Stargast beim Ball des Sports: Die Ex-Weltmeisterin über ihr Leben nach dem Sport und die Lust aufs Kickboxen Christine Theiss: Immer noch auf Kampfgewicht

Sie war die erfolgreichste Kickboxerin der Welt, lebt mittlerweile als Autorin und Fernsehmoderatorin in München und kehrt am kommenden Samstag (17.) zum Ball des Sports in ihre Heimatstadt Bayreuth zurück: Christine Theiss. Wir sprachen mit der Weltmeisterin  über Gewichtsprobleme und die Lust auf einen letzten Kampf.  

 
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Auf dem Umschlag Ihres Fitness-Ratgebers kommen Sie noch immer sehr gut durchtrainiert rüber. Ich möchte mich nicht mit dem Augenschein begnügen und frage daher mal nach: Wieviele Gramm sind seit Ihrem letzten Kampf dazugekommen?

Christine Theiss: Aktuell hab ich mein Wettkampfgewicht, das liegt auch daran, dass ich noch ein Foto-Shooting habe, ein Sportshooting. Tatsächlich habe ich zwei Kilo zugenommen.

Sein Kampfgewicht einigermaßen zu halten, verlangt einiges an Disziplin und Zeit - wie integrieren Sie das in Ihren Tagesablauf?  

Theiss: Tatsächlich mache ich meist nur meine fünfzehn Minuten Sport, nach der Methode, die ich auch in meinem Ratgeber beschreibe. Weil ich keine Lust mehr auf Studio habe und darauf, jeden Tag stundenlang zu trainieren. Für mich genügt es, jeden Tag den Zirkel zu absolvieren und fünfzehn Minuten zu trainieren. Wenn ich Zeit habe, mache ich natürlich gerne auch mal mehr.

Haben Sie Verständnis für ganz normale Zeitgenossen, die auch gerne mal Fünf grad sein lassen und ihr Training beim Fernsehschauen auf dem Sofa absolvieren?

Theiss: Jein. Bewegung ist einfach die Prävention gegen so viele Krankheiten. Beschwerden mit den Knieen, den Schultern  und dem Rücken, Herz-Kreislauf-Erkrankungen - all diesen Sachen kann man mit Bewegung so gut vorbeugen.  Eigentlich habe ich kein Verständnis, wenn man gar nichts tut. Das kann man auch so gut in seinen Tagesablauf integrieren. zum Beispiel, in dem man nicht alles mit dem Auto fährt, sondern mal mit dem Rad. Oder indem man läuft statt mit dem Fahrstuhl zu fahren.

Und wenn die Leute Angst vor der Blamage oder dem Muskelkater haben?

Theiss: Blamieren muss einem Wurscht sein, die Leute reden eh immer. Ob man gut aussieht oder schlecht, ob man die richtige oder die falsche Frisur hat - wenn die Leute reden wollen, dann reden sie. Das kann man beiseite lassen. Muskelkater sollte man als Beszätigung nehmen, ich mag Muskelkater, weil ich weiß, dass ich mal wieder Grenzen überschritten habe. Das ist für mich immer eine Bestätigung. Auch als Hochleistingssportler habe ich in der Zeit der Vorbereitung immer mal wieder Muskelkater gehabt - gerade da muss man ja auch mal Grenzen überschreiten. Das ist normal. Also, man sollte sich feste Termine setzen, und fix eintragen, sonst stopft man sich den Kalender wieder voll. Man kann auch zu Hause trainieren, fünfzehn Minuten reichen. Und wenn man sich in den Kalender für jede absolvierte Viertelstunde einen Smiley einträgt, motiviert das bestens.  Sechs Smileys in der Woche - das sieht super aus. Oder man sucht sich jemanden. Sich selbst zu bescheißen, ist das eine. Aber den anderen hängezulassen, das ist schon nicht mehr so einfach. Übrigens ist es viel vernünftiger, jeden Tag fünfzehn Minuten zu machen, als  einmal in der Woche wie ein Wilder ein, zwei Stunden Sport zu machen. Viele kleine Schritte - dann wird das so selbstverständlich wie Zähneputzen.  

Bei "The Biggest Loser" holen Sie Übergewichtige vor die Kamera. Hören Sie ab und an den Vorwurf, da würden Menschen vorgeführt?

