Renaissance der Stürmer WM in Brasilien geprägt von Toren und Tempo

Florian Lütticke, DPA
 Foto: red

So viel Spektakel war lange nicht mehr: Zum Auftakt der WM gibt es begeisternden Offensivfußball mit reichlich Tempo. Experten machen die Qualität der Stürmer und Mut der Trainer verantwortlich.

 
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Das Jogo bonito bleibt bei der WM in Brasilien nicht nur dem Gastgeber vorbehalten. Mit dem schönen Spiel, zahlreichen Toren und vor allem unverhofftem Tempo-Fußball verwöhnen die Mannschaften in den ersten Tagen die Fans. Dabei ist der Angriffswirbel à la Niederlande stilprägend - nach Ansicht von FIFA-Experten wird dieses Mittel auch zum Titel beim Weltturnier führen. „Es wird eine WM mit positivem Offensivspiel werden“, sagte der frühere Spitzencoach Gérard Houllier am Samstag in Rio de Janeiro. „Das Team, das wirklich attackiert und Risiken eingeht, wird gewinnen.“

Der Franzose analysiert in der Technischen Studiengruppe (TSG) des Weltverbands die Partien des Turniers. Nach den ersten acht Spielen waren bereits 28 Tore gefallen, im gleichen Zeitraum gab es 2010 in Südafrika nicht einmal die Hälfte. „Was ein erfrischend positiver Start zu dieser WM. Die Antithese zu vor vier Jahren“, twitterte die englische Fußball-Ikone Gary Lineker.

Auch der Höchstwert der jüngsten Turniere von 2002 (25) wurde dabei nach dem 2:1 der Elfenbeinküste über Japan übertroffen, der Allzeitrekord der WM 1934 war mit 43 Toren jedoch außer Reichweite.

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Ein Grund für die Torflut sei der größere taktische Mut der Trainer und die höhere Qualität der Angreifer, konstatierte Houllier. „Die Tendenz geht dahin, wieder mit zwei Stürmern zu spielen - Niederlande, sogar Kroatien, bei Brasilien waren es drei“, sagte der 66-Jährige. Zudem würden die Angreifer von den Schiedsrichtern besser geschützt, was sich ebenfalls positiv auf das perfektionierte Umschaltspiel auswirkt.

Weniger Einfluss als befürchtet hatte bislang das schwül-warme Wetter. Zwar wurden mehrere Profis wie Englands Raheem Sterling in Manaus von Krämpfen geplagt, doch fast alle Partien waren von der ersten Minute an durch rasantes Auf und Ab geprägt. „Wir werden viele spektakuläre Spiele sehen“, versprach TSG-Chef Jean-Paul Brigger. Ein neuer Trend ist auch, dass eine Führung längst nicht den Sieg bedeutet. Vier von acht Partien wurden noch gedreht - 2010 waren es genauso viele, allerdings nach dem ganzen Turnier.

Auffällig ist darüber hinaus, dass viele Superstars schon direkt zum Auftakt ihre hohen Versprechen hielten. Brasiliens angehender Volksheld Neymar glänzte mit zwei Treffern, Niederlandes Stürmer Arjen Robben und Robin van Persie trafen ebenfalls jeweils doppelt, und auch Italiens Mario Balotelli sowie Edinson Cavani aus Uruguay trugen sich früh in die Torschützenliste ein.

Besonders fasziniert zeigte sich Houllier, der als Coach den FC Liverpool unter anderem zum UEFA-Cup-Sieg geführt hatte, von dem Team von Trainer Louis van Gaal. „Sie waren absolut brillant“, schwärmte Houllier vom 5:1-Oranjesieg über Weltmeister Spanien. Der Treffer von van Persie zum Ausgleich hatte es dem 66-Jährigen dabei vor allem angetan. „Absolut phänomenal. Es war wie ein Flugkopfball auf großer Höhe. Dazu die Flanke - es war ein fantastisches, fantastisches Tor.“

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