Touristen in Mexiko Urlaub in der Gefahrenzone

Klaus Ehringfeld
Todessymbole auf dem Surfbrett: Bei der Trauerfeier für die drei ermordeten US-Surfer demonstrieren Teilnehmer auch gegen das organisierte Verbrechen in Mexiko. Foto: AFP/Guillermo Arias

Rund einhundert Menschen sterben jeden Tag durch eine Gewalttat. Viele Landstriche des lateinamerikanischen Landes sind zu No-go-Areas geworden. Auch ausländische Touristen werden Opfer des organisierten Verbrechens.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

Es war ein grausames Ende, das die drei Surfer haben erleiden müssen. Die zwei Australier und der US-Amerikaner, alle um die 30 erst, wurden von ihren Mördern im mexikanischen Bundesstaat Baja California mit Kopfschüssen regelrecht hingerichtet und in einen Brunnen geworfen – alles nur, weil sie nicht die Reifen ihres SUV rausrücken wollten. Darauf hatten die Mörder ein Auge geworfen, weil sie diese für ihren eigenen Geländewagen wollten. In Mexiko werden Menschen auch schon für wesentlich weniger gemeuchelt. Das touristisch so attraktive Land auf der Grenze zwischen Nord- und Mittelamerika ist eigentlich nur noch für Gefahrensucher wirklich geeignet.

Der Tod der drei Surfer belegt tragisch, dass die entfesselte Gewalt in Mexiko schon lange auch vor Touristen keinen Halt macht. Rund einhundert Menschen werden in dem Land jeden Tag Opfer eines Gewaltverbrechens. 2022 – dem letzten Jahr, für das Daten des mexikanischen Außenministeriums vollständig verfügbar sind – starben im Land 192 US-Bürger. 46 dieser Todesfälle sind von den mexikanischen Behörden als Tötungsdelikte eingestuft worden.

Auch Deutsche unter den Opfern

Auch deutsche Urlauber kommen immer wieder in Mexiko ums Leben. 2018 wurde ein Radfahrer, der mit seinem Bike auf Weltreise war, im Bundesstaat Chiapas erschossen. 2021 geriet eine deutsche Urlauberin in Tulum in eine Schießerei von Drogenbanden und starb. Urlaub in Mexiko hält immer eine Prise zu viel Gefahr bereit. Wusste man vor ein paar Jahren noch genau, wo im Land die Gefahr droht und welche Gegend man besser meidet, gleicht der Urlaub heute russisch Roulette. Denn das organisierte Verbrechen hat sich immer mehr Regionen erobert und sich an vielen Ecken dabei sogar des Machtmonopols bemächtigt.

Besonders der nördliche Bundesstaat Baja California nahe der Grenze zu den USA wird immer gefährlicher. 2023 wies der idyllische Flecken mit seinen Surferstränden die zweithöchste Mordrate des Landes auf, gleich hinter dem Bundesstaat Guanajuato im Zentrum Mexikos, mit seinen malerischen Städten ebenfalls ein beliebtes Touristenziel. Nach Angaben des Verteidigungsministeriums gehen bis zu 90 Prozent der Verbrechen auf das Konto der Mafia und der Drogenkartelle.

Die Mafia teilt sich in viele kleine Banden

In den vergangenen Jahren haben sich in Mexiko diese Kartelle noch einmal stärker ausgedehnt, auch befeuert durch eine Atomisierung der Mafia in viele kleine und regionale Banden, die sich nicht nur dem Drogenhandel, sondern auch dem Menschenschmuggel und der Schutzgelderpressung widmen. Teilweise liefern sich diese Banden in Gegenden wie derzeit Chiapas oder zuvor in Quintana Roo auf der Halbinsel Yucatán auf offener Straße Revierkämpfe. Sie vertreiben dabei die Menschen aus ihren Häusern und Dörfern und verschrecken die Urlauber.

Der Experte für organisierte Kriminalität, Edgardo Buscaglia, sagt, in Mexiko habe eine „Mafiokratisierung“ stattgefunden. In der Konsequenz sei das Land inzwischen „nicht einmal mehr eine Demokratie mit minimalen Standards“. Das Analyse- und Researchinstitut der Economist Group, stuft Mexiko mittlerweile als ein „hybrides Regime“ ein.

Deutsche Urlauber schreckt das offenbar nicht

Deutsche Urlauber schreckt das offenbar nicht ab. 271 00 Besucher kamen vergangenes Jahr aus der Bundesrepublik. Das sind knapp zehn Prozent mehr als im Jahr davor. In den ersten drei Monaten dieses Jahres stieg die Zahl noch einmal. Mehr als 80 000 deutsche Urlauberinnen und Urlauber besuchten zwischen Januar und März das Land der Azteken und Mayas.

Dabei hat sich das einstmals günstige Reiseland inzwischen zu einer Hochpreisdestination entwickelt. Die starke Gentrifizierung in den Großstädten, der Zuzug Hunderttausender gut verdienender US-Amerikaner, die seit der Pandemie im Nachbarland als digitale Nomaden arbeiten, und die große Attraktivität Mexikos in einer bestimmten Schicht von Reisenden, haben die Preise in die Höhe getrieben. Hinzu kommt, dass der mexikanische Peso die am stärksten aufgewertete Währung der Schwellenländer ist. Der Euro hat für Urlauber so in den vergangenen Jahren mehr als 25 Prozent seines Wertes verloren.

Mexiko-Stadt gilt noch als sicher

Mexiko-Stadt steht daher inzwischen laut der britischen Zeitschrift „The Economist“ auf Platz 16 in der Rangliste der teuersten Städte der Welt. Immerhin ist die Megalopolis noch ein „Safe Spot“, einer der sicheren Plätze in Mexiko, zumindest wenn man sich an die Regeln hält und bestimmte Stadtteile meidet. Allerdings fühlt man sich dann gerade in Quartieren wie Roma oder Condesa wie im falschen Land. In diesen Stadtteilen ist mittlerweile Englisch die Umgangssprache.

Mexiko – nordamerikanisches Land zwischen Golf und Pazifik / Grafik: Lange

Bilder