So geschah das Unglück wirklich Unfall im Stadtbad: Retter weisen Kritik zurück

Von Frank Schmälzle
Sven Renner (links) und Michael Diewitz haben den 14-jährigen Jungen gerettet. Foto: Wittek Foto: red

Die gute Nachricht: Dem 14-jährigen Jungen, der am vergangenen Freitag einen Badeunfall im Stadtbad erlitten hat, geht es gut. Er war bewusstlos aus dem Becken geborgen worden, hat das Unglück aber ohne Schäden überstanden. Kritik an der Rettungsaktion weist der Betriebsleiter des Stadtbades, Thomas Schmeer, zurück. Er sagt: „Wir haben den Ablauf analysiert. Es ist perfekt gelaufen.“

 
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Spekulationen im Internet, die Mitarbeiter des Stadtbades hätten ihre Aufsichtspflicht verletzt und machten sich ihre Aufgabe zu leicht, ärgern Schmeer und seine beiden Fachangestellten für Bäderbetriebe, Sven Renner und Michael Diewitz. Renner und Diewitz hatten Dienst an diesem Freitagnachmittag. Sie haben den Jungen aus dem Wasser geholt, ihn versorgt und reanimiert, bis der Notarzt da war. Sie wissen, wie es wirklich war.

So geschah der Unfall im Stadtbad

Den Jungen kannten Renner und Diewitz schon. Er war in der vergangenen Woche mehrmals mit Freunden im Stadtbad. Auch am Freitag. An diesem Nachmittag hebt er die zwischen Nichtschwimmer- und Schwimmerbereich gespannte Leine an, geht drunter durch. Hebt die Arme, als wolle er tauchen, rutscht an der Schräge zum Schwimmerbecken ab. Und geht unter.

Kein Hilfeschrei, kein wildes Umsichschlagen, wie sonst bei Badeunfällen. Keine typische Erregungsphase, wie Experten sagen. Um ihn herum stehen andere Badegäste. Sie glauben: Der Junge taucht. Sie wissen nicht: Er kann nicht schwimmen. Nach kurzer Zeit wird ihnen klar, was passiert ist.

Bademeister stupst Jungen mit der Rettungsstange an

Sven Renner hat die Aufsicht im Bad. Sein Kollege Michael Diewitz hat in der Technikzentrale zu tun. Renner sieht die Warnzeichen der Badegäste, drückt auf den Alarmknopf, Diewitz rennt zur Schwimmhalle. Renner greift zur Rettungsstange, stupst den Jungen auf dem Beckengrund an. Das muss er so machen, denn Ertrinkende entwickeln Bärenkräfte. Achtmal mehr als unter normalen Umständen.

Nach der Reanimation übergibt sich der Junge

Der Junge reagiert nicht, Renner springt ins Wasser, holt ihn an die Oberfläche, legt ihn an den Beckenrand, überprüft Atmung und Puls. Nichts. Renner beginnt mit der Reanimation. Diewitz übernimmt. Nach kurzer Zeit setzt die Atmung wieder ein, der Junge übergibt sich.

Das ist das beste Zeichen, das es geben kann. Er kommt langsam zu sich. Dann ist auch schon der Notarzt da. Der Junge will nicht ins Krankenhaus gebracht werden, Ärzte und Sanitäter setzen sich durch. Dort wird er behandelt. Die Ärzte stellen fest: Der Junge hatte einen Schutzengel.

So trainieren die Retter im Bayreuther Stadtbad

Sven Renner und Michael Diewitz wollen nicht als Helden gefeiert werden. Sie haben getan, wozu sie ausgebildet sind. Einmal jährlich machen sie einen Erste-Hilfe-Kurs, üben den Umgang mit dem Defibrilator, absolvieren eine Rettungsübung. Alle zwei Jahre legen sie die Prüfung zum Rettungsschwimmer in Silber ab, weisen damit ihre Rettungstauglichkeit nach.

Standard des Stadtbades gilt nicht überall

Ob das in allen Bädern so gemacht wird, daran hat Schmeer Zweifel. Notwendig ist es allemal. Diewitz sagt: „Ich habe im vergangenen Jahr viermal gerettet.“ Die vielen Kreislaufschwächen in der Sauna nicht eingerechnet. Es ist immer gutgegangen, in der Geschichte des Stadtbades gibt es keinen einzigen tödlichen Badeunfall.

Dass es auch am Freitag gutgegangen ist, beanspruchen Diewitz und Renner keineswegs nur für sich. So schlimm der Unfall des 14-Jährigen gewesen war, die Situation war gut. Renner war schnell vor Ort, Diewitz hat schnell den Notruf abgesetzt. „Es kann auch eine unglückliche Verkettung geben.“ Wenn beide anderweitig beschäftigt sind. Wenn es länger dauert, bis sie helfen können.

Damit haben die Retter zu kämpfen

Und es ist nicht immer einfach, eine Notsituation zu erkennen. „Bei vielen Spielereien im Bad weiß man nicht: Ist das Spaß oder Ernst?“, sagt Schmeer. Seit gut zwei Jahren haben es die Mitarbeiter des Stadtbades zudem mit einem Phänomen zu tun, das ihnen die Arbeit schwermacht. Menschen, die minutenlang am Boden des Beckens liegen. Mit voller Absicht. Freitaucher, die eine Sportart darin sehen, möglichst lange ohne Atemluft unter Wasser zu bleiben.

Mancher derjenigen, die im Stadtbad trainieren, bringen es auf fast fünf Minuten. Die Vernünftigen, sagt Schmeer, geben vorher bei der Badeaufsicht Bescheid. Die Vernünftigen tauchen nie ohne Begleiter, die im Notfall eingreifen. Aber es gibt auch andere. Immer wieder zum Schrecken der Badegäste und der Retter.

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