Am vergangenen Donnerstag fand Agim Hamidi den Brief seines Rechtsanwaltes, als er von der Arbeit nach Hause kam. Albina soll abgeschoben werden. Seitdem war für den Vater, seine große Tochter Albina und die vier weiteren Kinder nichts mehr wie es war. Seitdem hatten sie Angst. Seine Tochter spricht kein Wort Serbisch. Sie hat niemanden, an den sie sich in Belgrad hätte wenden können. Das Dorf im Dreiländereck zwischen Mazedonien, Serbien und dem Kosovo, aus dem die der albanischen Minderheit angehörende Familie stammt, war schwer zerstört. Ihr ehemaliges Haus ist unbewohnbar. Albina leidet an Epilepsie, muss Medikamente nehmen.
Agim Hamidi machte sich Sorgen um seine Tochter. Und auch um all seinen anderen Kinder. Albina hält den Haushalt in Schuss, kümmert sich um ihre vier Geschwister, während der Vater arbeitet. "Ich weiß nicht, was werden soll", sagt der 38-Jährige. "Wir haben in den vergangenen Nächten kaum geschlafen." Was er sich wünschen würde? Dass die Stadt Bayreuth ihren Ermessensspielraum in Asylfragen nutzt. Und Albina wenigstens so lange in Bayreuth belässt, bis sie ihren Schulabschluss hat. Am besten natürlich noch länger. Zumindest ist die Abschiebung jetzt ausgesetzt.
Ganz allein stehen die Hamidis nicht da. Der Bayreuther Landtagsabgeordnete Christoph Rabenstein (SPD) hat angekündigt, den Fall Hamidi in den Landtag einzubringen. Und er hat die Behörden aufgefordert, die Abschiebung mindestens so lange auszusetzen. Auf Facebook haben Unterstützer der Familie eine Onlinepetition gestartet, mit der sie ein Bleiberecht für Albina fordern, bis sie ihren Schulabschluss erreicht hat. Zur Stunde hat diese Petition bereits mehr als 1200 Unterstützer gefunden.
Zur Stunde (16 Uhr) demonstrieren die Unterstützer der Familie Hamidi vor dem Rathaus gegen die Abschiebung von Albina:
Eine Stunde später wird die Stadt den Bayreuther Flüchtlingsverein "Bunt statt braun" für sein Engagement mit dem Sozialpreis auszeichnen. Bunt statt braun-Vorsitzende Christel Stein hat angekündigt, ihre Dankesrede zu einer kritischen Auseinandersetzung mit der Ausländerpolitik der Stadt zu nutzen. Das Ausländeramt der Stadt war in der Vergangenheit mehrfach für seine restriktive Haltung kritisiert worden.
Hintergrund:
Irgendwann hat es Prof. Bernd Müller-Jacquier gereicht. Immer wieder hatte der damalige Professor für Interkulturelle Germanistik an der Universität Bayreuth Ärger mit dem Ausländeramt der Stadt. Studenten und Gastwissenschaftler sahen sich vom Amt schikaniert, in die Rolle des "dummen Ausländers" gedrängt. Im Jahr 2013 ging es Müller-Jacquier wissenschaftlich an, verglich die Arbeitsweisen des Bayreuther Ausländeramtes mit denen aus 13 anderen deutschen Universitätsstädten. Die Ergebnisse der Müller-Jacquier-Studie:
1. Ausländer fühlen sich kriminalisiert, weil ihnen das Amt Lügen oder Verschleierungen unterstelle.
2. Mitarbeiter des Bayreuther Amtes erklärten laut der Studie andere Behörden für nicht kompetent.
3. Die Art, wie die Mitarbeiter des Amtes kommunizieren, empfanden Ausländer als „Macht ausübend, latent aggressiv-schikanös“.
4. Sie fühlen sich über ihre Rechte und über Sachlagen nicht oder nicht ausreichend informiert.
Seitdem diese Studie vorliegt, ist in Bayreuth viel davon die Rede, eine neue Willkommenskultur zu etablieren. Zuletzt hatte die Stadt von sich aus die Initiative ergriffen, sie wird nun Standort einer Erstaufnahmeeinrichtung für Asylbewerber an der Herzogmühle.
Dieser Artikel wird im Laufe des Tages fortgeschrieben.