Er beschreibt die Nacht folgendermaßen: „Wir haben teilweise auf dem Boden, auf Isomatten, geschlafen. Ich lag auf einer Krankenliege. Vor Ort gab es glücklicherweise einen Hausmeister und andere Leute, die sich sehr rührend um uns gekümmert haben.“ Die Fahrzeuge seien währenddessen auf einem kameraüberwachten Parkplatz gestanden.
Am Rückweg rettet Denis Beck zwei Frauen und ein Kind
Am darauffolgenden Sonntagmorgen, um 7.30 Uhr machte sich die Hilfsgruppe wieder auf den Rückweg. „Dank einer Sondergenehmigung durften wir als Hilfstransport schneller rein und raus. Ohne dieses offizielle ukrainische Dokument wäre es schwieriger gewesen. Manche warten fünf Tage im Stau. Das muss man erst einmal überleben – ohne Essen und Trinken“, schildert Beck. Für ihn war es von vornherein klar, dass er am Rückweg zwei Frauen und ein Kind aus Kiew mitnehmen werde. „Eine Frau habe ich in Lemberg eingesammelt, die andere Frau und ihren Sohn kurz vor der Grenze. Jede Frau hatte einen kleinen Handgepäckskoffer mit dem Nötigsten dabei.“ Von der Müdigkeit und vom allgemeinen Erscheinungsbild her habe man gesehen, dass sie länger auf der Flucht gewesen sind.
Während der 17-stündigen Rückfahrt hat die Mutter erzählt, wie schlimm der Krieg für sie und ihre Familie ist: „Sie musste den Vater ihres Kindes zurücklassen, weil er kämpfen muss. Der Großvater weigert sich, das Land zu verlassen, obwohl er raus kommen würde“, berichtet der Unternehmer.
Auf ihrer Flucht haben beide Frauen und das Kind viele traumatisierende Erfahrungen gemacht: „Alte Frauen wurden mit Gewalt in Züge reingedrückt. Sie konnten in den Abteilen kaum stehen, geschweige denn sitzen. Auf der Flucht sind sie vielen schwer verletzten Menschen begegnet; sie haben Checkpoints – ganze Sandsackburgen – gesehen; Männer mit großen Waffen“, berichtet Denis Beck. Gewisse Momente in der Unterhaltung seien sehr emotional gewesen.
Über 17 Stunden Autofahrt
Trotz der bestürzenden Erlebnisse bleibt der Initiator der Aktion „Unternehmerhilfe für Ukrainer“ stark: „Durch mein Ehrenamt bei der Feuerwehr bin ich abgeschreckt. Ich lasse die Sachen nicht mehr so stark an mich ran.“ Trotzdem betont der Unternehmer, dass er ein großes Herz und Mitgefühl habe. Das zeigen auch seine Anstrengungen, die er für die Ukrainerinnen und das Kind in Kauf nimmt:
Die eine Frau hat der Unternehmer am Rückweg in einer polnischen Stadt abgesetzt, wo ihr Freund auf sie gewartet hat. „Die andere Frau und ihren achtjährigen Sohn habe ich mit zu mir nach Thiersheim genommen. Dort konnten die beiden sich beruhigen. Sie waren schließlich eine Woche lang unterwegs.“
Die Rückfahrt war für Denis Beck sehr kräftezehrend: „Wenn man zwei Mal 17 Stunden fährt, funktioniert man nur noch wie ein Automat.“
Mutter und Kind wollen nach Bordeaux
Am Folgetag, dem Montag, kam er um drei Uhr morgens Zuhause an. Eine Stunde später, um vier Uhr, ging es laut Beck für den Hilfstransport der Firma „Scherdel“ schon wieder los.
Beck erklärt, was man bei so einer Aktion beachten muss: „Wenn man so was macht, braucht man die richtigen Kontakte und einen Plan. Leute an der Grenze abholen oder Unterbringung bereit stellen kann jeder. Reinfahren sollte man allerdings nur, wenn man eine Begleitung, einen Dolmetscher und Koordinatoren vor Ort hat. Alles andere wäre fahrlässig.“
Da die geflüchtete Frau und ihr Kind Kontakte in der französischen Stadt Bordeaux haben, wollten die beiden natürlich weiter, so Beck. „Nach zwei Tagen Erholung habe ich sie zum Bahnhof ,Meuse TGV’ gefahren. Sie wollten, dass ich sie fahre, um sicher dort anzukommen.“ Der Bahnhof liegt im Osten Frankreichs, anderthalb Stunden von Luxemburg entfernt. „Bei der Verabschiedung habe ich ihnen den Engel geschenkt, den mir der Thiersheimer Bürgermeister Werner Frohmader vor der Fahrt in die Ukraine übergeben hat. Sie brauchen mehr Glück als ich.“ Nach der Ankunft in Bourdeaux habe die Mutter ihm geschrieben. Die beiden sind immer noch in Kontakt.
Danksagung
Um eine Hilfsaktion in so großem Ausmaß überhaupt zu ermöglichen, braucht es viele Helfer. Denis Beck und Bürgermeister Werner Frohmader wollen sich deshalb bei allen Beteiligten aus der Region bedanken. Extra erwähnen will Denis Beck folgende Firmen: Packwell, Scherdel, Norpack, Rapa , Roth, Purus Plastics, ProComp, Allround Team Marktleuthen, den Landwirtschaftsbetrieb Härtel, Bioladen „Kraut und Rüben“, Cube und bei der Marien Apotheke Marktredwitz. Auch ohne die Unterstützung des TSV Thiersheim, dem Bauhof Thiersheim, die Feuerwehren, die „Pizzeria da Laura“ und die ganzen privaten Helfer wäre die Aktion nicht möglich gewesen.
„Trotz unserer ganzen Vergangenheit finde ich es unfassbar dass man heute im 21. Jahrhundert so einen Krieg anzetteln kann. Deswegen ist es wichtig, dass wir als Europäer zusammenhalten“, sagt der Bürgermeister. Er ist auch über die große Hilfsbereitschaft erstaunt: „Neben uns in Thiersheim, kommen landkreisweit und darüber hinaus verschiedene Menschen, die unser Hilfsprojekt unterstützen. Es ist wirklich eine Hilfe des ganzen Landkreises.“
Um sich bei allen Beteiligten zu bedanken, ist auch ein Helferfest geplant. Das erwähnt Bürgermeister Frohmarder beiläufig.