Theiss: Der kommt regelmäßig. Aber man muss auch mal sehen, dass unsere Kandidaten zum Zeitpunkt der Sendung schont seit vier Wochen dabei sind, kräftig abzunehmen. Also kann ich zu den Vorwürfen nur milde lächeln, weil ich weiß wie viele Kilo die dann schon abgenommen haben. Ich nehm meien Kandidaten so, wie sie sind, und ob sie 180 oder 100 Kilo haben, ist mir so egal. Ich käme nie auf die Idee, zu jemandem zu sagen, "du bst zu fett". Aber wenn einer zu mir kommt und mich fragt, dann helfe ich ihm. Die Kandidaten empfinden das auch so. Am Anfang waren es 1500, die sich beworben haben, zuletzt waren es 8000. Es hat sich herumgesprochen, dass wir die Leute nicht am Nasenring durch die Manege ziehen. Wir betreuen die über sechs, sieben Monate hinweg. Und es ist eine Kunst, zu Hause dann konsequent weiter abzunehmen.

Für Sie ist das richtige Gewicht nur eine Grundvoraussetzung für größere Taten. Lächeln Sie nicht ab und zu als Sportlerin milde über die kleinen Fortschritte der Kandidaten?

Theiss: Das ist alles andere als ein kleiner Erfolg. Ganz im Gegenteil: Das ist unfassbar schiwierig. An sich wäre das keine HJexerei: Man muss weniger zu sich nehmen als man verbraucht. Aber dann kommen die Gewohnheiten hinzu, der innere Schweinehund, und das macht alles unglaublich schiwerig. Ich habe da größten Respekt. Und was die nach dem Abnehmen für sportlche Leistungen bringen, das ist unglaublich, das muss einer von uns erst einmal leisten. Ich habe während unseres Umzuges öfter mal 25, 30 Kilo schleppen müssen. Ganz schön anstrengend ist das. Und die haben manchmal 60, 80 Kilo mehr zu tragen. Vor den Menschen, die das Schaffen, ziehe ich den Hut.

Eine andere Show haben Sie mal mit Oliver Pocher gemacht, der ja durchaus nerven kann. Wie groß war die Versuchung, die körperliche Überlegenheit einzusetzen und ihn zu verhauen?

Theiss: Ich schlag keine Kleineren. Die Versuchung hielt sich in Grenzen, da müssen schon Leute von der selben Kragenweite kommen.

Vor dreizehn Monaten bestritten Sie in Bayreuth Ihren letzten Kampf. Wie groß war das Bedürfnis, nochmals in den Ring zu steigen?

Theiss: Gar nicht groß. Ich bin schon einige Male im Ring gestanden, aber nur zum Training, ich habe da Julia Irmen für die WM vorbereitet. Das waren Kämpfe nur so just for fun. Ich helfe jetzt Leuten, die mir geholfen haben. Ich selber habe kein Bedürfnis, nochmals ernsthaft in den Ring zu steigen. Es gibt kein geileres Gefühl, als das, was ich in Bayreuth erlebt habe. Das war  unübertroffen, ein Ausrufezeichen. Und mit dem Versuch eines Comebacks würde ich alles kaputt machen. Die Bayreuther haben ihr Abschiedsgeschenk, und auch die Mitarbeiter von Sat 1 haben gratuliert und sagen heute noch, dass sie noch nie so einen Boxkampf erlebt haben. Danach kann man nichts mehr besser machen, man kann nur etwas kaputt machen, und das reizt mich gar nicht. Und dann auch noch der Druck...  nein, ich weiß ja, was Wettkampf bedeutet. 24 Kämpfe, das reicht  für mehrere Karrieren.

Na gut, kein Kampf mehr. Aber welche sportliche Herausforderung könnte Sie dann reizen?

Theiss: Rennrodeln, dann kann ich so viel essen wie ich möchte (lacht). Nein, ich mache definitiv keinen Leistingssport mehr. Ich war eine Woche skifahren, das mache ich seit Kindesbeinen. Ich fahre sportlich, aber ich übertreibe es nicht.

Aufs Skifahren mussten Sie wegen des Risikos wahrscheinlich auch verzichten...

Theiss: Nein, das habe ich mir nicht nehmen lassen. Aber tatsächlich waren viele Sportarten tabu. Die Leute haben damals gelacht, bei "Schlag den Raab", weil ich Volleyball überhaupt nicht mehr spielen konnte. Aber genau Volleyball durfte ich eben nicht machen - wie schnell knickt man da mit einem Finger um... Grundsätzlich bin ich jetzt für all diese Sportarten offen.

Das Gespräch führte Michael Weiser.

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