So geht man richtig mit den Plagegeistern um Wespen: Gefährlich wird's erst bei Übelkeit

Von Sarah Bernhard
Hmm, lecker Schinken: In diesem Jahr gibt es besonders viele Wespen. Wir erklären, wie man sich schützen kann - und was hilft, wenn es zum Schützen zu spät ist. Foto: Frank Rumpenhorst/dpa Foto: red

Bzzzz. In den kommenden Wochen wird dieses Geräusch häufig zu hören sein: Wegen des warmen und trockenen Wetters sind zurzeit besonders viele Wespen in Deutschland unterwegs. Wir erklären, wie man sie von sich fern hält. Und was man tun kann, wenn einen doch eine gestochen hat.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

Die Plage

„Man kann durchaus sagen, dass wir überall in Deutschland sehr viele Wespen haben“, sagte Julian Heiermann vom Naturschutzbund Nabu in Berlin. Grund sei nicht nur die August-Hitze, sondern auch das warme Frühjahr und der kurze Winter. „Aus Sicht der Wespen ist ein gutes Jahr.“

Für ihre Brut brauchen die Tiere laut Heiermann vor allem eiweißreiches Futter. Die Aufzucht sei nun aber weitgehend vorbei. „Jetzt brauchen die Wespen für sich selbst Treibstoff.“ Sie seien also vor allem auf süße und energiereiche Nahrung aus: Mit Limonade, Obstkuchen oder Eis werde man daher besonders von ihnen geplagt.

Die Menschen selbst seien für Wespen im Grunde uninteressant. „Sie suchen keinen Streit“, sagt Heiermann. „Sie wollen eigentlich nur Nahrung zu sich nehmen.“ Tatsächlich seien von acht heimischen Wespenarten nur zwei von der lästigen Sorte – die Deutsche und die Gemeine Wespe. Alle anderen flögen auf Blüten statt auf Süßes. Auch Bienen bevorzugen im Übrigen heimische Kräuter und Blüten, sagt Heiermann.

Die zuckerhungrigen Wespen bevölkern Bäckereien und Kaffeetische dem Fachmann zufolge indes noch einige Wochen: „Wenn sie sich verabschieden, verabschiedet sich auch der Sommer.“ Anders als Bienen sterben Wespen auch nicht nach einem Stich: „Im Normalfall kann die Wespe den Stachel zurückziehen und sagt dann: Bis zum nächsten Mal!“

Die Abwehr

Wedeln ist ganz schlecht: Ein paar Tipps zum Umgang mit den sommerlichen Plagegeistern.

Woran erkenne ich eine Wespe?

An der Wespentaille. Es gibt eine Art Einschnitt zwischen dem mittleren Körperabschnitt und dem Hinterleib. Und natürlich ist sie schwarz-gelb. Hornissen sind zwar auch eine Wespenart, aber sie haben zusätzlich noch rötlich-braune Streifen und sind größer als andere Wespen. Den Unterschied sollte man kennen, denn Hornissen stehen unter Naturschutz – genauso wie Bienen. Die haben im Gegensatz zu Wespen einen eher bräunlichen Hinterleib, sind rundlicher und stärker behaart. Und bei einem Stich verlieren sie ihren Stachel, Wespen nicht.

Wie reagiere ich auf eine Wespe?

Wichtig ist, ruhig zu bleiben. Denn Wespen greifen nie aus eigenem Antrieb einen Menschen an, betont der Naturschutzbund Deutschland (Nabu). Sondern nur, wenn sie sich oder ihr Nest bedroht sehen. Bedrohungen sind für die winzigen Tiere heftige Bewegungen. Aber die Tiere reagieren auch darauf, wenn man sie anpustet: Der Atem enthält Kohlendioxid, ein Alarmauslöser für die Tiere.

Wie halte ich Wespen von mir fern?

Es gibt laut Nabu eine Möglichkeit, die Tiere auszutricksen: Experimente haben gezeigt, dass zur Ablenkung aufgestelltes überreifes Obst in einer Entfernung von fünf bis zehn Metern die Tiere von dem gedeckten Tisch ablenkt. Lebensmittel und zuckerhaltige Getränke, die auf ebendiesem stehen, sollte man mit einer Abdeckhaube schützen und Honig- und Marmeladengläser verschlossen halten, rät der Deutsche Schädlingsbekämpfer-Verband (DSV). Wespen stehen übrigens auch auf bunte Kleidung, Parfüms und Cremes.  

Was hält Wespen vom Haus fern?

Das Einfachste ist, sie mit einem Insektenschutzgitter nicht hineinzulassen, sagt der DSV. Preiswert und einfach anzubringen sind Netze aus Kunststoff, die man selbst auf die Größe der Fenster und Türen zuschneidet. Selbstklebende Bänder halten sie am Rahmen. Doch diese Variante hat eine geringe Haltbarkeit, und die Fenster lassen sich damit schwieriger reinigen, sagt Ulrich Tschorn, Geschäftsführer des Verbandes Fenster + Fassade (VFF).

Besser in der Handhabung, aber etwas teurer sind Spannrahmen mit Fiberglasgewebe und mitgelieferter Halterung. Für Balkon- oder Terrassentüren gibt es etwa Drehrahmen, die sich wie die Tür selbst öffnen und schließen lassen. Für Fenster eignen sich Insektenschutz-Rollos, die flexibel heruntergelassen werden.

Die Netze und  Gitter am Fenster können aber den Raum verdunkeln, Alternativen sind Systeme mit Transparentgewebe. Sogenannte Funktionsgewebe halten auch Pollen ab. Wer eine Katze oder einen Hund hat, sollte auf Modelle zurückgreifen, die stärkere Beanspruchungen aushalten.

