Steiner mit Trainerwechsel nicht glücklich

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Mit einem guten Gefühl verabschiedet sich Carl Steiner zum Ende der laufenden Bundesligasaison bei Medi Bayreuth aus dem Aufsichtsrat, dessen Vorsitz er Anfang 2014 übernommen hatte. Im Vergleich zur damals schwierigen wirtschaftlichen Lage des Vereins bewertet er die Entwicklung zur aktuellen Situation sehr positiv: „Ich gehe fest davon aus, dass der Bundesligastandort langfristig gesichert ist.“

 
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Nur mit der letzten Entscheidung seiner Amtszeit zeigte sich Steiner im Kurier-Gespräch nicht ganz glücklich: Der Präsident des früheren Vereins Steiner Bayreuth, unter dessen Federführung 1989 die Deutsche Meisterschaft gewonnen wurde, bekannte sich dazu, als einziges Mitglied des Aufsichtsrats gegen den Beschluss zur Trennung von Trainer Michael Koch gestimmt zu haben.

Wie bewerten Sie die Entwicklung im Bayreuther Basketball während Ihrer Amtszeit?

Carl Steiner: Erstes Ziel war es in der kritischen Phase Ende 2013, ein wirtschaftlich stabiles Umfeld für einen Bundesliga-Standort aufzustellen. Dazu gehört natürlich dass man sportlich nicht absteigt, sonst wird das erste Ziel nahezu unmöglich. Jetzt haben wir das erreicht, gerade auch durch die Vertragsverlängerung mit der Firma Medi und mit dem Rahmen, den wir gemeinsam geschaffen haben.

Bundesligastandort "langfristig gesichert"

Welche Perspektiven sehen Sie für den Bayreuther Basketball in den nächsten Jahren?

Steiner: Wenn man sich die Tabelle anschaut, dann entspricht die doch ziemlich genau der Rangfolge der Etats. Wir liegen da immer noch relativ weit unter dem Durchschnitt der Liga – wenn wir Tabellenplatz elf oder zwölf erreichen, liegen wir nach meiner Einschätzung damit besser als in der Etat-Rangliste. Aber wir haben eine Basis, auf der man einen Bundesliga-Standort erhalten kann. Und ich sehe sehr, sehr gute Aussichten, dass man ihn auch weiter ausbauen kann. Auf wirtschaftlicher Seite wurden Fundamente gelegt mit sehr guten Zukunftsaussichten. Ich gehe fest davon aus, dass der Bundesligastandort langfristig gesichert ist. Dazu gehört auch eine entsprechende Führung und Organisation, und da sind wir inzwischen ebenfalls erstligareif. Darauf bin ich auch persönlich sehr stolz, denn das war nicht immer so.

Trotzdem: Was gibt Ihnen den Optimismus für langfristige Sicherheit? Kann man in dieser Branche überhaupt etwas „langfristig“ planen?

Steiner: Schon! Dafür sprechen unsere Verträge mit den Sponsoren und vor allem auch die Art unserer Sponsoren, die Gespräche mit potenziellen Sponsoren, die seit längerer Zeit geführt werden und die weit gediehen sind. Natürlich ist immer auch der sportliche Erfolg eine Voraussetzung, und dafür macht man es ja. Das ist sozusagen das Unwägbarste daran, und der kann einem schnell einen Strich durch die Rechnung machen. Aber jedenfalls kann man sagen, dass die Aussichten aktuell so gut sind wie selten zuvor.

Konkurrenz durch EHC-Aufstieg

Sehen Sie wirtschaftliche Konkurrenz dadurch aufkommen, dass der EHC vor dem Aufstieg in die 2. Eishockey-Liga steht und die SpVgg die 3. Fußball-Liga zum Ziel hat? Kann sich Bayreuth drei Vollprofi-Mannschaften leisten?

Steiner: Wir haben uns das ja schon mal geleistet . . .

. . . aber wirtschaftlich war das damals keine so gute Idee . . .

Steiner: Rückblickend: Zugegeben! In unserer räumlichen, wirtschaftlichen, ländlichen Struktur wird man sich das wohl eher nicht leisten können. Wir merken derzeit schon, dass der EHC auch langjährige Basketball-Sponsoren angeht, um sie „umzudrehen“. Ich denke, darunter leidet im Moment vor allem der Fußball.

Finden Sie die Zuschauerzahlen bedenklich? Immerhin war die Halle nie ausverkauft.

Steiner: Das hängt immer mit dem sportlichen Erfolg zusammen, und der lag am Anfang zumindest nicht über den Erwartungen. Unser Ziel war es, die Anzahl der zahlenden Zuschauer zu steigern und den durchschnittlichen Preis pro Karte auf gutem Niveau zu etablieren. Beides ist gelungen, so dass wir uns wirtschaftlich in diesem Punkt gut verbessert haben. Jetzt muss es für die neue Planung ein Ziel sein, die Zahl der Zuschauer weiter zu steigern. Eine ausverkaufte Halle ist ein Muss. Wenn Mannschaft und Trainer einschlagen, sehe ich da auch kein Problem, auch wenn wir eine relativ alte Halle mit begrenztem Komfort haben.

