Spätestens seit der Reformation sollte sich herumgesprochen haben, dass wir in Dingen des Glaubens etwas kritischer denken als manch anderes Land. Mit der katholischen Weltkirche über einen Kamm geschoren zu werden, wie man sich das oben vorstellt, macht uns schwer zu schaffen.
Vieles von dem, was Rom verlangt, hat mit Jesus wenig zu tun. Er hat keine Kirche gestiftet, auch wenn man das gerne glauben möchte. Nur zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel fühlte er sich gesandt. Kindern das Brot wegzunehmen und den Hunden vorzuwerfen, ist nicht recht. Mit den Kindern meinte er sein Volk, mit den Hunden die Heiden. Ein starkes Stück.
Die Aufforderung, die Frohe Botschaft in alle Welt hinauszutragen, ist eine Spiegelung der jungen Kirche, die sich rasant vermehrte. Mit Jesu Denken hat das wenig zu tun. Noch heute käme kein Jude auf die Idee, andere zu missionieren. Dürfen wir dann nicht auch etwas selbstbewusster auf unser eigenes Land schauen, das sich mit viel Mühe den Traum von einem demokratischen Zusammenleben verwirklicht hat? Ein Traum, der vor den Türen der Kirche nicht haltmacht. So sollte sich kein Pfarrer mehr erlauben, einen gewählten Pfarrgemeinderat wie einen Spielball zu betrachten. Kein Bischof, auch kein Papst sollte mehr das Recht haben, sich wie ein Alleinherrscher aufzuführen. Sich gegen Frauen am Altar zu stellen, gegen Priester, die gerne heiraten möchten, gegen gemeinsame Abendmahlfeiern sich zu stemmen, das alles wird immer peinlicher, gepaart mit einer unerträglichen klerikalen Überheblichkeit.
Es ist bekannt, dass katholische Studierende sich mittlerweile schämen, ihre Konfession beim Namen zu nennen, und dass evangelische Kommilitonen damit kaum Probleme haben. Das nur am Rande.
Ich dachte wirklich, Franziskus kriegt das hin, Weltkirche und Teilkirche gleichermaßen zu ihrem Recht zu verhelfen. Wer mit solchen Schuhen durch die Lande zieht, will doch den Menschen nahe sein, will wissen, wo der Schuh drückt. Mit den Deutschen ist er überfordert.
Wir wollen doch nur wissen, wie im Lande der Reformation, wie in einem Volk, das sich erst noch finden muss, der Glaube glaubhaft gelebt und vorgelebt werden kann, wenn so viel „unnützes Zeug“ mitgeschleppt werden muss, das viele nur noch abstößt.
Als Franziskus frisch gewählt auf dem Balkon stand und „Guten Abend“ sagte, war ich hin und weg. Nicht nur dieser Abend, alles wird gut werden, dachte ich. Es war zu schön, um wahr zu sein.