Ich habe ein Nest in Hausnähe, was tue ich?

Am besten kommt der Schädlingsbekämpfer. Ist das Nest wirklich an einer problematischen Stelle, muss er die Tiere nicht töten, er kann sie oft auch umsiedeln. Handelt es sich um Hornissen, muss die Gemeinde der Maßnahme zustimmen. Denn sie stehen unter Naturschutz.

Allerdings löst sich das Problem nach einiger Zeit auch von alleine: Die Tiere sterben je nach Art ab August und bis spätestens Anfang November. Nur die Jungköniginnen überleben, überwintern und gründen im Frühjahr neue Kolonien, sagt der DSV. Für die Zeit des Zusammenlebens den Sommer über gilt auch hier: Die Tiere in Ruhe lassen und nicht bedrohen. Bleibt man laut Nabu zwei bis drei Meter vom Nest entfernt, wird die Flugbahn der Tiere nicht gestört.

Wichtig ist aber, auf die Holzverschalungen und -verkleidungen auf dem Grundstück zu achten. Wespen verwenden sie zum Bau ihrer Nester. Der Nabu rät, sie mit umweltfreundlichen Lacken und Farben regelmäßig zu pflegen und damit zu schützen. Hängt ein Bau im Rollladenkasten oder unter Dachziegeln, sollten Hausbesitzer darauf achten, ob die Tiere Dämmmaterial und Ähnliches abtransportieren. Hornissen verbreiten flüssigen Kot unterhalb ihres Nestes, der stinkt, oder das Bauwerk verfärben kann. Einfach einen Eimer mit Katzenstreu darunterstellen.

Der Stich

Was tun, wenn die Wespe zugestochen hat? Felix Jacobs ist Facharzt für Hautkrankheiten in Kulmbach und erklärt, was hilft.

Herr Jacobs, ich bin bei der Verteidigung meiner Apfelsaftschorle gescheitert, eine Wespe hat mich gestochen. Was passiert mit meiner Hand?
Felix Jacobs: Eine allergische Reaktion vom Soforttyp. Das bedeutet, dass die Mastzellen, also körpereigene Abwehrzellen, Histamin ausschütten. Dieser Botenstoff signalisiert dem Körper: Löse eine allergische Reaktion aus. Die Stelle beginnt zu jucken oder entzündet sich. Manchmal kann die Reaktion übersteigert sein, dann breitet sich die Schwellung aus. Bei einem Stich in den Fuß schwillt dann zum Beispiel der Unterschenkel mit an.

Und das ist gefährlich?
Jacobs: An sich noch nicht. Gefährlich wird es erst, wenn die Symptome auf den ganzen Körper übergreifen, wenn die Haut also überall juckt oder anschwillt, wenn einem übel wird oder man erbrechen muss. Solche schweren Reaktionen können zu Ohnmacht führen und schlussendlich dann auch zu einem Herz-Kreislauf-Stillstand.

Ab wie vielen Stichen wird es problematisch?
Jacobs: Wenn wir zur Desensibilisierung spritzen, sind in der Spritze mindestens sechs bis acht Stichportionen. Genau kann man das trotzdem nicht sagen, denn die Anzahl hängt sowohl vom Einzelnen als auch vom Insekt ab.

Man weiß also auch nicht, ob Männer mehr Stiche vertragen als Frauen?
Jacobs: Nein, meines Wissens wurde das noch nicht erforscht.

Was tut mehr weh: ein Wespen- oder ein Bienenstich?
Jacobs: Das kann beides arg wehtun, aber Bienen sind gefährlicher, weil Bienengift heftigere Reaktionen oder Allergien auslöst.

Woher weiß ich denn, dass ich eine richtige Allergie gegen Insektenstiche habe?
Jacobs: Wenn Sie stärker darauf reagieren als der Normalmensch. Aber keiner reagiert nach dem ersten Stich schon mit einer ausgeprägten Reaktion. Beim ersten Stich lernt der Körper das Allergen kennen, dann entwickelt er einen Alarm-Aktivierungszustand, und bei erneutem Kontakt reagiert er. Und bei einer schweren Allergie eben über. Aber Allergien kommen und gehen. Nur weil man einmal stark auf einen Stich reagiert hat, heißt das nicht, dass das das nächste Mal wieder passiert.

Hat die Zahl der schweren Allergiker denn zugenommen?
Jacobs: Gefühlt ja. Aber noch mehr nimmt die Zahl der vermeintlichen Allergiker zu, denen ich erkläre, dass das nur eine übersteigerte lokale Reaktion ist. Und die ist völlig ok. Nur, wenn es darüber hinausgeht, ist es was für unsere Praxis.

Na gut, mit meiner gescheiterten Verteidigungsaktion würde ich also nicht zu Ihnen kommen. Aber was mache ich stattdessen?
Jacobs: Punkt 1: kühlen. Punkt 2: ein Anti-Allergikum einnehmen. Das lindert den Juckreiz. Punkt 3: ein schwach wirksames Cortison auftragen. Beides gibt es rezeptfrei in der Apotheke.

Ziemlich viel Aufwand für so einen kleinen Stich.
Jacobs: Aber sinnvoll, weil die allergische Reaktion dann relativ schnell wieder zurückgeht. Wenn allerdings Ihr Körper anfängt zu jucken, Sie schlecht Luft bekommen oder Ihnen schwindelig wird, rufen Sie den Notarzt.

Bilder