei Faurecia weg

Von Udo Fürst
Der Autozulieferer Faurecia schließt sein Werk in Trabitz. Foto: Ronald Wittek/Archiv Foto: red

Der Automobilzulieferer Faurecia schließt sein Werk in Trabitz zum Jahresende. Davon betroffen sind 290 Mitarbeiter, darunter 21 Auszubildende. Das französische Unternehmen hatte die Belegschaft in dem Oberpfälzer Werk schon seit einigen Jahren immer wieder reduziert. In der Hochzeit beschäftigte Faurecia in Trabitz bis zu 700 Frauen und Männer. Kleine Randnotitz: Das Werk hätte heuer 75-jähriges Bestehen feiern können.

 
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12.30 Uhr vor dem Faurecia-Werkstor. Außer zwei Wachdienstmitarbeitern ist das Firmengelände wie ausgestorben. „Die sind alle heim nach der Betriebsversammlung“, sagt die Dame an der Anmeldung. „Ich hab das ja kommen sehen“, meint sie und zuckt resignierend die Schultern. Wenige Minuten zuvor hatte Faurecia-Geschäftsführer „Nordeuropa“, Helmut Freiermuth, die böse Botschaft überbracht und für Fassungslosigkeit bei der Belegschaft gesorgt, erzählt Betriebsratsvorsitzender Karl Boemmel später. Auch drei Kilometer weiter beim Schützenhaus in Preißach ist Resignation zu spüren. Aber auch Kampfgeist und Wut. Knapp hundert Faurecia-Mitarbeiter, darunter viele Gewerkschafter,  haben sich hier versammelt. Wenig später wird die IG Metall und der Betriebsrat hier eine Pressekonferenz geben. „Die haben uns beschissen und verarscht“, sagt ein Betroffener, der seinen Namen nicht nennen will, aber richtig Dampf ablässt. „Noch ist das letzte Wort nicht gesprochen, jetzt geht der Kampf erst so richtig los. Die lernen uns jetzt kennen“, droht er dem Unternehmen. Sein Kollege neben ihm sagt: „Wo soll ich mit 57 Jahren jetzt noch einen Job bekommen? Ich habe 25 Jahre hier gearbeitet und in den letzten Jahren auf einige Euro verzichtet. Alles umsonst.“

Mangelnde Wettbewerbsfähigkeit

Faurecia teilte zur Schließung gestern mit, dass es trotz interner Bemühungen nicht möglich gewesen sei, die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts ausreichend zu erhöhen. „Es konnten weder neue Aufträge gewonnen werden noch waren Verlagerungen anderer Produktionsvolumen nach Trabitz wirtschaftlich machbar. So steht das Werk nun vor weiteren Volumenrückgängen und Produktionsausläufen“, schrieb die Presseabteilung. Der 2. Bevollmächtigte der IG Metall, Udo Fechtner, bestreitet diese Darstellung und beschuldigt das Unternehmen, das Werk Trabitz ausbluten haben zu lassen. „Wenn Faurecia die Millionen, die sie jetzt Abfindung zahlen müssen, in die Modernisierung des Werks investiert hätten, stünden wir heute nicht vor einem Scherbenhaufen.“ Karl Boemmel sieht das ähnlich. „Das ging schon 2004 los, da haben sie 109 Leute entlassen, 2014 dann noch einmal 100. Einige Male haben wir auf viel Geld verzichtet. Wir wurden von der Firma immer wieder hingehalten.“ Fechtner bezeichnet Faurecia als eiskaltes Unternehmen. „Die Betriebsversammlung heute hat das wieder verdeutlicht. Die Schließung wurde in drei Sätzen verkündet, es gab kein Wort des Dankes für die Leute, die seit teilweise über 20 Jahren hier arbeiten.“   

Der Sozialplan soll greifen

Glück im Unglück sei, dass man vor zwei Jahren einen starken Sozialplan abgeschlossen habe. „Da haben wie viel erreicht und so können die Leute wenigstens auf eine anständige Abfindung hoffen, die wir mit allen Mitteln durchsetzen werden“, sagt der Gewerkschafter. Faurecia habe erst vor Kurzem eine Kunststofffirma für 600 Millionen Euro verkauft und so genügend Geld in der Kasse. Fechtner und Boemmel versprechen dem Unternehmen einen harten Kampf, für den sie auch die Solidarität der Bevölkerung und vor allem der Politiker einfordern. „Jetzt können die mal beweisen, dass sie nicht nur im Wahlkampf und bei Einweihungen ihren Allerwertesten hochbekommen.“  

Die überwiegende Teil der Faurecia-Belegschaft komme aus der näheren Region, aus etwa 20 Kilometern Umkreis. „Die Leute sind aus Trabitz, Pressath, Kemnath, Kastl, Creußen oder Speichersdorf“, weiß Boemmel. Für sie alle sei es natürlich sehr schwer, wieder einen adäquaten Arbeitsplatz zu finden. „Vor allem, wenn du über 50 bist.“ Dies sieht auch Kemnaths zweiter Bürgermeister Hermann Schraml so. „Das ist natürlich schade und trifft uns hart. Ich kenne einige Faurecia-Leute  um die Fünfzig persönlich. Das tut mir sehr leid.“ Auch der Bürgermeister von Neustadt am Kulm, Wolfgang Haberberger, bedauert die Schließung. „Ich hab das aber kommen sehen. Wenn du die besten Leute animierst wegzugehen, ist der Untergang vorprogrammiert.“ Seines Wissens betreffe es nicht so viele seiner Bürger. Viele hätten den Absprung schon vorher geschafft.