Staufen Schwarzwaldmädels gehen ihren eigenen Weg

Nicole Jankowski

Mut zur Veränderung, den haben Schwarzwälderinnen. Ob Schokoladen-Werkstatt, Sterne-Restaurant oder Brennerei: Heimat wird hier neu interpretiert. Und das schmeckt richtig gut.

 
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Müllheim/St. Märgen - Erst ein Kirschwasserbad, dann eine dicke Fondantpackung und anschließend zum Trocknen auf die Leine. Die Kirschen in der Schokoladen-Werkstatt in Müllheim im Schwarzwald warten in Reih und Glied auf ihre Vollendung. Fehlt nur noch die Schokolade: Fertig ist die Schwarzwälder Stielkirsche. Für Chocolatière Andrea Weyherter bleibt sie die "Königin der Pralinen" - traditionell und dennoch sexy. "Ich lieb‘ die", sagt sie. Heimatverbunden, aber von der klassischen Schwarzwald-Romantik weit entfernt: Das ist nicht nur die Müllheimerin Andrea Weyherter. Im Schwarzwald gibt es eine Reihe gestandener Unternehmerinnen, die sich ein eigenes Refugium geschaffen haben. Sie leben von und mit der Region und präsentieren Besuchern ihre Neuinterpretation.

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Kulinarik im Schwarzwald

Sehenswürdigkeiten: Schokoladen-Werkstatt Andrea Weyherter, Krafftgasse 2, 79379 Müllheim (Tel.: 0170/29 88 87 3, E-Mail: meine@schokoladen-werkstatt.com, www.schokoladen-werkstatt.com). Weingut Engler, Moltkeplatz 2, 79379 Müllheim (Tel.: 07631/17 05 50, E-Mail: info@weingut-engler.de, www.weingut-engler.de). Talblickbrennerei, Talblick 6, 77955 Ettenheim (Tel.: 07822/98 84, E-Mail: info@talblickbrennerei.de, www.talblickbrennerei.de). Hotel Restaurant Hirschen, Hauptstraße 69, 79295 Sulzburg (Tel.: 07634/82 08, E-Mail: info@douce-steiner.de, www.douce-steiner.de). Am besten vor dem Besuch Öffnungszeiten prüfen und ggf. anmelden.

Informationen: Schwarzwald Tourismus, Heinrich-von-Stephan-Straße 8b, 79100 Freiburg (Tel.: 0761/89 64 60, E-Mail: mail@schwarzwald-tourismus.info, www.schwarzwald-tourismus.info).

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Ein Gläschen zur Schokolade: Schokolade zum Wein? Da sagt Winzerin Andrea Engler-Waibel vom Weingut Engler nicht Nein. "Weintraube trifft Kakaobohne", heißt es, wenn sie in Müllheim gemeinsam mit Andrea Weyherter einlädt. Passend zur Traditionstraube Gutedel nascht der Besucher weiße Schokolade mit Limette, Thymian und Walnüssen. Schließlich kommt der Gutedel mit Walnuss-Aromen daher. Warum das schmeckt und wie das alles zueinander passt, erklärt die Mitgründerin des Netzwerks "Vinissima Frauen und Wein" bei einem Rundgang.

Apfelschnaps mit Familientradition:Weinberge wechseln sich ab mit Streuobstwiesen, auch das ist Schwarzwald. Im Halbschatten eines Apfelbaums sitzt Elke Niemann mit einem schmalen Glas in der Hand. Ihr Großvater hat die Bäume einst gepflanzt. "Wir wissen nicht, wie die Sorte heißt", sagt sie mit einem Blick nach oben. Was allerdings die Talblickbrennerei in Ettenheim aus ihnen herstellt, trägt einen markanten Namen: "von Daheim" - woher auch sonst? Das Schnapsbrennen hat Tradition hier. Von ehemals 20 000 Brennereien sind noch ein knappes Drittel aktiv. "Hier wurde schon immer gebrannt, was auf den eigenen Wiesen gewachsen ist", sagt Niemann. Lange war die Arbeit eine Männer-Domäne. Als die gelernte Chemikerin, die jahrelang in Frankfurt zu Hause war, mit der Familie in die Heimat zurückkehrte und die Brennerei übernahm, wurde sie von den Kollegen skeptisch beäugt. "Mädli, brenscht du jetzt auch?" Ja, das tut sie. Mit Geduld, die sie vom Vater gelernt hat, und der ihr eigenen Genauigkeit begleitet sie den Brennprozess. Auch wenn die alten Holzfässer längst modernen Edelstahltanks gewichen sind - dieser Prozess dauert noch genauso lang wie früher. Wenn am Ende der edle Brand leise in den Kessel tröpfelt, hat sich die Mühe gelohnt.

Spitzenküche ohne Schnickschnack: Genuss ist Lebensmotto in dieser sonnenreichen Gegend an der Grenze zu Frankreich. Hier findet man nicht nur Deutschlands ältestes Sterne-Restaurant, sondern auch die einzige Frau unter den deutschen Zwei-Sterne-Köchen. Douce Steiner beeindruckt im Restaurant "Hirschen" in Sulzburg mit ihrer französisch inspirierten Spitzenküche die Gäste. Unaufgeregt, gelassen, selbstbewusst. "Ich denke immer daran, was ich selbst gern essen würde", sagt die schlanke 48-Jährige, die mit ihrem Mann den Betrieb führt. "Ich habe keine Lust auf Spielzeugkram. Ich möchte das Produkt sehen." Nichts soll davon ablenken, serviert wird im "Hirschen" auf edlem weißen Geschirr.

Eine Kuckucksuhr muss sein: Auch wenn dieser "Hirschen" wohl der bekannteste im Schwarzwald ist - das gleichnamige Hotel in St. Märgen hat Inhaberin Katharina Lausterer kurzerhand "Der Hirschen" genannt. Als ob es keinen anderen gäbe. Sie ist in der Gegend tief verwurzelt. "Jedes Mal, wenn ich früher das Höllental hochfuhr, dachte ich: Mein Gott, wie schön hier", sagt die 42-Jährige. Traditionsbewusst und zeitgemäß, so präsentiert sich die Hotelchefin in ihrem Haus. Eine geschnitzte Kuckucksuhr ziert die Lobby. Dazu kombiniert Lausterer moderne Lounge-Möbel - Urbanität im Ländlichen. Bei den Gästen kommt das an.

Hausgemachtes aus der Region: Einen anderen, aber nicht weniger erfolgreichen Weg gehen die Frauen im "Café Goldene Krone" nur ein paar Meter die Straße hinunter. Weil die ehemalige Klosterherberge abgerissen werden sollte, taten sich rund zwei Dutzend Frauen aus dem Ort und der Umgebung zusammen und übernahmen das Café. Morgens um vier Uhr schmeißt die Tagesschicht den Ofen an. Alle hier arbeiten in familienfreundlicher Teilzeit. Auf der Karte stehen frisch gebackenes Brot, Produkte aus der Region, Suppen, hausgemachte Kuchen. Und natürlich der Klassiker: Schwarzwälder Kirsch. In diesem Fall allerdings tatsächlich die Torte.