Erdbeben auch in Taipeh zu spüren
Taiwan liegt am Rand zweier tektonischer Platten: der Eurasischen und der Philippinischen. Die Insel mit mehr als 23 Millionen Einwohnern ist deshalb sehr durch Erdbeben gefährdet. Nach der Katastrophe von 1999 überarbeitete die Regierung ihre Vorgaben, um Gebäude erdbebensicherer zu machen. Außerdem nahm sich Taipeh ein Beispiel am erdbebenerfahrenen Japan und übernahm Maßnahmen zum Katastrophenschutz. Zugleich steckte die Regierung mehr Geld in Erdbebenüberwachung und baute Stationen zur Echtzeitmessung von Erdaktivitäten im gesamten Land.
Laut Augenzeugen war das Beben auch in und um die Hauptstadt Taipeh deutlich zu spüren. In Neu-Taipeh, das die Hauptstadt umschließt, wurden demnach drei Menschen verletzt, als ein Lagerhaus einbrach. Bewohner der Hauptstadt berichteten, dass in ihren Häusern und Wohnungen Einrichtungsgegenstände und Geschirr zu Bruch gingen. Mehrere große Städte stellten den öffentlichen Nahverkehr auf der Schiene zeitweilig ein. Auch der Schnellzugverkehr wurde vorübergehend unterbrochen. In Zehntausenden Haushalten fiel der Strom aus.
Zwischenzeitliche Warnung vor Tsunamis
Über mehrere Stunden warnten Taiwan, China, Japan und die Philippinen vor Tsunamis. Später wurden die Warnungen zunächst gelockert und dann aufgehoben. Im nordöstlich von Taiwan gelegenen Japan löste das Erdbeben eine Warnung vor einem drei Meter hohen Tsunami für nahegelegene Inseln der südwestjapanischen Präfektur Okinawa aus. Die Bewohner der betroffenen Inseln wurden aufgerufen, sich in Sicherheit zu bringen.
Auf den Philippinen gaben die Behörden ebenfalls eine Tsunami-Warnung heraus. Es würden hohe Tsunami-Wellen erwartet, die stundenlang andauern könnten, teilte das nationale Institut für Vulkanologie und Seismologie mit. Menschen in mehreren Provinzen des Inselstaates wurden aufgefordert, sich in Sicherheit zu bringen und die Küstenregionen zu verlassen.
Halbleiter-Hersteller TSMC stoppt Produktion
Im Nachbarland China, das Taiwan als abtrünnige Provinz betrachtet, war das Erbeben ein Hauptthema in den Nachrichten des Staatsfernsehens. Die chinesischen Behörden seien über die Lage sehr besorgt, sagte die Sprecherin des chinesischen Büros für Taiwan-Angelegenheiten, Zhu Fenglian, in Peking. Das Festland beobachte die Situation und sei bereit, Katastrophenhilfe anzubieten. Ob Taiwan die Hilfe Chinas annehmen wird, blieb offen. Zwischen den beiden Staaten gibt es immer wieder Spannungen wegen Pekings Gebietsanspruch, obwohl in Taiwan seit Jahrzehnten eine unabhängige und demokratisch gewählte Regierung an der Macht ist.
Das Beben hatte auch Auswirkungen auf die Wirtschaft: Taiwans wichtiger Halbleiter-Hersteller TSMC etwa hielt die Produktion an, wie die Behörde des Industrieparks der Stadt Hsinchu mitteilte. Die Firma evakuierte laut Berichten Arbeiter während des Bebens aus der Produktion. Auch andere Betriebe stoppten die Arbeit vorübergehend. Der staatseigene Energieversorger berichtete von mehr als 308 000 Haushalten in Taiwan, bei denen mit dem Beben der Strom ausfiel. Zehntausende waren auch danach zeitweilig noch ohne Strom.