Störenfried Kind Das Kind der besten Freundin nervt

Tatjana Capuana

Quengelnder, herrschsüchtiger Nachwuchs kann eine Freundschaft nachhaltig stören. Die Psychologin Sonja Tolevski gibt Tipps, wie man die Situation meistert.

 
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Nicht alle Kinder der Freunde sind lieb und auf Anhieb sympathisch. Foto: Unsplash/Ryan Franco

Die Ankündigung war zunächst ein Grund zur Freude: Die beste Freundin ist endlich mit ihrem Wunschkind schwanger. Wie schön hat man sich das ausgemalt, zusammen mit der Freundin und dem Wonneproppen Zeit zu verbringen – und wie sehr sich darauf gefreut, die coole Lieblingstante zu sein.

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Doch kaum ist das Kleine der Sprache mächtig, holt einen die Realität ein. Aus dem süßen Baby ist ein Kleinkind geworden, das uns plötzlich so sehr auf den Keks geht, dass man bevorstehenden Treffen mit der Freundin nicht mehr entgegenfiebert, sondern sich fürchtet. Denn ausgerechnet das Kind der besten Freundin ist ein Biest.

Ein Gespräch unter Erwachsenen ist kaum mehr möglich

Gründe, warum man den Nachwuchs der Busenfreundin nicht mag, gibt es viele. Manche Kinder zum Beispiel wollen stets im Mittelpunkt stehen: Sie quengeln und ziehen so sehr die Aufmerksamkeit der Mutter auf sich, dass ein richtiges Gespräch unter Erwachsenen nicht mehr möglich ist.

„Man muss abwägen: Wie wichtig ist mir die Freundschaft?“, sagt die Mannheimer Psychologin Sonja Tolevski. „Wenn sich das Kind unmöglich benimmt, ist es vermutlich auch die Folge davon, wie die Eltern mit ihm davor umgegangen sind.“

Will das Kind bestimmen, wann das Treffen zu Ende ist, und lässt sich die Mutter auch noch darauf ein, dann sei das ein Problem, befindet Tolevski. Denn es zeige, ob der Mutter der Kontakt zur Freundin wichtig ist oder ob sie es zulässt, dass ihr Kind das Sagen hat. „Es entsteht auch ein Gesamtbild von der Freundschaft“, sagt Tolevski.

Die Aussicht, auf das als unsympathisch empfundene Kind zu treffen, macht häufig schon vorher schlechte Laune. „Man kennt das aus anderen Situationen“, erklärt die Psychologin. Habe man eine Person auf dem Kieker, dann komme man nur schwer davon weg. Man suche förmlich nach Belegen, dass sich – in diesem Fall – das Kind schlecht benimmt, und findet sie auch. „Man wartet nur darauf, dass das Kind sich danebenbenimmt oder unschöne Dinge sagt“, sagt sie. „Das muss man sich auch klarmachen.“

Meist benehme sich das Kind nicht durchgängig schlecht. Dann helfe eine emotionale Gedankenkontrolle und der Vorsatz, sich auf das Gespräch mit der Freundin zu konzentrieren. Sollte dies nicht klappen, sei es auch für den Besuch legitim, der Bekannten vorzuschlagen, das Kind für den Augenblick mit etwas zu beschäftigen. „Dann liegt es wieder bei der Gastgeberin, ob sie sich darauf einlässt.“

Ein Gespräch mit dem Kind? Einen Versuch wäre es wert

Es kann außerdem hilfreich sein, sich zunächst mal selbst zusammenzureißen und auf ein Gespräch mit dem fremden Kind einzulassen. Denn auch das Kind spüre, wenn man es nicht mag, gibt Tolevski zu bedenken. So kann man mit ihm beispielsweise über das Hobby oder die Lieblingsserie im Fernsehen sprechen.

Auch kleine Mitbringsel können helfen, das Eis zu brechen. Als Bestechung müsse man die Aufmerksamkeiten nicht sehen, beruhigt Tolevski. Sie rät allerdings davon ab, Süßigkeiten zu verschenken, weil das möglicherweise die Erziehung der Eltern untergraben könnte. „Dann hat man ganz andere Diskussionen.“ Besser geeignet seien in diesem Fall etwa Buntstifte, Malbücher oder Pixie-Hefte.

Nicht immer liegt es an einem selbst, wenn das Verhältnis zum fremden Nachwuchs angespannt bleibt. „Es gibt natürlich Kinder, die völlig außer Rand und Band sind“, räumt Tolevski ein. Dann bringen selbst die größten Bemühungen nichts, das Kind besser kennenzulernen.

In diesen Fällen sollte man das Beste aus der Situation machen und die Begegnungen mit der Freundin künftig mit Bedacht planen.

Einfach mal ohne Kind treffen

„Die erste Wahl wäre, dass man sich außerhalb trifft, wo sich die Kinder mit Gleichaltrigen beschäftigen können und man nicht auf engsten Raum mit dem Kind sitzt, das man nicht leiden kann“, so die Psychologin. Etwa auf Spielplätzen oder Hüpfburganlagen. Oder man lässt das Kind im Smaland bei Ikea betreuen, wo die Kleinen Spaß haben können. „Hier ist Kreativität gefragt, damit das Kind, das man nicht mag, schön beschäftigt ist und nicht einfach nur am Tisch sitzt, wo es rumnölt“, sagt Tolevski. „Denn dann kann man es bald noch weniger leiden.“ Hat man selbst Nachwuchs, und die Kinder verstehen sich gut, könnte man sie etwa bei einem Kreativkurs anmelden; die Erwachsenen könnten die Wartezeit für einen Plausch im Café nutzen, schlägt Tolevski vor.

Auch wenn die beste Freundin als Einzige weiß, dass man die Fahrprüfung erst beim dritten Mal bestanden hat oder sonstige Intimitäten: Die Info, dass man ihr Kind nicht mag, sollte man besser für sich behalten, rät Tolevski, da die Wahrheit die Lage keinesfalls verbessern würde. Im Gegenteil. Es belastet die Beziehung. „Denn kaum eine Mutter würde sagen: Ich kann mein Kind nicht leiden“, sagt sie. „Würde ich das meiner Freundin erzählen, dass ich ihr Kind nicht mag, wird das Verhältnis dadurch definitiv gestört.“

Sie rät stattdessen dazu, erst mal abzuwarten. „Auf lange Sicht ist es oft so: Wenn die Kinder im Jugendalter sind, findet man sie vielleicht total nett und sie selbst sind davon peinlich berührt, wie sie sich früher aufgeführt haben“, sagt die Expertin. „Vielleicht war das Verhalten nur eine Phase, und inzwischen sind sie ganz goldige Kinder geworden.“

Selbst wenn die Beziehung zum Sprössling der besten Freundin sich im Hier und Jetzt überhaupt nicht bessern sollte, wird sich die Situation irgendwann trotzdem entspannen. Sonja Tolevski ermuntert zum Durchhalten, da mittelfristig Hobbys und der eigene Freundeskreis interessanter für das Kind werden. „Je weiter die Zeit voranschreitet, umso größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass das Kind dann etwas anderes vorhat und nicht mit der Mutter zum Treffen mitkommt.“