Gefahr bei Reduzierung der Liga

Könnte eine mögliche Reduzierung der Bundesliga früher oder später zu einem Problem für den Standort Bayreuth werden?

Steiner: Ganz klar: Wenn man statt 18 Mannschaften nur noch 16 oder gar 14 hat, dann trifft das die Vereine, die eher hinten stehen. Deswegen müssen wir schauen, uns möglichst in den nächsten zwei Jahren im Bereich der einstelligen Tabellenplätze zu etablieren, um nicht in dieses Dilemma hinein gezogen zu werden. Zurzeit ist das nur deswegen nicht spruchreif, weil der Machtkampf zwischen Fiba und Euroleague besteht um die Gestaltung der europäischen Wettbewerbe. Sobald das gelöst ist, kommt aber sofort der Druck auf die nationalen Ligen. In der BBL ist es auch schon oft angesprochen worden, dass für die Euroleague-Teilnehmer eine Reduzierung des nationalen Programms nötig ist. Die Alternative wäre es, die Spitzenteams gar nicht mehr in der BBL spielen zu lassen, aber das halte ich für ausgeschlossen. An dieser Diskussion bin ich ja relativ nahe dran.

. . . denn durch Ihre Tätigkeit im Aufsichtsrat der Brose Baskets in Bamberg kennen Sie die Argumente der anderen Seite.

Steiner: Ich weiß nicht, ob man es als „andere Seite“ im Sinne von „Gegenseite“ bezeichnen sollte. Aber dass die Interessen dort anders gelagert sind, liegt auf der Hand.

Trainerwechsel: "Der Prozess ging mir etwas zu flott"

Die letzten großen Entscheidungen Ihrer Amtszeit waren die Vertragsverlängerung mit Medi und der Trainerwechsel zum Saisonende. In welchem Maße ist so etwas Ihre persönliche Entscheidung?

Steiner: Gar nicht! Der Aufsichtsrat ist ein demokratisches Gremium. Zu den sechs Mitgliedern wurde der Geschäftsführer hinzugezogen, der sozusagen in der Exekutive der Hauptbetroffene ist. Es gab sieben Stimmen, davon waren sechs pro Wechsel, und damit muss man leben. Ob es gut oder schlecht ist, wird die Zukunft zeigen. Es wäre sicher interessant gewesen, zu sehen, was Michael Koch in einem weiteren Jahr noch hätte machen können – aus den Erfahrungen der abgelaufenen Saison und mit den geschaffenen Möglichkeiten durch die wirtschaftlichen Voraussetzungen und der sportlichen Basis durch die Verträge für die bewährten deutschen Spieler.

Das klingt ein wenig danach, als wäre die Gegenstimme die Ihre gewesen?

Steiner: Ich denke, meine Einstellung dazu dürfte bekannt sein. Ich stehe natürlich auch zu dem Wechsel, aber ich frage mich, ob die Auswahlkriterien richtig angelegt waren, ob man da nicht etwas intensiver hätte einsteigen müssen. Mir ging der ganze Prozess etwas zu flott, das war ja nicht so zwingend notwendig. Aber ich bin ja nicht mehr unmittelbar selbst davon betroffen, deswegen will ich jetzt auch keine Wertung dazu abgeben.

Waren Sie an der Wahl des neuen Trainers noch beteiligt?

Steiner: Im Prinzip war beides eine kombinierte Entscheidungsfrage, bezüglich des bestehenden Trainers und der Entscheidung für einen neuen Trainer – und die ging beide Male gleich aus. Ich hätte mir auch etwas mehr Intensität bei der Suche nach einem neuen Trainer gewünscht, wenn schon ein Wechsel um des Wechsels Willen für nötig gehalten wird.

Nicht mehr der Geldgeber wie bisher

Werden Sie dem Verein nach dem Abschied aus dem Amt auch als potenzieller Geldgeber verloren gehen?

Steiner: Das ist eine kritische Frage. Als zukünftiger weiterer Geldgeber ist das so, aber über die bestehende Kaptialverpflichtung bleibe ich mit der GmbH verbunden. Es gibt eben so Situationen wie Ende 2013, als es Spitz auf Knopf stand, als die Frage im Raum stand, ob es weiter geht, oder nicht. Wenn da nicht Medi und ich zusammengelangt hätten, gäbe es heute keinen Bundesliga-Standort Bayreuth mehr. Auch wenn ich jetzt als handelnde Person ausscheide, ist ja immer noch die Kapitalverpflichtung für die GmbH vorhanden.

Darf man vermuten, dass Sie der erste Ansprechpartner waren, wenn Investitionen in Nachverpflichtungen nötig waren, oder ein Defizit ausgeglichen werden musste?

