Spielzeug Elastolin-Figuren kamen aus Pegnitz

Kerstin Goetzke
Arbeiterinnen im Pegnitzer Elastolin-Werk bemalen Figur-Rohlinge. Foto: Stadtarchiv Pegnitz

Einst ein beliebtes Spielzeug, heute von hohem Sammlerwert: Elastolin-Figuren wurden einst in Pegnitz in Handarbeit bemalt.

 
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Pegnitz - Weltweit bekannt waren die Figuren, die während und nach dem Zweiten Weltkrieg in der Stadt bemalt worden sind. Heutzutage haben sie hohen Sammlerwert: Elastolin-Figuren.

Zweigwerk in Pegnitz

Die Firma O. und M. Hausser hatte im Frühjahr 1941 beschlossen, ein Zweigwerk in der Stadt zu eröffnen, weil es in Pegnitz viele arbeitslose Flüchtlinge und Frauen mit geringen beruflichen Aussichten gab, schreibt Ludwig Büttner im Buch „600 Jahre Stadt Pegnitz 1355-1955“. Innerhalb weniger Wochen wurde das Gebäude, inklusive Wohnraum für den Betriebsleiter, gebaut und eingerichtet. Darin „findet man eine überraschende Flut an Licht. In den sauberen, hellen Arbeitsräumen herrscht ein gesundes Betriebsklima“, beschreibt Büttner weiter. So konnten die Mädchen und Frauen zügig angelernt werden.

Sie bemalten aufwendig die Figur-Rohlinge, die aus Sägemehl, Leim und Drahtstützen hergestellt wurden. So entstanden beispielsweise kleine Soldaten, Märchenhelden und Pferde oder andere Tiere. Nur zehn Jahre später, Anfang 1951, wurde der Betrieb unter Franz Heerlein selbstständig. Der neue Name lautete: Elastolin-Werke GmbH.

„Arbeit hat viel Spaß gemacht“

Eine der Mitarbeiterinnen war ab 1956 Elisabeth Lang. Sie hatte eine Ausbildung als Verkäuferin begonnen, musste diese aber abbrechen, als ihre damalige Chefin den Laden schloss. „Ich wollte eigentlich nur übergangsweise die Elastolin-Figuren bemalen, weil es eine gute Alternative war. Aber mir hat es so gut gefallen, dass ich elf Jahre dort blieb“, erinnert sie sich.

Die Arbeit habe ihr viel Spaß gemacht. „Mit vielen der Kolleginnen und dem Sohn meines früheren Chefs, Kurt Heerlein, habe und hatte ich lange Kontakt“, erzählt die 87-Jährige. Die Arbeit bezeichnet sie im Rückblick als „abwechslungsreich“, weil es immer wieder andere Figuren waren, die sie im Akkord bemalte. Nebenbei habe sie ihren rund 100 Kolleginnen Getränke und Schokolade verkauft.

Alle Figuren verschenkt

Spielfiguren hat die ehemalige Malerin, die später wieder als Verkäuferin arbeitete, keine mehr. „Kinder waren immer sehr begeistert von den Elastolin-Figuren, wenn sie bei mir zu Besuch waren. Ich habe alle verschenkt.“

Ähnlich geht es Kurt Heerlein, dem Sohn des langjährigen Betriebsleiters: „Unsere Kinder und die der Nachbarn haben damit gespielt, und mit der Zeit ist das Spielzeug abhanden gekommen“, sagt der 91-Jährige bedauernd.

Rohlinge per Lastwagen

Die Familie ist 1941 von Neustadt bei Coburg nach Pegnitz gezogen, als Vater Franz mit der Leitung des Zweigwerks beauftragt wurde. Ab 1951 wurden die Pegnitzer Elastolin-Werke dann selbstständig. Kurt Heerlein, dessen Schwester später eine Zeit lang im Büro gearbeitet hat, erinnert sich, dass einmal pro Woche ein Lastwagen kam, der die Rohlinge zum Bemalen brachte. Wenn die Pegnitzerinnen mit ihrer Arbeit fertig waren, wurden die Figuren zum Versand wieder nach Neustadt gebracht.

Zwischen 1962 und 1969 schlossen sich drei Umbauphasen samt Erweiterungen an. Die Werke sind „aus dem Geschehen der Stadt nicht mehr wegzudenken“, so Bürgermeister Christian Sammet bei der Einweihung der ersten Erweiterung 1962, heißt es in einem Zeitungsartikel der Fränkischen Presse. Zudem war es der erste Betrieb in Pegnitz, der in den (Nach)Kriegsjahren Arbeitsplätze für Frauen bot.

Konkurrenz aus Plastik

Bis 1975 leitete Franz Heerlein, Jahrgang 1907, den Betrieb, bevor er ihn an August Müller übergab. Heerlein war 40 Jahre bei der Firma Hausser angestellt, anfangs als Mustermaler. Später hat er die Heimarbeitsaußenstellen kontrolliert, bevor er nach Pegnitz kam. Auch am neuen Wirkungsort hat er sich um die Heimarbeiterinnen gekümmert, wie sein Sohn noch weiß, und die Zusammenarbeit des Pegnitzer Werks mit AEG Nürnberg und Stemag Lauf während des Zweiten Weltkriegs und danach geleitet.

„Die Konkurrenz durch andere Spielfiguren aus Plastik wurde aber zu groß, weil diese viel billiger hergestellt werden konnten. Deshalb schloss das Pegnitzer Werk 1983“, so Heerlein. Da half auch die Qualitätsarbeit der Pegnitzer Malerinnen nichts, die „wesentlich zur Festigung des Rufes der Elastolin-Werke beigetragen haben“, wie die Fränkische Presse noch 1962 schrieb.

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