Springreiten, Preis der Nationen Reiten ums große Geld

Thomas Borgmann

Bundestrainer Otto Becker hadert mit dem fünften Platz seiner Springreiter im Preis der Nationen. Am Samstag im Großen Preis soll es möglichst besser laufen.

 
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Sieger Yuri Mansur, hier auf seiner Stute Miss Saint-Blue, könnte nach seinem Sieg schlaflose Nächte vor sich haben. Foto: dpa/Rolf Vennenbernd

Yuri Mansur, der 44-jährige Brasilianer, ließ seinen Tränen freien Lauf: „Für mich ist ein Traum wahr geworden. Ich habe als kleiner Pferdepfleger in meiner Heimat angefangen und jetzt stehe ich hier als Sieger im Preis von Europa. Mein Pferd ist fantastisch gesprungen – ich bin überwältigt.“ Yuris Name prangt von nun an auf der „ewigen“ Siegerliste in der Soers. Klar, dass seine Familie und seine Freunde ihren Reiterhelden feierten, als wären sie im Karneval an der Copacabana in Rio.

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50 000 Euro Siegprämie kann Yuri Mansur bestimmt gut gebrauchen, denn er ist nicht gerade auf Rosen gebettet. Allerdings hat der sympathische Profireiter, ein feiner Stilist im Sattel, ein ganz neues Problem: Für seine zehnjährige Stute Miss Blue-Saint, zweifelsohne ein Ausnahmepferd, übrigens eine Tochter des Hengstes Cahcco Blue aus dem Besitz von Paul Schockemöhle, werden jetzt Kaufangebote auf ihn einprasseln, die ihm den Nachtschlaf rauben. Für Pferde dieser Extraklasse werden Millionen bezahlt. Ob der bescheidene Yuri und seine Familie dem widerstehen können, wird sich zeigen.

Der Bundestrainer ist unzufrieden

Mansurs sportliches Ziel ist Olympia 2024 in Paris, sein nächster Wettkampf findet schon am Samstag in der mit 40 000 Zuschauern ausverkauften Soers statt: Im Großen Preis von Aachen, dotiert mit 1,5 Millionen Euro, winken dem Sieger glatte 500 000 Euro und dazu die Unsterblichkeit in den Annalen des Springsports. Denn dieses Springen, seit 1927 ausgetragen, rangiert unter den weltbesten Profis fast so hoch wie eine olympische Medaille.

Wenn Otto Becker, der Bundestrainer der Springreiter, schlechte Laune hat, dann sieht man ihm das im Gesicht an – er ist überdies ein Freund klarer Worte: „Heute hatten wir zu viele Flüchtigkeitsfehler, mit unserem fünften Platz im Nationenpreis können wir nicht zufrieden sein. Wir werden unseren Auftritt kritisch analysieren.“ Dass sein Quartett immerhin noch 80 000 Euro Preisgeld kassieren konnte, war dem 64-Jährigen nur ein schwacher Trost.

Es hätte der 24. deutsche Sieg im Aachener Nationenpreis seit 1952 werden sollen – Pustekuchen. Die von Martin Fuchs, dem Leitwolf der Schweizer Springreiter, geführte Equipe der Eidgenossen schrieb hingegen Geschichte: „Der letzte Sieg eines Schweizer Teams liegt mehr als zwanzig Jahre zurück, das werden wir heute ausgiebig feiern“, sagte der 30-jährige Sohn einer weltberühmten Reiterfamilie. Siegprämie für sein Team: 250 000 Euro. Auf den Plätzen landeten die starken Briten mit Olympiasieger Ben Maher und seinem Freund Scott Brash, Platzprämie 200 000 Euro.

Weitaus bescheidener ist Jessica von Bredow-Werndl mit ihrer Trakehner-Stute Dalera, die Olympiasieger in der Dressur von Tokio 2021, in die Aachener Tage gestartet: Für ihren Gewinn im Grand Prix gab’s nur eine Siegprämie von 7800 Euro. Doch das tat der Freude der 30-Jährigen aus dem bayerischen Aubenhausen keinerlei Abbruch: „Meine Stute ist jetzt 16 Jahre alt, aber das spürt man keine Sekunde. Dalera ist topfit und aufmerksam – ein tolles Gefühl im Sattel.“

Jessica von Bredow-Werndl überzeugt

Für ihre fehlerlose Glanzrunde im Grand Prix vergab die fünfköpfige Jury 82,304 Prozentpunkte – eine klare Angelegenheit. Davon ließen sich die britischen Damen Charlotte Dujardin, dreifache Olympiasiegerin auf Imhotep, und Charlotte Fry, zweifache Weltmeisterin auf Everdale, nicht einschüchtern. Mit knapp 79 und 78 Prozentpunkten blieben sie der deutschen Favoritin auf den Fersen, ihre Platzgelder betrugen 5500 und 3600 Euro.

Das kann sich am Wochenende ändern, wenn es in der Soers um den Grand Prix Spezial, damit verbundene Nationenwertung und die Kür geht. Dann warten einige Zehntausend Euro auf die Besten. Denn beim CHIO in Aachen, das 2024 sein hundertjähriges Bestehen feiert, kommt jeder auf seine Kosten – früher oder später.