Steiner: Einer der ersten. Natürlich hat man Sponsoren gefragt, was ja auch oft ganz gut gegangen ist. Aber ich war gefragt, wenn es zeitlich mal ganz flott gehen musste, um eine Deckungszusage zu bekommen – oder weil zum Beispiel wieder mal die Wildcard für die Jugendmannschaften zu gezahlt werden musste. Das war ja fast immer der Fall und steht auch aktuell wieder an. Da muss sich bei uns übrigens konzeptionell mittelfristig etwas ändern. Ich finde, die Liga macht es richtig, die Nachwuchsarbeit verpflichtend in die Lizenzbedingungen aufzunehmen. Freiwillig macht das doch gerade in der unteren Tabellenhälfte kaum jemand. Dafür gibt es bei uns nun ein neues Konzept, indem der Jugendleistungsbereich ausgegliedert worden ist in den neuen Verein „Young Heroes“, einschließlich eines eigenen Fördervereins. Die Vereinsführung ist eng an die GmbH angelehnt und soll die Verzahnung mit dem BBL-Team verbessern.

Abgesehen von Pflichten und Geld: Wie steht es um Ihre emotionale Bindung zu Bayreuth? Werden Sie die beiden Ehrenplätze auf Lebenszeit, die für Sie reserviert sind, regelmäßig wahrnehmen?

Steiner: Natürlich; wenn ich in Bayreuth bin, immer! Aber die Hälfte des Jahres bin ich nicht hier – das ist übrigens auch ein Hauptgrund, um mich aus dem handelnden Bereich zurückzuziehen. Die emotionale Bindung zum Basketball in Bayreuth ist nach wie vor hoch, und das hat nichts mit der Kapitalverpflichtung zu tun, sondern mit dem Interesse am Sport und den vielen Jahren der Arbeit für diesen Verein. Deswegen wünsche ich mir auch sehr eine positive Weiterentwicklung und hoffe, dass die Trainerentscheidung dafür die absolut richtige ist.

Werden Sie Ihre Tätigkeit in Bamberg intensivieren?

Steiner: Nein. Nachdem dort ja erst mal keine Krise zu erwarten ist, bleibt das auf dem gleichen Level. Aber dort wird, sage ich mal in Anführungszeichen, meine sportliche Kompetenz noch benötigt. Da gibt es vielleicht den besten Kader, der in Deutschland insgesamt jemals zusammen war. Nun laufen die Verträge von einigen wichtigen Spielern aus oder haben Ausstiegsklauseln. Daher ist es eine Herausforderung, bis zum September wieder eine Mannschaft zusammenzustellen, die ebenso gut spielt und vielleicht in Europa sogar noch ein weiteres Stück voran kommt. Da sind gerade einige wichtige und kritische Entscheidungen zu diskutieren.

Ist an dem Gerücht etwas dran, dass Sie einer der Kandidaten für den Vorsitz beim EHC Bayreuth sind?

Steiner: Oh, nein, nein! Das wäre doch ziemlich schizophren.

Wer wird Ihr Nachfolger als Aufsichtsratsvorsitzender?

Steiner: Den wird das Gremium aus seiner Mitte wählen. Mir ist nicht bekannt, das von außen jemand rein kommt, um meinen Platz einzunehmen, aber das kann natürlich immer passieren.

Welche Aufgabe wird für den Nachfolger die erste oder wichtigste sein?

Steiner: Wichtig ist mir vor allem, dass wir einen guten Übergang in die neue Saison hinbekommen. Dazu gehört, dass der neue Trainer einen gewissen Rückhalt hat. Das ist sicher etwas schwieriger geworden dadurch, dass die Mannschaft gegen Ende der Saison gerade ihre besten Spiele abliefert.

Weil dadurch die Messlatte entsprechend hoch liegt?

Steiner: Vor der Saison habe ich mal gesagt, es ist ein Erfolg, wenn die Zuschauer auch bei einer Niederlage Freude haben und zufrieden nach Hause gehen. Genau so ein Spiel haben wir gerade gegen Alba Berlin gehabt. Alle haben danach geschwärmt, was wir für eine tolle Truppe haben! Zwei andere Schiedsrichterentscheidungen, und wir hätten gewinnen können! Sollte jetzt der Start in die nächste Saison irgendwie holprig werden, dann wird schnell die Frage aufkommen, was wir uns bei den getroffenen Veränderungen gedacht haben.

Außerdem ist mir ganz wichtig, dass das Konzept „Heroes of tomorrow“ weiter geführt wird. Das muss auch der Aufsichtsrat einfordern, denn das hat sich sehr gut etabliert. Es wird aber nur Beständigkeit bekommen, wenn es aktiv gelebt wird und man es auch in der Handschrift des Trainers sieht: von der Mannschaftszusammenstellung bis zur Einsatzzeiten.

 

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